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Die BLG betreibt im Neustädter Hafen in Bremen das größte Stück- und Schwergut-

terminal Europas. Trotz unsicherer Rahmenbedingungen erwartet der Betreiber für 2017 ein Umschlagwachstum und setzt auf Dienstleistungsqualität. Von Michael Meyer

Das gilt nicht nur für Bremen, sondern auch für das gesamte Geschäft in den bremischen Häfen, inklusive des »High & Heavy[ds_preview]«-Terminals in Bremerhaven, sagt Sven Riekers, Breakbulk-Verantwortlicher bei der BLG der HANSA. Im vergangenen Jahr gingen an den Standorten – zu annähernd gleichen Teilen – rund 2,2Mio.t über die Kaikanten. Während der Umschlag im Neustädter Hafen damit annähernd identisch mit dem Vorjahr war, gab es in Bremerhaven »ein leichtes Minus«.

Damit steht man vergleichsweise gut da. Zum Vergleich: Die Hafenorganisation bremenports meldete für 2016 einen Stückgutumschlag – ohne Fahrzeuge – von 4,04Mio.t – ein Rückgang um 8,74%. In Bremen ist neben der BLG noch Weserport im Stückgut-Markt aktiv, mit dem sich die BLG das Breakbulk-Geschäft mehr oder minder aufteilt. Als direkte Konkurrenz sieht man das Unternehmen, dessen Anteile zu 51 % von Rhenus und zu 49 % von ArcelorMittal Bremen gehalten werden, und das sich vorwiegend auf Stahl- und Massengutumschlag konzentriert, jedoch nicht.

Für das laufende Jahr erwartet Riekers an beiden Standorten Wachstum. »Wir sehen seit Jahresbeginn positive Signale: Der Ölpreis scheint sich zu stabilisieren. Das hat einen großen Effekt auf den Stahlmarkt und die Stahltransporte in die USA«, so der Experte.

Einen Zuwachs könne man außerdem bei Verladungen mit Komponenten für Windenergie-Anlagen beobachten. Als »stabile Grundlast« gilt im Unternehmen der Umschlag von Papier, Zellulose und Schnittholz. Schwankender verläuft das Geschäft mit Stahlgütern wie Rohre, Bleche oder Brammen sowie die Abfertigung von Projektladungen. Auch in Bremerhaven liefen die ersten Wochen des Jahres besser als erwartet.

Schwieriger sei allerdings eine weiterführende Prognose über einen größeren Zeitraum. Hier hat die BLG das gleiche Problem wie so viele in der maritimen Industrie. Die makroökonomischen und politischen Rahmenbedingungen sind derzeit schlicht nicht seriös vorherzusehen. Noch immer ist unklar, wie sich die Politik der neuen Regierung Trump in den USA auf die Handelspolitik und damit die Schifffahrtsnachfrage auswirken wird. Damit zusammen hängt auch das Agieren Chinas, das sich bereits als neuer Verfechter des freien Welthandels positionieren will. Doch auch Peking scheut sich erfahrungsgemäß nicht vor Strategiewechseln, je nachdem wie die arbeitsmarkt- und industriepolitische Stimmung im Inland ist.

Insofern ist es nicht verwunderlich, dass sich die BLG mit langfristigen Prognosen schwertut. Ein Großteil des Umschlags wird für Märkte in Nordamerika, China und zunehmend auch Vietnam abgewickelt. Gerade mit dem Transatlantik-Verkehr grenzt man sich ab, beispielsweise von Hamburg, wo ein stärkerer Fokus auf Fernost-Transporten liegt. Eine gewisse Abhängigkeit von der Konjunktur der USA und Chinas werde auch in Zukunft bestehen bleiben, heißt es seitens der BLG.

Ein anderer, traditionell wichtiger Markt für die bremischen Häfen und damit auch für die BLG, ist Afrika. Aktuell gibt es verschiedene Breakbulk-Liniendienste in den Norden des Kontinents. Unter anderem die Reedereien Sloman Neptun (Algerien und Libyen) oder auch MCL (Algerien) bedienen diese Routen. Ein relativ stabiles Geschäft. Zudem hat die Reederei Normed einen Dienst ins östliche Mittelmeer nach Israel, Ägypten und in die Türkei aufgenommen. Die iranische Staatsreederei IRISL fährt zwischen Bremen und dem Iran. MACS, Grieg Star und Hugo Stinnes pendeln mit Stopps in der Hansestadt zwischen Europa und den USA bzw. Mexiko.

Doch auf für Afrika ist ein langfristiger Ausblick schwierig, meint Riekers. Politische Krisen, Konflikte und instabile Regierungen führen zu Unsicherheiten. Libyen etwa war lange Zeit ein wichtiger Markt für die BLG, der jedoch seit einiger Zeit durch den inländischen Konflikt nach dem Sturz des langjährigen Diktators Gaddafi leidet.

»Westafrika ist kurzfristig kein großer Zukunftsmarkt, was zu einem Großteil auf den immer noch relativ niedrigen Ölpreis zurückzuführen ist«, so der Fachmann weiter. Für Staaten wie Nigeria oder Angola hat die Ölindustrie großen Anteil an der Wirtschaftskraft, doch sind angesichts des Ölpreises noch immer einige Förderprojekte auf Eis gelegt. Die Unsicherheit gilt auch für den Iran, dessen Markt zudem durch die wieder wachsenden Spannungen mit den USA beeinträchtigt werden könnte.

Was große Infrastruktur-Investitionen und damit auch die Bedienung mit Rohstoffen und »einfachen« Industriegütern angeht, dürften zudem China eine große Rolle spielen, weil die Volksrepublik ihre großen Investitionen nicht selten an die Lieferung chinesischer Waren und Rohstoffe koppelt – beziehungsweise zumindest deren Herkunft mitbestimmt. »Aus Europa kommt mittlerweile überwiegend Hightech-Equipment. Rohstoffe und einfache Stahlprodukte bezieht Afrika mittlerweile vorwiegend aus Fernost«, sagt Riekers, der aber dennoch einiges Potential für Maschinen- und Anlagen-Verschiffungen über BLG-Terminals sieht.

Im Wettbewerb mit anderen Umschlagstandorten in Nordwesteuropa – wie vor allem Hamburg, Rotterdam und Antwerpen – sieht sich das Unternehmen prinzipiell gut aufgestellt. Nicht nur bezeichnet man sich selbst als – auf die zur Verfügung stehende Fläche bezogen – größtes Breakbulk-Terminal Europas. Auch in puncto Qualität der Dienstleistung könne man einiges vorweisen und habe eine gute Position als Linienhafen, sagt Riekers.

Zu den Vorteilen zählt er auch, dass man gemeinsam mit den Landesbehörden an der administrativen Abwicklung von Anläufen und Abfertigungen gearbeitet habe. »Genehmigungen werden viel schneller erteilt, Wartezeiten haben sich signifikant reduziert«, so der Fachmann. Für viele Kunden sei das ein sehr wichtiges Argument, da man in Bremen in der Vergangenheit zum Teil lange auf die nötigen Genehmigungen habe warten müssen.

Was man in Bremen bereits geschafft habe, soll auch in Bremerhaven ausgebaut werden: weniger Investitionen in die klassische Infrastruktur als vielmehr neben seefähigen Verpackungen am Terminal auch die Verbesserung der Dienstleistungen und eine technische Partnerschaft mit Verladern und Exporteuren. »Wir wollen nicht mehr nur Kisten an Bord stellen, sondern gehen zunehmend in die Lager der Kunden, um den gesamten Transport mitzuplanen. Das erhöht die Effizienz und die Sicherheit, weil wir viel Know-how einbringen können«, betont Riekers.

Ins Hinterland ist das Areal über die A281, die Weser und den Mittellandkanal sowie über rund 18km Gleisanlagen auf dem Terminal und dem vorgelagerten Bahnhof Bremen-Grolland angebunden. Zu den wichtigen Kundenregionen gehören neben Nord- und Westdeutschland auch der Süden bis Stuttgart, Bayern und Österreich, wo viele Baumaschinenhersteller sitzen.

Aber: Die Geographie bestimmt vieles. Nordrhein-Westfalen mit seiner Industrie ist für die bremischen Häfen wie für Rotterdam und Antwerpen ein enorm wichtiges Einzugsgebiet, die Konkurrenz ist sehr groß. Für bestimmte Standorte wie Duisburg hat etwa der belgische Hafen immer einen gewissen geographischen Vorteil. Doch die BLG setzt auf ihre eigenen Stärken. Dazu zählt Riekers unter anderem, dass sowohl in Bremen als auch in Bremerhaven alle Liniendienste von jeweils einem Terminal abgewickelt werden. Dadurch fallen eventuelle Verlegungen von Ladungen oder Teil-Abfertigungen an verschiedenen Terminals weg.

Riekers und sein Team wollen kontinuierlich die Möglichkeiten ausloten: »An der Geographie können wir nichts ändern. Also schauen wir uns an: Welche Wettbewerbsfaktoren können wir beeinflussen?«
Michael Meyer