Print Friendly, PDF & Email

Mit der Vertiefung des Seekanals stellt der Rostocker Hafen die Weichen für die künftige Entwicklung. An der Strategie, auf verschiedene Gütersegmente zu setzen, will der Hafen unverändert festhalten. Von Thomas Wägener
Der Hafen Rostock hat das Ziel, sich zu einem Getreide-Hub zu entwickeln, sagt Jens A. Scharner, Geschäftsführer von Rostock[ds_preview] Port. Eine wichtige Voraussetzung dafür sei die Vertiefung des etwa 9km langen Seekanals, der Zufahrt zum Hafen. »Die Aufnahme der Seekanalvertiefung Rostock in den Bundesverkehrswegeplan ist ein Erfolg und wichtiger Meilenstein der weiteren Entwicklung des Überseehafens«, bekräftigt Scharner. Gemeinsames Ziel der maritimen Akteure im Zusammenarbeit mit dem Land und dem Bund sei nun die Einleitung eines Planfeststellungsverfahrens und eine zügige Umsetzung.

Der Seekanal soll von 14,50m auf 16,50m ausgebaggert werden. Damit würde Rostock dann vergleichbare Bedingungen anbieten können wie Gdansk, einer der Hauptkonkurrenten im Schüttgutsektor, beschreibt Gernot Tesch, der zusammen mit Scharner die Geschäfte bei Rostock Port führt. Derzeit können Schiffe mit einer Tragfähigkeit von 80.000tdw den Rostocker Hafen anlaufen – allerdings nicht voll beladen, schränken die Hafenchefs ein. Nach der Vertiefung des Seekanals würden im Überseehafen dann Bulker zwischen 100.000 und 120.000tdw vollbeladen werden können. Im Idealfall soll die Maßnahme im Jahr 2020 abgeschlossen werden, so Scharner, der einen großen Vorteil darin sieht, bereits einen Kanal als Zufahrtsweg zu haben, diesen also nicht extra noch anlegen zu müssen.

Ausbau vorhandener Liegeplätze

Um die zukünftig größeren Schiffe bedienen zu können, gilt es, auch die Liegeplätze entsprechend herzurichten. Der Ausbau der Liegeplätze 17 und 18 sei zuerst vorgesehen, möglicherweise auch der Kohle-Liegeplatz, so Tesch. Im vergangenen Jahr wurde der Grundstein für den Neubau von Liegeplatz 23 gelegt. Nach Hafenangaben kostet das Projekt rund 20Mio.€. Die Maßnahme soll die künftige Entwicklung des Schüttgutumschlags unterstützen. Nach den Reparaturen der Liegeplätze 21 und 22, die im Sommer dieses Jahres abgeschlossen werden sollen, soll am Liegeplatz 23 dann nach EU-weiter Ausschreibung mit dem Bau begonnen werden.

In diesem Jahr will Rostock Port nach eigenen Angaben 7,7Mio. € in Flächen und Gebäude investieren, zusätzlich sollen 22Mio. € in die Erneuerung von Kaianlagen fließen. Nach Auskunft der beiden Geschäftsführer sind 12Mio. € davon bereits gebilligt worden. »Besonderes Augenmerk unserer Bemühungen und Investitionen im Jahr 2017 liegt auf der Modernisierung und dem Ausbau von Liegeplätzen für einen leistungsfähigen Universalhafen«, stellt Scharner heraus. Der Hafen sei schließlich schon rund 60 Jahre alt, daher müssten Kai- und Hafenanlagen erneuert werden. Im Ölhafen will Rostock Port in diesem Jahr 4Mio. € investieren. Das Geld soll dafür verwendet werden, den östlichen Querkai und die Steganlage an den Liegeplätzen 3 und 4 zu erneuern. Der Umschlag von Flüssiggütern konnte 2016 um 13% auf 2,7Mio.t gesteigert werden.

Im Überseehafen Rostock sind im vergangenen Jahr insgesamt 28,6Mio.t Güter über die Kaikanten gegangen. Das waren 1,4Mio.t bzw. 5% mehr als im Vorjahr. Nach Angaben von Rostock Port bedeutet dies das zweitbeste je erzielte Umschlagergebnis. Hinzu kamen weitere 1,8Mio.t, die sich nach Auskunft des Hafen- und Seemannsamts Rostock auf den Fracht- und Fischereihafen, den Chemiehafen und auf andere Hafenanlagen der Hansestadt verteilen.

Rostock habe seine Position als größter deutscher Ostseehafen nicht nur verteidigen, sondern sogar ausbauen können, betont Scharner. Den prozentual größten Anteil im Hafen Rostock machen mit rund 60% Fähr- und RoRo-Güter aus. Hier gab es ein Umschlagwachstum um 1,3Mio.t auf 16Mio.t. Dies entspricht einem Anstieg von 9%. Während die beförderten Lkw-Einheiten nach Nordeuropa ebenso zunahmen wie die Anzahl umgeschlagener Trailer, ging die Zahl umgeschlagener Eisenbahnwaggons von und nach Trelleborg leicht zurück. »Wieder einmal erwies sich der Fähr- und RoRo-Verkehr als Wachstumstreiber im Rostocker Hafengeschäft«, so Tesch. In den kommenden Jahren müsse das Hauptaugenmerk auf dem Ausbau der Infrastruktur liegen, um die Voraussetzungen für weiteres Wachstum zu schaffen. Neben interner Optimierung werde dafür der Sprung über die jetzigen Hafengrenzen hinaus nötig.

Der Schüttgutumschlag lag im vergangenen Jahr mit 7,4Mio.t etwa 6% über dem Ergebnis des Vorjahres. Der Anteil am Gesamtumschlag des Hafens beträgt somit 28%. Nach Angaben der Rostocker haben sich nahezu alle Schüttgutarten positiv entwickelt. Dies galt besonders für Ölsaaten, Düngemittel und Kohle. Raps würde nunmehr per Schiff angeliefert und das Kohlekraftwerk habe seine Nachfrage bezüglich des Rohstoffs erhöht.

Die Hauptschüttgutart im Rostocker Überseehafen bleibt aber weiterhin Getreide. Trotz schlechter Ernteergebnisse habe der Getreideumschlag 2016 auf 3,5Mio.t leicht zulegen können. Nach Auskunft von Tesch soll bis zum Jahr 2018 durch Euroports ein weiterer Getreidebelader im Überseehafen errichtet werden. Euroports ist zusammen mit seinen Töchterunternehmen die größte Umschlagfirma im Hafen. Zu den bedeutenden Arbeitgebern im Hafen zählen darüber hinaus EEW Special Pipe Constructions, das Großtanklager Ölhafen Rostock sowie der Kranspezialist Liebherr-MCCtec Rostock.

Der Kreuzfahrthafen Rostock-Warnemünde hat ebenfalls ein erfolgreiches Jahr 2016 verzeichnet. Nach Angaben von Rostock Port gab es 181 Anläufe von 31 Kreuzfahrtschiffen mit insgesamt 766.000 Passagieren an Bord. Durch die Kooperation mit dem Flughafen Rostock-Laage habe der Passagierwechsel internationaler Gäste über den Hafen ausgebaut werden können, sagt Scharner.

»Wir rechnen in dieser Saison mit einem weiteren Wachstum in diesem Segment«, prognostizieren die Hafenchefs. Insgesamt sollen 2017 192 Anläufe von 38 Schiffen erfolgen, die mehr als 800.000 Gäste an Bord haben sollen. Um dem steigenden Kreuzfahrtgeschäft gerecht zu werden, ist der Bau eines zusätzlichen Terminals geplant, das spätestens 2020 eröffnet werden soll.

Die Gründung der MV Werften ist ebenfalls ein positives Signal für Rostock. Künftig sollen an der Ostsee riesige Kreuzfahrtschiffe gebaut werden. Der malaysische Genting-Konzern hatte bei der Übernahme der ehemaligen Nordic Yards im Juli 2016 angekündigt, an allen drei Werftstandorten in Wismar, Stralsund, aber auch in Rostock-Warnemünde, große Kreuzfahrtschiffe bauen zu lassen. Um entsprechende Kapazitäten für die Konstruktion der Luxusliner zu schaffen, entsteht auf dem Werftgelände eine 350m lange Halle. Darin will die Genting Group, Mutterkonzern der MV Werften, künftig die Mittelteile für die 310m langen Schiffe der Global-Klasse fertigen lassen. In dem mit Laser-Hybrid-Schweißanlagen ausgerüsteten Gebäude sollen qualitätsgerechte Dünnblechpaneele hergestellt werden.

Das Unternehmen Inros Lackner, das nach eigenen Angaben seit 1954 mit Planungsleistungen an der Entwicklung der Werft in Warnemünde beteiligt ist, wurde mit der Planung der neuen, bis zu 345m langen und 25m hohen Schiffbauhalle beauftragt. Anfang Oktober 2016 unterzeichnete Uwe Lemcke, Geschäftsführender Direktor von Inros Lackner, den entsprechenden Vertrag mit der Genting-Gruppe.


Thomas Wägener