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Insbesondere im Schiffsbetrieb ist der Einsatz von LNG trotz der prinzipiellen Attraktivität als alternativer Kraftstoff immer noch eine Herausforderung. Eine Reihe von technischen Besonderheiten müssen auch in Chartern berücksichtigt werden. Es gibt einige Aspekte, die bei der Verhandlung und der Gestaltung der Klauseln zu bedenken sind

Zeitchartern erfordern dabei besondere Aufmerksamkeit, da hier die Verantwortung für die »Infrastruktur« (beim Reeder) sowie die Treibstoffbeschaffung und den kommerziellen[ds_preview] Einsatz (jeweils beim Charterer) genau zu regeln sind. Bei einer Reisecharter hingegen stehen Einsatzgebiet und Ladung schon weitgehend fest, während der gesamte Schiffsbetrieb dem Reeder obliegt. Hier gibt es also deutlich weniger Schnittstellen mit Streitpotenzial.

Schon bei der Schiffsbeschreibung ist in einer Zeitcharter größte Sorgfalt geboten. Ungenauigkeiten oder Fehler können später zu erheblichen Auseinandersetzungen zwischen den Parteien führen. Neben der Bezeichnung des LNG-Tanktyps muss vor allem dessen Kapazität benannt werden. Zusammen mit den ebenfalls anzugebenden Verbrauchswerten des Schiffes ergeben sich so dessen Einsatzradius und damit eine wesentliche Planungshilfe für den Charterer. Denn er wird anhand dieser Daten zumindest in Zeiten unterschiedlich guter Betankungsinfrastruktur seine Reisen planen.

Bei der Beschreibung des LNG-Tanktyps dürfte aus Sicht des Charterers als demjenigen, der in der Regel für die Bezahlung des Treibstoffes verantwortlich ist, wichtig sein, auch die nominale LNG Boil-Off-Rate (die Gasverlustrate aus dem Tank) aufzunehmen. Diese wird bei doppelwandigen, vakuumisolierten Tanks regelmäßig bei 0,1–0,3 % pro Tag liegen. Es sind Situationen denkbar (bspw. ausschließliche Nutzung von HFO bei einem Dual- Fuel-Schiff), in denen das Boil-Off-Gas nicht genutzt wird. Liegt die Rate dann über dem in der Schiffsbeschreibung angegebenen Wert, kann ein unzulässiger »Mehrverbrauch« des Schiffes mit der Folge von Ersatzansprüchen vorliegen.

Soweit es die Verbrauchswerte des Motors angeht, sollten die Regeln aus »herkömmlichen« Chartern übernommen werden können. Zu denken ist also an die genaue Festlegung der Strecken, zwischen denen der Verbrauch gemessen wird (keine Revierfahrt), Toleranzen (»about«), Einflüsse von Strom, Welle und Wind. Genauso wie mit »normalem« Kraftstoff, können Ungenauigkeiten oder Fehler hier zu einer späteren Haftung des Reeders führen.

Weiter dürfte eine Regelung zur Kraftstoffqualität sinnvoll sein.

Die Zusammensetzung von LNG unterscheidet sich je nach Provenienz insbesondere in der Methanzahl und dem unteren Heizwert, der direkten Einfluss auf den Kraftstoffverbrauch hat. Gerade die Methanzahl muss jedoch den Vorgaben des Maschinenherstellers entsprechen, um eine optimale Verbrennung des LNG zu gewährleisten. Ob tatsächlich Verbrennungsprobleme bei Verwendung verschiedener LNG-Zusammensetzungen eintreten, scheint derzeit noch unklar.

Problematisch ist an dieser Stelle auch, dass ein Sampling des LNG beim Bunkern nicht möglich ist und sich alle Parteien ausschließlich auf das vom Lieferanten bereitgestellte LNG-Zertifikat verlassen (müssen). Es bietet sich daher an, zu vereinbaren, dass die LNG-Qualität den Angaben des jeweiligen Maschinenherstellers zu entsprechen hat. Sollte es durch die Verwendung anderer, ungeeigneter LNG-Qualitäten zu Schäden an den Maschinen oder sonstigen Anlagen des Schiffes kommen, stünden dem Reeder Ersatzansprüche zu. Zumindest bei Dual-Fuel-Schiffen wird außerdem auch eine Qualitätsregelung für den Dieselkraftstoff interessant sein. Dabei dürfte weniger die Verwendung von Diesel als Pilotöl eine Rolle spielen als vielmehr der ebenfalls mögliche reine Dieselbetrieb.

Ein weiteres vertragsrelevantes Thema sollte der Umgang mit Problemen bei der Versorgung des Schiffes mit LNG sein. Einheitliche Standards müssen sich noch etablieren genauso wie eine allgemein verfügbare gute Infrastruktur. Hier wird es regelmäßig dem Zeitcharterer obliegen, dem Lieferanten mitzuteilen, welches Equipment und welche dazugehörige Technik sich an Bord befinden.

Ebenfalls in diesen Problemkreis fällt das Risiko von zu niedrigen Betankungsraten wegen etwa eines zu geringen Tankrohrdurchmessers oder des Anlaufens eines Hafens, in dem die Betankungsmöglichkeiten mit LNG nur rudimentär sind. Es muss daher geregelt sein, wer welches Risiko trägt, wobei dieses und die damit einhergehenden zeitlichen Verzögerungen bzw. Mehrkosten bei der Bebunkerung mit Marinediesel wohl zu Lasten des Charterers gehen dürften. Schließlich ist dieser auch für den Schiffsfahrplan verantwortlich und muss daher für einen »betankungsfreundlichen« Einsatz sorgen.

Aber auch bei der Charterrate ist Regelungsbedarf denkbar. Neben den umweltrechtlichen Anforderungen ist ein Anreiz für einen LNG-Antrieb trotz höherer Bau-/Umrüstungskosten die erwartete Kostenersparnis im Betrieb. Dass ein Charterer allein wegen der Antriebsart eine höhere Rate bezahlt, ist unwahrscheinlich. Daher könnte ein Reeder etwa für die Bestimmung der Charterrate als zusätzliches Element einen dynamischen Verteilungsschlüssel basierend auf der Preisdifferenz zwischen LNG und Marinediesel vorschlagen. So könnte man vorsehen, dass die Charterrate in einem bestimmten Verhältnis zur Preisdifferenz ansteigt. So partizipieren beide Parteien an fallenden Betriebskosten.

Viele Fragen sind also zu bedenken und zu klären. Neben den genannten dürften auch Themen wie Crew-Training, Fahrtgebietseinschränkungen und vieles mehr regelungsbedürftig sein. Gerade weil es bislang noch an Erfahrung fehlt, muss auf eine präzise Vertragsgestaltung geachtet werden. Für die ersten »Anläufe« sollten sich daher die Parteien Zeit für die Verhandlung nehmen und – idealerweise – eine Überprüfung der Praxistauglichkeit der Charter nach einem bestimmten Zeitraum vereinbaren. So wäre dem zu erwartenden Lerneffekt beider Vertragsseiten Rechnung getragen.

Hendrikje Herrmann, Tobias Eckardt, Martin Rosenzweig