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Die Wurzeln der EMS-Fehn Group liegen in der Schifffahrt, heute setzt

das Leeraner Unternehmen auf ein Full-Service-Angebot in der maritimen Logistik – mit ambitio­nierten Plänen.
Seit der Gründung der Ems Shipping 1984 – als Befrachter für die aufkommende Reedereibranche in Leer – gab es vor allem in[ds_preview] den letzten zehn Jahren ein immenses Wachstum. Mittlerweile besteht die Gruppe aus 17 rechtlich unabhängigen Unternehmen in ganz Europa und den USA, etwa Reedereien, Befrachtungs- und Speditionsfirmen, Hafen-, Terminal- und Stauereibetrieben, Crewing- und Intralogistik-Dienstleistern, Agenturen oder einem Yachttransport-Anbieter. »Man kann den Eindruck gewinnen, dass wir sehr schnell gewachsen sind. Aber wir haben das sehr kontrolliert gemacht. Unser Vorteil war sicherlich, dass wir sehr wenig Anlaufverluste hatten«, sagt CEO Manfred Müller. Momentan fokussiere man sich darauf, die bestehenden Einheiten gesund wachsen zu lassen.

Mit ihrer Unternehmensstrategie unterscheidet sich die Gruppe deutlich vom Großteil anderer Schifffahrtsunternehmen in Deutschland und Europa. In der Regel fokussiert sich die Branche zumeist auf ein bestimmtes Schifffahrtssegment. In der Vergangenheit gab es zwar immer wieder Akteure, die ihr Risiko über verschiedene Segmente streuen wollten. Doch seit Ausbruch der großen Krise rudern einige von ihnen wieder zurück, um sich auf das »Kerngeschäft« zu konzentrieren. Ein Beispiel ist der dänische Konzern A.P. Møller-Mærsk. Nach den schweren Einbußen in der Hochphase der Krise wurde entschieden, sich zu verschlanken. Umfangreiche Verkäufe von Tankerflotten oder einer Supermarktkette waren die Folge. Die ebenfalls aus Dänemark stammende Clipper-Gruppe hat sich ebenfalls aus einigen Segmenten verabschiedet, etwa Tanker verkauft, und die Bulk-Sparte als Kern-Segment identifiziert. Ein weiteres Beispiel ist der Energiekonzern RWE Innogy, der 2013 entschied, sich auf den »Firmenzweck« zu konzentrieren und seine noch sehr jungen Offshore-Spezialschiffe verkaufte.

Auf dem Markt gibt es ohne Frage noch viele Akteure, die in gewachsenen Strukturen in verschiedenen Schifffahrtssegmenten aktiv sind. Eine Strategie der funktionalen Ausweitung der Aktivitäten verfolgen sie in aller Regel aber nicht.

Anders sieht es bei EMS-Fehn aus. Die Verantwortlichen wollen an der multifunktionalen Struktur festhalten. In einzelnen Segmenten ist sogar ein Ausbau geplant. »Für unsere Yachttransporte sind wir in den USA vertreten. Da wollen wir uns noch stärker aufstellen, möglicherweise mit einem Joint Venture. Ansonsten gründen wir in St. Petersburg eine Niederlassung, weil wir in Leverkusen ein Unternehmen für Russlandverkehre eröffnet haben«, so Müller. Darüber hinaus biete man auf den Betrieb eines weiteren Terminals in Südeuropa.

Damit sei die geographische Erweiterung zunächst abgeschlossen. Erweitert werden solle allerdings die Flotte an Schiffen sowie »Speditions­as­sets« wie Lkw und Trailer. Aktuell umfasst der Fuhrpark 40 Einheiten. Im Reedereisegment konzentriert man sich auf KüMos und kleinere Mehrzweckschiffe mit maximal 10.000tdw. Die wichtigsten Ladungsarten sind Düngemittel und Projektgüter wie Windkraftkomponenten oder Turbinen. Im Projektmarkt ist der Wettbewerb mittlerweile am schärfsten. Dieses Problem haben Müller & Co. mit ihren Leeraner Kollegen aus den Reedereien mit größeren Mehrzweck- und Projektschiffen gemein. Von Fehn Shipmanagement und NTO Shipping werden mittlerweile 19 Einheiten in europäischen und nordafrikanischen Gewässern betrieben. Über EMS Chartering werden zusätzlich Schiffe eingechartert.

Trotz oder gerade wegen des umfangreichen Angebots besetzt die Gruppe eine Nische im Transport- und Logistikmarkt. 2014 betrug der Umsatz 150Mio. €, es wurden laut Müller schwarze Zahlen und ein positiver Cash-Flow erwirtschaftet. Für das laufende Jahr erwartet er ein ähnliches Niveau. Seit diesem Jahr sind die Einnahmen der Schiffe – vor allem der 2.600-Tonner – auf akzeptablem Niveau, Zinsdienst und Tilgung seien möglich.

Die Entwicklung stimmt die Verantwortlichen optimistisch. In den kommenden fünf Jahren soll die Flotte mit Neubauten und Zukäufen ausgebaut werden, vor allem im Coaster-Segment – »aber nicht um jeden Preis, sondern nur, wenn es sich lohnt und wirtschaftlich darstellbar ist«. Die Zielmarke sind 40 Schiffe. »Unser Spezialgebiet liegt zwischen 2.000 und 5.000tdw, da haben wir Experten und gute Ladungsverträge«, erläutert der Geschäftsführer.

Treibender Faktor ist die Altersstruktur. Zwischenzeitlich umfasste die Flotte 26 Frachter mit einem Durchschnittsalter von 17 Jahren. Das war seinerzeit genau der Durchschnitt der Branche, die zuletzt für ganz Europa 479 KüMos zählte. 40% der Flotte sind älter als 20 Jahre, weshalb von Experten ein hoher Modernisierungsbedarf attestiert wird. Die EMS-Fehn-Verantwortlichen entschieden sich entsprechend, die eigene Flotte zu verjüngen. Mittlerweile liegt der Durchschnitt bei 12 Jahren. In Absprache mit Banken und Kommanditisten wurden alte Schiffe verkauft, zum Teil gab es krisenbedingt notwendig gewordene Veräußerungen.

Sobald die Finanzierung stehe, werde man Neubauten ordern können – möglicherweise »LNG-ready«. »Die Eigenkapitalbeschaffung läuft für uns immer noch ganz gut. Wir hatten noch keine Insolvenz, daher gibt es noch Investoren.« Ein Neubau wird bei EMS-Fehn typischerweise mit einer sehr kleinen Gruppe von Kapitalgebern finanziert, zum Teil mit nur einem Investor.

Auf dem Papier ist ein Projekt für einen 5.000-Tonner mit einer im Vorschiff platzierten Brückensektion fertig. Dieser Schiffstyp ist für Projektladungen optimiert. Noch hält man sich mit einem Auftrag allerdings zurück. Zum einen, weil die Preise laut Müller zuletzt wieder stark gestiegen sind. Ein typischer 2.600-Tonner liegt heute bei rund 4Mio. €. In der Vergangenheit wurden zwar auch schon 4,8Mio. € gezahlt – allerdings auch schon weniger. Zum anderen fehlt noch eine Einigung mit einer Werft. Fest steht, dass nicht (mehr) in China gebaut werden wird. Das liege nicht an der Performance, die sei in Ordnung gewesen. Bei EMS-Fehn wurde jedoch der gesamte Prozess gegengerechnet, inklusive der Kosten für Bauaufsicht vor Ort, Flüge, Übernachtungen sowie kommunikationsbedingte Probleme beim Bau. »In Europa ist es immer ein paar hunderttausend Euro teurer, aber die Qualität ist eben auch höher. Wir sprechen mit Werften in den Niederlanden, in der Türkei und in Rumänien. Allerdings konnten wir preislich bislang keine Einigung erzielen«, sagt der CEO.

Eine Überbauung wie in anderen Schifffahrtssegmenten sieht er »definitiv« nicht. Im Bereich bis 4.000tdw kamen in den vergangenen Jahren so gut wie keine Neubauten in Fahrt. Man könne zum Teil eher von Verknappung sprechen, auch wenn sich dies aufgrund des Kaskadeneffekts nicht in den Preisen widerspiegelt. »Unser Vorteil ist jedoch, dass wir gerade mit den 2.500-Tonnern auch die Flüsse hoch kommen, teilweise bis Duisburg und weil wir viele kleine englische Häfen anlaufen können«, betont Müller.

In größere Segmente mit mehr als 10.000tdw will die EMS-Fehn-Group nicht investieren. Eine Abdeckung dieses Bereichs wäre allerdings durch eine Partnerschaft möglich. Zwar seien Fusionen, Joint Ventures oder Übernahmen finanziell nicht notwendig, weil man gut aufgestellt sei. Eine Verschmelzung sei nicht geplant. Strategisch könnte eine Kooperation aus Sicht des Managements jedoch durchaus Sinn machen. Allerdings nur, wenn es sich dabei um abweichende, zum Beispiel größere Tonnage handelt, sodass man sich bei der Befrachtung unterstützen und zusätzliche Ressourcen nutzen könnte. Laut Müller werden durchaus Gespräche geführt. Konkret in Planung ist aber nichts.

Selbst wenn es nicht dazu kommt – Synergien werden schon jetzt vielfach innerhalb der Gruppe gehoben, betont der CEO. »Genau das wollten wir erreichen. Wir erfahren aus verschiedenen Quellen viel über Ladungen. Wir wissen, wie man ein Schiff betreibt, wie man Lkw oder Terminals betreibt.«


Michael Meyer