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Das Sultanat Oman und der koreanische DSME-Konzern betreiben seit kurzem gemeinsam eine Refitting-Werft. Was die Oman Drydock Company vorhat und wie sie deutsche Reeder als Kunden gewinnen will, erklärt der stellvertretende Unternehmenschef Sheikh Khalil Ahmed Al Salmi im Exklusiv-Interview

Bereits im Jahr 2005 hatten das Sultanat Oman und das koreanische Schiffbauunternehmen Daewoo Shipbuilding & Marine Engineering (DSME) vereinbart, ein Projekt[ds_preview] zur Einrichtung einer leistungsfähigen, großen Reparatur- und Umbauwerft für den internationalen Markt zu verfolgen. Dabei übernimmt DSME das Management und den Betrieb der Oman Drydock Company (ODC), die zu 100 % dem Sultanat gehört.

Als Standort wurde Duqm an der Südküs­te zur Arabischen See ausgewählt, etwa auf halber Entfernung zwischen Maskat und Salalah, wo sich auch das Zentrum einer Sonderwirtschaftszone zur Ent­wicklung dieses Küstenstreifens befindet. Nach langen Vorarbeiten und fast zweijähriger Bauzeit konnte im April 2011 der erste Auftrag abgearbeitet werden, die Reparatur einer Split-Hopper-Barge für den belgischen Baggerspezialisten Jan de Nul. Im September 2012, nachdem in der Einarbeitungs­phase bereits nahezu 50 Schiffe gedockt worden waren, fand schließlich die offizielle Eröffnungszeremonie für die ­Werft statt.

ODC verfügt über zwei je 410 m lange Trockendocks (80 bzw. 90 m breit), in denen die größten Tanker (ULCC) und Offshore-Einheiten Platz finden, sowie 2.800 m Kailänge. Die Kranausstattung ist an leichtere Reparaturaufgaben angepasst (1 x 100 t, 1 x 80 t, 12 x 40 t). Geplant ist weiterhin ein Schwimmdock für Panamax-Schiffe bis zu 80.000 dwt.

Überdachte Werkstätten für Stahlbau, Maschinenreparatur, Rohr- und Beschichtungsarbeiten sind vorhanden. Besonders interessant für Tankerreeder dürften die Tankwasch- und Schlammentsorgungsmöglichkeiten in werfteigenen Aufbereitungsanlagen sein. ODC ist nach ISO 9001 zertifiziert und hat heute ca. 2.000 Mitarbeiter. Während die Manager fast alle Koreaner sind, kommen die technischen und gewerblichen Mitarbeiter aus Indien, Sri Lanka, Vietnam, den Philippinen und aus Rumänien.

ODC wird in Deutschland von Peter Gast Shipping vertreten. Im Gespräch mit Dieter Gast wurde deutlich, dass der zunächst noch recht exotisch erscheinende Standort Duqm für Schiffe, die vom und zum Persischen Golf verkehren, auch für größere Reparatur- und Instandsetzungsmaßnah­men zu einer interessanten Alternative innerhalb der Reiseroute werden könnte.

Die ersten Erfahrungen werden als gut beschrieben. Momentan können Inspektoren und Zulieferer die Werft in Duqm zwar nur per Bus von Maskat aus erreichen (ca. 500 km), ein lokaler Flughafen ist aber im Bau. Direkt auf der Werft stehen heute in einem Hotel sowie auf einem dafür umgebauten Kreuzfahrtschiff mehr als 200 Zimmer zur Verfügung. Duqm soll sich in den kommenden Jahren, in denen auch andere Industrien angesiedelt werden, zu einer lebendigen Ortschaft entwickeln.

Bisher hat ODC diverse Arbeiten an Container- und RoRo-Schiffen, LNG-, Öl- und Chemikalientankern, Bulkern und Baggerschuten sowie an einem Schwimmdock ausgeführt. Zudem wurde das Hotelschiff der Werft in Duqm umgebaut. Mittelfristig sollen auch größere Umbauprojekte für Offshore-Einheiten wie FPSOs verfolgt werden.

Aus welchen Gründen haben der Herrscher von Oman und seine Regierung sich für die strategische Investition in Duqm entschieden, und was sind die Ziele von ODC?

Sheikh Khalil bin Ahmed Al Salmi: Die Antwort darauf ist eine doppelte, ausschlaggebend sind der Standort sowie das Marktpotenzial. Die künftige Entwicklung Duqms zu einer Stadt ist Teil der Planung Seiner Majestät für 2020, der »Vision 2020«, einen ganz neuen Handelshafen zu entwickeln einschließlich Trockendock und einer Raffinerie mit Betriebsflüssigkeitsanschluss. Die Gegend von Duqm wurde wegen ihrer idealen Lage außerhalb der Straße von Hormus und zugleich innerhalb des Tiefwasserbereichs nahe der Handelsroute gewählt. Es befindet sich gewissermaßen direkt im Herz zwischen dem Fernen Osten und dem Wes­ten, es liegt nahe am Roten Meer, dem Suez­kanal und auf dem Weg nach Indien und dessen maritimen Markt.

Alle dies bewegte uns, das Trockendock innerhalb des Hafens von Duqm zu errichten. Das Marktpotenzial ist auf jeden Fall gegeben: Unsere Erwartungen beruhen außerdem auf einer Machbarkeitsstudie, die nachweist, dass 30 % des Öls aus dieser Region kommen und über 60 % des LNG.

Zudem gibt es viele große Handelshäfen in der Region, was darauf schließen lässt, wie viele Containerschiffe und Bulker hier operieren. Für all diese Schiffe wollen wir wettbewerbsfähige Service- und Reparaturmöglichkeiten auf Weltklasseniveau anbieten.

Sie haben eine deutsche Vertretung in Gestalt der Peter Gast Shipping ernannt. Dort hat man langjährige Erfahrung in der Zusammenarbeit mit Partnern aus Übersee. Was ist Ihre Botschaft an deutsche Reeder?

bin Ahmed Al Salmi: Nun, Peter Gast ist unser Repräsentant und hat mit uns bereits die letzten paar Jahre zusammengearbeitet. Es freut mich zu sagen, dass wir auch letztes Jahr viele Schiffsreparaturen durchgeführt haben, seien es aus Deutschland kommende Aufträge oder von anderen Firmen. Wir waren also erfolgreich und wollen versuchen, den Grundstein einer lang anhaltenden Zusammenarbeit mit unserer Vertretung und anderen Unternehmen zu le-

gen. Auch möchten wir von den deutschen Erfahrungen im maritimen Sektor profitieren und haben gute Beziehungen zu vielen Fachbetrieben aufgebaut. Hamburg ist der führende maritime Standort in Eu­ropa, gefolgt von Oslo und anderen Städten. Daher ist es uns wichtig, hier vor Ort zu sein. Wir laden überdies deutsche Firmen offiziell ein, unser Trockendock sowie die gesamte Entwicklung der Werft zu besichtigen.

Wie beurteilen Sie Ihre Wettbewerbsposition im Hinblick auf andere Standorte der Golfregion, insbesondere Dubai?

bin Ahmed Al Salmi: Ach, wissen Sie, Wettbewerb ist immer gut, denn er hilft und es gibt für uns alle einen Platz. Die schieren Zahlen der Region sprechen für alle dortigen Standorte, aber jeder muss wettbewerbsfähig sein. Wenn wir unsere Nachbarn im Golf betrachten, so ergänzen wir uns in den verschiedenen Aufgaben und das kommt den Geschäften aller Beteiligter zugute. Ich denke also, Wettbewerb ist gesund, um uns anzutreiben, das Beste zu geben.

Würde die ODC in der Lage sein, sich an größeren Umbauprojekten als Finanzier zu beteiligen oder gar Finanzierungsvorhaben außerhalb Omans zu organisieren?

bin Ahmed Al Salmi: Zu diesem Zeitpunkt werde ich das nicht kommentieren, da die Finanzierungslage im Allgemeinen schwierig ist. Bitte bedenken Sie, dass wir ein zu 100 % in Staatsbesitz befindliches Unternehmen sind und gerade erst mit dem Betrieb begonnen haben. Wir wollen uns einen Namen machen, uns unter den Besten einreihen und können dann über andere Geschäftsfelder nachdenken, wie etwa Finanzierungsaspekte.

Sie selbst kommen aus der Öl- und Gasbranche. Wie wichtig ist dieses Segment für die Zukunft der ODC?

bin Ahmed Al Salmi: Ja, das ist kein Geheimnis. Ich kam zu diesem Regierungsprojekt, weil das Öl- und Gasgeschäft meine Karriere geformt hat. Diese Erfahrung hilft mir, wenn wir heute an Öltankern und LNG-Carriern arbeiten. In Zukunft werden aber auch andere industrielle Strukturen maßgeblich sein. So bauen wir zum Beispiel ein Schwimmdock, um anpassungsfähiger zu sein.

Ist es auch möglich, die großen Trockendocks mit Zwischentüren zu versehen, um mehr Flexibilität zu erreichen?

bin Ahmed Al Salmi: Wir unterteilen diese und können so verschiedene Reparaturaufgaben unabhängig in einem Trockendock durchführen. Bis zu vier Schiffe hatten wir schon in einem Dock. Abhängig ist das von der Art der Reparaturmaßnahmen und dem jeweiligen Zeitplan. Tatsächlich glaube ich nicht, dass jemand in dieser Region über vergleichbare Möglichkeiten verfügt.

Sicherlich sind alle Klassifizierungsgesellschaften in Duqm vertreten?

bin Ahmed Al Salmi: Die meisten sind in Maskat vertreten. Wir arbeiten aber darauf hin, mehr und mehr auch in Duqm zu haben.

Wenn Ihre Kunden Delegationen zur Bauüberwachung senden, wie bringen Sie diese in Duqm unter? Ist das nicht ein relativ neuer Standort, der sich noch in der Aufbauphase befindet?

bin Ahmed Al Salmi: Ja, Duqm ist eine neue Stadt, eine neue künftige Stadt, und es wird fortwährend und auch jetzt daran gebaut. Teil davon sind auch die touristischen Einrichtungen, die wir anlegen. ODC hat aber ein eigenes Gästehaus, das allen Reedern, Zulieferern und Überwachungsteams offen steht. Zusätzlich haben wir mit Unterstützung von DSME das besagte Kreuzfahrtschiff in ein schwimmendes Hotel verwandelt, das nahe der Werft vor Anker liegt. Gegen Jahresende ist zudem die Öffnung zweier weiterer Hotels vorgesehen.

Lassen Sie uns über Sicherheit sprechen, insbesondere Piraterie. Duqm liegt nicht in dem unmittelbaren Hauptgefährdungs­gebiet, ist aber auch nicht weit davon entfernt. Wie werden Piraten abgehalten?

bin Ahmed Al Salmi: Piraterie ist ein Thema, das jeden auf der Welt etwas angeht, auch mich und unseren Werftbetrieb. Dank der Unterstützung der Regierung des Oman, die auch die Entwicklung der Region be­inhaltet, überwachen wir nun unsere See­handelsrouten. Die Regierung hilft sogar, Schiffe zu unseren Docks zu eskortieren. Diese Leistung ist so konkret noch nicht in Anspruch genommen worden, weil wir bisher weder derartige Probleme in unseren Gewässern erlebt haben noch direkt davon betroffen gewesen sind. Die Präsenz europäischer und US-amerikanischer Marineschiffe hilft uns ebenfalls. Wir hoffen also, dass die Piraterie für uns erst gar kein größeres Thema wird.

Wie haben Sie tausende Arbeiter und Ingenieure für dieses »Megaprojekt« rekrutiert und geschult?

bin Ahmed Al Salmi: Zuerst unterzeichneten wir 2006 einen Vertrag mit DSME. Bestandteil dieses Vertrags ist, dass DSME die Planung übernimmt und hilft, die Dockanlagen zu bauen. Festgelegt ist ferner, dass DSME Betreiber ist und welche Aufgaben das koreanische Unternehmen bei der Ausbildung des Personals zu übernehmen hat. Somit kommen die meisten erfahrenen Leute in der Oman Drydock Company von DSME. Der Großteil der Arbeiter und Ingenieure stammt hingegen aus Indien, Sri Lanka, Vietnam, von den Philippinen und neuerdings sogar aus Rumänien.

Wir werden immer ein globales Dorf sein, wie wir es jetzt sind. Mit dieser Erfahrung wiederum wählen wir die richtigen Leute aus. Wir selbst steuern ebenfalls entsprechende Fachleute bei, einige Ingenieure und Arbeiter sind aus dem Oman. Mit dieser internationalen Mannschaft aus beinahe 2.000 Menschen kennen wir beinahe keine Grenzen bei der Flexibilität der Arbeitsgestaltung, um zeitliche Vorgaben zu erfüllen.

Vielen Dank für dieses Gespräch – und weiterhin viel Erfolg!


Michael vom Baur