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Das vom Hamburger Schiffsmakler Peter Gast nach einer verlorenen Wette 1983 initiierte Rennen hat sich zur größten Privatregatta Europas entwickelt – und zum Netzwerkereignis für Wirtschaft und Politik
Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Torsten Albig brachte es bei der abendlichen Siegerehrung im Festzelt am Alten Hafen der dänischen Inselkommune Ærøskøbing[ds_preview] auf den Punkt: »So ein Netzwerk, wie es die maritime Wirtschaft an diesem Wochenende unter Beweis gestellt hat, ist nahezu einmalig und hilft dabei, mit innovativen Lösungen, die vielfach aus den mittelständischen Firmen kommen, gemeinsame Wege aus der andauernden Krise der Schifffahrt zu finden«. Für ihn war die Teilnahme an der Schiffahrtsregatta, die traditionell am letzten August-Wochenende in der »Dänischen Südsee« ausgesegelt wird und sich in nunmehr 33 Auflagen als fester Termin in der deutschen Schifffahrtsbranche etabliert hat, eine Premiere.

Die vom Hamburger Schiffsmakler Peter Gast nach einer verlorenen Wette unter befreundeten Kaufleuten der Schifffahrtsbranche 1983 mit 47 Booten und 225 Crewmitgliedern initiierte Wettfahrt hat sich zur größten Privatregatta Europas entwickelt. Sie gilt auch durch die die branchenübergreifende Zusammensetzung sowie Internationalität der Teilnehmer aus der maritimen Wirtschaft neben dem traditionellen jährlichen Eisbeinessen der Schiffsmakler und der alle zwei Jahre ebenfalls in Hamburg stattfindenden SMM-Fachmesse als eine wichtige Kontaktbörsen der Branche. »Wir versprechen uns von dem zwanglosenTreffen von Wirtschaft und Politik eine noch engere Zusammenarbeit, mit der die Position der nördlichen Bundesländer und der wichtige Wirtschaftsfaktor Hafen, Logistik und Verkehr in den Regionen weiter gestärkt werden kann«, so Peter Gast, der zusammen mit seinem Bruder Dieter Gast die Organisation der Veranstaltung von seinem heute 86jährigen Vater übernommen hatte.

Um international wettbewerbsfähig zu bleiben, sei es wichtig, dass die gesamte norddeutsche Region eng zusammenarbeite und auf Kooperation statt Konkurrenz setze. Bemerkenswert sei das auch in einem weiteren Jahr der Krise durch rund 130 teilnehmende Yachten und 1.200 aktive Segler belegte Interesse an der 33. Schiffahrtsregatta, freute sich Dieter Gast, der Gäste aus insgesamt 19 Nationen begrüßen konnte. Besonders freue man sich über das große Interesse aus Politik und Wirtschaft, das auch durch die Präsenz von Hamburgs Wirtschaftssenator Frank Horch unterstrichen wurde. Dieser war bereits zum achten Mal dabei und gehörte zusammen mit Haspa-Vorstandssprecher Harald Vogelsang, Uli Wachholtz, Präsident des Unternehmerverbandes Nord, und Reeder Hermann Ebel zur Crew der Vereinsyacht »Haspa Hamburg« des Hamburgischen Vereins Seefahrt.

Für Schleswig-Holstein zeigte auch der auf der »Thila« eingeschiffte Wirtschaftsstaatsekretär Frank Nägele Flagge und für Mecklenburg-Vorpommern Staatssekretär Stefan Rudolph. Um die Veranstaltung weiter in diesem Umfang ausrichten zu können, habe man sich zwar etwas breiter aufgestellt und in diesem Jahr Teilnehmer und Sponsoren aus dem weiteren Umfeld aufgenommen, doch seien es die seit vielen Jahren teilnehmenden Schifffahrtsfirmen, die diese Veranstaltung zu einem so interessanten Treffen machten. Erst durch die Teilnahme so unterschiedlicher Yachten wie der beiden Volvo Ocean Racer »Illbruck« und »Ospa«, der klassischen 12er »Evaine«, »Siesta« und »Cintra«, Klassiker wie die »Athena« und die Spreizgaffel-Ketch »Senta«, moderne Regattaschiffe wie »Uca« und »Outsider« und Fahrtenboote werde diese Regatta zu so einem interessanten sportlichen Event.

Beste Startvoraussetzungen

Bei der Einstimmung am Freitagabend auf der PGS Family & Friends-Party in der Bootshalle von Henningsen & Steckmest in Grauhöft bei Kappeln mit Spanferkel, belegten Broten und Bier, bei der mit Peter Gast und Pieter Mützelfeldt auch zwei der Regattabegründer anwesend waren, konnte Dieter Gast mit Torsten Albig und Hamburgs Wirtschaftssenator Frank Horch bereits zwei Ehrengäste begrüßen. Wetterexperte Meeno Schrader gab eine beruhigende Wetterprognose für den nächsten Tag ab. So konnte bei aufklarendem Himmel und leichten südwestlichen Winden zwischen 12 und 14kn pünktlich um 9 Uhr der erste von fünf Starts der in neun Klassen eingeteilten Schiffe erfolgen.

Weil sich die unter Kai Mares für die hanseboot gestartete »IMMAC One4All« kurz nach dem Start festgefahren und ernste Beschädigungen erlitten hatte, passierten nur 131 der gemeldeten 132 Boote die Startlinie, die nahe der Ansteuerungstonne Schleimünde von der »Aldebaran« der Dänischen Marineheimwehr und einer Spierentonne markiert wurde. Nach einer kurzen Startkreuz unter Spinnaker nahmen sie dann Kurs auf die rund 32sm entfernte Inselkommune Ærøskøbing. Von ihnen konnten allerdings nur 129 gewertet werden. Als erstes Schiff passierte die von der Kieler Knierim Werft erbaute und von Peter Gast gecharterte Elliot 57 S-Rennyacht »Opal« unter Skipper Edwald Reinhold nach nur drei Stunden, 39 Minuten und 23 Sekunden die vom Zielschiff »Shamwari« vor Ærøskøbing in der Nähe der Mølle Gab-Tonne gebildete Ziellinie. Nach der traditionellen Begrüßung mit der Schiffsglocke an der Einfahrt in den Alten Hafen übergab Ærø-Bürgermeister Jørgen Otto Jørgensen den Preis für das first ship home. Dieser Erfolg konnte erreicht werden, obwohl nach einem Drittel der Distanz ihr Gennaker geplatzt war und das defekte Segel mit Hilfe der Gäste geborgen werden musste. Zweites Schiff war die unter Martin Buck für Lloyd’s Register gestartete »Ospa«, gefolgt von der unter Skipper Jan Dabelstein für Peter Döhle getarteten »Uca«.

Positive Resonanz

Ministerpräsident Albig, der an Bord der »Equity Kicker« zusammen mit dem Präsidenten des Deutschen Boots- und Schiffbauerverbandes, Torsten Conradi, unter Skipper Karsten Mau als 13. ins Ziel kam, zeigte sich danach beeindruckt: »Noch bin ich kein Segler, aber bei Wetterbedingungen wie diesen und so einer netten, kompetenten Crew an Bord kann ich es gerne werden«. Er wolle auch Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel für eine Teilnahme an der 34. Schiffahrtsregatta begeistern, kündigte er an. Frank Horch, der selbst eine Yacht besitzt, konnte auf der »Haspa Hamburg«, auf der er die Backstagen bediente, dazu beitragen, dass das von Christian Woge geführte Schiff Platz 5 erreichte. »Hier mitzusegeln macht sehr viel Spaß, anschließend im Hafen alle norddeutschen Vertreter der wichtigsten Firmen der Schifffahrt zu treffen, um über Werften und Frachtraten bis hin zu Offshore-Windparks und Energiewende zu sprechen, ist höchst sinnvoll und einmalig.«

Zu den erfahrenen Regattateilnehmern gehörte auch Ulrich ­Getsch, Oberbürgermeister von Cuxhaven, der sich auf der für die Bremer Reederei E&B gestarteten »Lapin Agile« von Fritz Conyn, einer Contest 45 CS, eingeschifft hatte. »Ich war wie immer das Bugschwein«, so Getsch, nach seiner Position an Bord gefragt.

Auch zwei Damenteams waren wieder dabei: Die unter Kirsten Harmstorf in der 15 Schiffe umfassenden Klasse 9 ORC-Club A gestartete »Tutima« konnte in ihrer Klasse Platz 1 nach berechneter Zeit und über alle Klassen nach gesegelter Zeit den 7. Platz belegen, während die Damen-Crew der für die Buss-Gruppe unter Christine Wolff gestartete »Xaos« den 11. Platz nach gesegelter Zeit erreichte.

Die Zwischenfälle hielten sich bei den günstigen Wetterbedingungen in Grenzen: Der Volvo Ocean 60-Racer »Illbruck« der unter Martin Kringel für Lloyd’s Register EMEA gestartet war, kam auf steinigem Grund fest. Zum Glück befand sich Eyk-Uwe Pap von Baltic Diver Germany an Bord, der in einem spontanen Tauchgang die Ursache erkennen und die Schlauchboote zum Freischleppen dirigieren konnte. Nach eineinhalb Stunden konnte eine Aufholjagd gestartet werden, die zum 18. Platz in der Gesamtwertung führte.

Mit herabhängendem Masttop lief die 1909 von William Fife III. in Schottland erbaute und 2012 von Wilfried Beeck erworbene »Cintra« in den Zielhafen ein. Sie gehört zu den drei in diesem Jahr teilnehmenden klassischen 12er-Yachten.

Ein voller Erfolg

Vor dem Einzug zur Siegerehrung in das Festzelt sammelten sich die Crews auf dem Platz vor dem Hafenmeisterbüro, um hinter einem Spielmannszug mit Bürgermeister Jørgen Otto Jørgensen durch die Straßen Ærøskøbings zu ziehen. Insgesamt könne man mit dem Verlauf der Regatta sehr zufrieden sein, resümierte Dieter Gast nach der Preisverleihung, bei der sein Bruder Christian dem Landsmann Maritime Marketing & Design-Chef Till Landsmann als Herausgeber des Programmheftes für dessen jahrzehntelange Zusammenarbeit mit dem PGS-Regattateam sowie die jahrelange Bereitstellung seiner »Esper Ort« als Startschiff dankte. Neben den vielen tollen Yachten und ihren Manövern sowie dem spätsommerlichen angenehmen Wetter habe dazu auch der reibungslose Ablauf beigetragen, den man dem aus Alexander Prinz zu Schleswig-Holstein (NRV) als neuem Leiter und Marcus J. Boehlich (SVSOe) sowie Roland Rademacher vom KYC bestehenden Wettfahrtteam zu verdanken habe.


Jens Meyer