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HANSAInsight 07 | 2017

Um es vorwegzunehmen: Politiker haben es nicht immer leicht. Sie sollen fördern und unterstützen, gleichzeitig aber die Wirtschaft nicht zu sehr lenken. Das ist erst einmal r[ds_preview]ichtig. Lippenbekenntnisse und Pseudo-Lösungen, wie man sie auf der gestrigen Nationalen Maritimen Konferenz – wieder einmal – zu hören bekam, helfen aber auch nicht weiter. Uwe Beckmeyer, als Maritimer Koordinator der Bundesregierung auf Abschiedstournee, sprach salbungsvolle Worte, jedoch leider auch am Thema vorbei.
Stolz präsentierten die Abgesandten der Politik ihre gemeinsame Erklärung zur Digitalisierung und verwiesen auf die kürzlich aufgelegte »Maritime Agenda 2025«. Doch jene trägt bereits in ihrem Namen das Problem: Die maritime Branche will und kann derzeit nicht wirklich acht Jahre im Voraus denken. Reedereien und Werften kämpfen schon jahrelang gegen eine schier endlose Krise, ihre finanziellen Polster sind weitestgehend aufgebraucht. Gleiches gilt mittlerweile auch für die Zulieferer.

Grafik der Woche:

Flotte2016
In der bis heute anhaltenden Schifffahrtskrise ist die deutsche Handelsflotte von ihrem Rekordstand von 3.784 Schiffen im Jahr 2011 auf zuletzt 2.660 Schiffe zum Ende vergangenen Jahres geschrumpft. Das ist ein Rückgang um knapp 30% innerhalb von nur fünf Jahren. Angesichts der vielen Verkäufe weiterer Schiffe ist damit zu rechnen, dass der Bestand in diesem Jahr weiter abnehmen wird. (Daten: BSH, HANSA | Foto: HHM)

Die ganze Digitalisierung gilt Vielen als ein Zauberwort, und ja, dahinter steckt ein gehöriges Potential – aber eben erst in einiger Zeit, wenn die Wogen der Krise abgeebbt sind. Die entscheidende Frage rankt sich nicht um die technische Machbarkeit von Innovationen, schon gar nicht in Deutschland. Es geht vielmehr um die Rahmenbedingungen, die diese Innovationen erst ermöglichen und fördern.

Was Beckmeyer richtigerweise betont, ist der Bedarf an international harmonisierten, modernen Standards. Das hilft der innovationsfreudigen deutschen Industrie. Nationale Subventionspolitik ist dagegen kontraproduktiv. Gerade auf internationalem Parkett müsste ein Hochtechnologieland wie Deutschland für verbindliche Regeln sorgen, die nicht nur die Umwelt schonen und die Sicherheit erhöhen, sondern auch der hiesigen Industrie helfen würde.

Man hört jedoch nicht viel von deutschen Interessen, die auf internationaler Bühne durchgesetzt worden wären. Dabei rühmt sich die deutsche Politik doch immer, als Export- und Wirtschaftsmacht eine starke Stimme zu haben, auch in der Schifffahrt. Doch wo bleiben die Ergebnisse? Andere Länder scheinen lauter zu rufen.

Auch national ist das politische Engagement für die Schifffahrt eher bescheiden. Es gibt die Tonnagesteuer, ja. Auch wurden erst jüngst weitere Erleichterungen, etwa beim Lohnsteuereinbehalt, geschaffen. Im Vergleich zu anderen Nationen ist das Alles jedoch ziemlich wenig und hat in Summe den Niedergang der deutschen Handelsflotte ebenso wenig bremsen können wie die zunehmenden Verwerfungen im Schiffbau und in der Zulieferindustrie. Nun von den Reedern mehr Schiffe unter deutscher Flagge einzufordern, wie gestern von Bundeskanzlerin Angela Merkel in Hamburg zu hören, ist zu kurz gesprungen.

Also dann doch eine direkte Förderung der Reeder durch Subventionen? Nein, das ist keine Alternative. Politische Durchsetzungskraft, Bedacht und Effizienz sind gefragt. Mit der gestern ausgerufenen Digitalisierung der maritimen Industrie allein wird es nicht gelingen, die Stärke der maritimen Wirtschaft in Deutschland zu wahren. Dies wäre allenfalls ein Baustein unter vielen. Intelligente Standortpolitik – national wie international – wird gebraucht. Ein Thema, das weit über den beginnenden Bundestagswahlkampf hinausreicht. Wohlklingende Worte, um Wähler zu ködern, braucht dagegen niemand…

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