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Mit Auerbach wurde eine Allianz ins Leben gerufen, die eigene Flotte soll modernisiert werden. Auch darüber hinaus hat Mehrzweck-Veteran Roelf Briese für seine Reederei einige Pläne. Er selbst will sich aus dem operativen Geschäft allerdings bald zurückziehen.
Die Nachricht sorgte für einiges Aufsehen, nicht nur in der Mehrzweckbranche, sondern – angesichts der Bedeutung der Briese-Gruppe und der[ds_preview] Aufmerksamkeit, die dem neuen Partner in den vergangenen Jahren zuteil wurde – in der gesamten deutschen Schifffahrt. Die Leeraner Reedereigruppe mit rund 150 Frachtern und die noch immer junge Hamburger Reederei Auerbach sind eine sogenannte »strategische Allianz« eingegangen. Prinzipiell in diesen Tage der großen Krise mit Tonnageüberkapazitäten und niedrigem Ratenniveau keine Seltenheit. Viele Akteure bündeln ihre Kräfte, sei es in der Befrachtung, beim Einkauf, im Shipmanagement oder bei der Finanzierung. Die Argumente dahinter sind zumeist der Faktor »Größe« im Markt, Synergieeffekte oder bessere Vermarktungs- und Betreuungsoptionen. Das gilt auch in diesem Fall, vor allem aus Sicht von Auerbach. Dessen Co-Gründer und geschäftsführender Gesellschafter Lucius Bunk verfolgt schon seit längerer

Zeit die Strategie, nicht nur durch einen Ausbau der eigenen Flotte, sondern gegebenenfalls auch durch anorganisches Wachstum mehr Schlagkraft zu erlangen.

Die neuen Partner planen für die Zukunft eine »verstärkte Kooperation in der Projektentwicklung und der Bereederung.« Man betont aber, dass beide Unternehmen auch weiterhin unabhängig voneinander agieren werden. »Wir wollen mit dem frischen Kapital den Flottenaufbau ganz normal weiterführen, nicht nur als Dienstleister, sondern auch durch Zukäufe«, so Bunk, der seit dem Rückzug des einstigen Mitstreiters und Co-Gründers Alexander Tebbe die Reederei Auerbach allein führt und mit einem kapitalstarken Gesellschafterkreis im Rücken ehrgeizige Pläne hat.

Aus akuter Not heraus wurde die Allianz nicht gegründet, wie Bunk bestätigt: »2016 hätten wir auch ohne das frische Kapital ein anständiges Ergebnis erzielen können.« Allerdings seien langfristig Skaleneffekte in einem kleinen Setup zu gering: »Ein echtes Renditemodell ist auf diese Art schwer aufzubauen.« Bunk setzt auf die Vorteile einer größeren Einheit, um Auerbach langfristig am Markt zu halten. »Wir sind für Gespräche immer offen, weil der Größenvorteil einfach zu offensichtlich ist.« Im vergangenen Jahr hatte man sich mit einem Partner noch vergeblich um die Geschäfte der Reederei Buss bemüht, als diese vor dem Aus stand. Weitere Maßnahmen seien durchaus denkbar, »wobei Größe nicht per se ein Vorteil ist oder automatisch die Profitabilität steigert. Die Partner müssen zueinander passen«, so Bunk weiter.

Die neue Allianzvereinbarung beinhaltet eine enge personelle Verflechtung der Unternehmen und Reeder. Auch wenn die Beteiligten dies nicht so sehen, spricht angesichts der Personalrochade so mancher in der Branche von einer »Quasi-Fusion«: Schließlich wird der MPP-Veteran Roelf Briese neuer Gesellschafter bei Auerbach und dessen geschäftsführender Gesellschafter Lucius Bunk zum COO bei Briese. In dieser Rolle wird er sich künftig unter anderem um die strategische Weiterentwicklung und eine umfassende Modernisierung der Flotte kümmern, wie die HANSA erfahren hat. Diese läuft bereits, seit Mitte 2015 wurden laut Briese knapp 20 Schiffe verkauft, die 14 Jahre und älter waren. Im Gegenzug wurden knapp 15 rund fünf Jahre alte Einheiten erworben.

Bei der nach wie vor unabhängigen Reederei Auerbach – Roelf Briese übernimmt zwar einen signifikanten, aber keinen Mehrheitsanteil – soll im Rahmen der Kooperation ein noch nicht näher definierter Geschäftsteil von Hamburg aus gesteuert werden. »Das operative Geschäft wird in Hamburg bleiben. Denkbar ist mittelfristig, dass Auerbach eine spezifische Nische bedient. Außerdem ist es möglich, den Standort als Kompetenzzentrum oder für die Erarbeitung von innovativen Lösungen zu nutzen«, sagt Lucius Bunk. Gleichzeitig rückt Rafal Mirski in die Geschäftsleitung. Seit seinem Einstieg im Jahr 2014 hat er das operative Reedereigeschäft federführend mitentwickelt. Dies wird er zukünftig als Geschäftsführer der Auerbach Bereederung weiter ausbauen und mit Bunk verantwortlich führen.

Eine Folge dieser Verflechtung sind Spekulationen über die künftige personelle Ausgestaltung an der Spitze der Briese-Gruppe, zu der neben BBC Chartering – einer der wichtigsten Akteure der weltweiten Mehrzweck- und Schwergutbranche – unter anderem eine Shortsea- und eine Forschungsschiffflotte gehören. Denn die Nachfolge von Gründer Roelf Briese ist noch nicht offiziell kommuniziert. »Die Nachfolge wird familiär bzw. intern geregelt«, sagte der knapp 72-jährige Leeraner jetzt der HANSA. Bestandteil des Plans sei auch Lucius Bunk. Briese selbst zieht sich zwar nicht komplett zurück. »Im Laufe des Jahres will ich aber die operativen Tätigkeiten abgeben«, so der Reeder.

Seit Jahresbeginn liefen die Gespräche über die Allianz bereits. An eine Schrumpfkur ist offensichtlich nicht gedacht. Stefan Cremer, Gesellschafter und Beirat von Auerbach Schifffahrt, begrüßt den Schritt: »Ein engeres Zusammenrücken ist das richtige Signal in der Branche. Mit frischem Kapital, einer kompetent verstärkten Geschäftsführung und Impulsen aus Leer werden wir den soliden Auerbach-Wachstumskurs fortsetzen.«

Nötig sind derartige Konsolidierungsprojekte allemal. Der Markt ächzt sowohl unter einer Tonnageüberkapazität beziehungsweise einer Nachfrage-Schwäche als auch unter den Mitnahmeeffekten von Bulkern und Containerschiffen, die immer wieder MPP-Ladung aufnehmen. Davon profitieren höchstens nur diejenigen, die in mindestens zwei Segmenten aktiv sind, wie etwa Swire Shipping (HANSA 08/2016). Der dänische Thornico-Konzern strebt möglicherweise ähnliches an und gründete zuletzt eine Bulker-Division.

Bei Auerbach soll der Fokus hingegen weiter auf MPP liegen. Auch Roelf Briese plant ungeachtet der Flottenmodernisierung zunächst keine größeren Änderungen an der Struktur. »Wir hätten das Kapital für Neubauten. Aber das würde dem Markt überhaupt nicht helfen, daher lassen wir es.« Schwerpunkt bleibe weiter das Mehrzweck- und Premium-Heavylift-Segment. Das Shortsea-Geschäft wird laut Briese ebenfalls in einer Größenordnung von rund 35 bis 40 Schiffen wie gehabt fortgeführt. Den Eintritt in zusätzliche Märkte will er – je nach Gelegenheit – allerdings ebenfalls nicht prinzipiell ausschließen. Der Bulker-Markt ist seiner Ansicht nach aber nicht attraktiv: »Das können andere aufgrund günstigerer Lohn- und Kostenstrukturen besser. In unserem Geschäft braucht es gute Ideen und Engineering, und da sind wir stark.«

Wann angesichts der weltwirtschaftlichen Trends eine Erholung auf der Nachfrageseite einsetzt, ist weiter unklar. China, der Offshore-Öl- und Gasmarkt, Afrika, Südostasien – es bleibt unsicher. Dennoch wurden zuletzt auch positive Signale erzeugt: etwa durch ein Infrastruktur- und Transportabkommen zwischen Australien und den USA, verbesserten Wachstumsprognosen für den US-Windenergie-Sektor, das Potenzial in Myanmar oder die geplante Neuauflage der Seidenstraße inklusive des massiven Schienennetz-Ausbaus in China. Verbunden mit ökologischen Zielvorgaben im Reich der Mitte könnte das einen erhöhten Bedarf an modernen Anlagen nach sich ziehen.

Roelf Briese ist entsprechend »nicht mehr ganz so pessimistisch wie vor drei Jahren«, da sich der Markt langsam stabilisieren könne. Das restriktive Finanzierungsverhalten der Banken helfe dem Markt, weil nur wenige Neubauten geordert würden. Ein signifikante Verbesserung hält er sogar »im Laufe des Jahres 2017« für möglich, wenn die Bedingungen nicht durch weltwirtschaftliche Einschläge oder politisch-protektionistische Maßnahmen konterkariert würden. Ungeachtet dessen ist die Marktkonsolidierung für ihn noch nicht abgeschlossen. Das Leeraner Unternehmen selbst hat zwar kurzfristig keine weiteren Kooperationspläne. Sollten sich »Gelegenheiten« ergeben, sei nichts auszuschließen, so Briese weiter. Seinen eigenen Anteil an Auerbach will er zunächst nicht erhöhen. Doch auch hier gelte: »Man weiß nie, was die Zukunft bringt.«


Michael Meyer