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Die Frage nach der Haftung von Lotsen ist vermutlich genau so alt wie das Lotswesen selber.

Heute haftet der Lotse[ds_preview] gemäß dem Seelotsgesetz nur für solche Schäden, die er vorsätzlich oder grob fahrlässig verursacht hat. Dadurch soll einer angemessenen Verteilung des Haftungsrisikos bei einer schadensgeneigten Tätigkeit Rechnung getragen werden, dies bedeutet gleichzeitig aber auch eine gesetzlich verankerte Besserstellung gegenüber anderen gefahrträchtigen Berufen und Freiberuflern.

In der Folge hat der Reeder somit stets die Folgen leicht fahrlässiger Schadensverursachung durch den Lotsen zu tragen. Hier könnte man durchaus die Frage stellen, warum das so sein soll, ist doch die Schadensvermeidung der grundlegende Sinn und Zweck der Beratung durch den Lotsen mit seinen speziellen Kenntnissen um die Besonderheiten des jeweiligen Reviers.

Der Reeder zahlt schließlich ein – wie das Gesetz ebenfalls formuliert – der Verantwortung des Lotsen angemessenes Lotsgeld. Die im Seelotsgesetz verankerte Regelung mit der Haftungsprivilegierung des Lotsen stellt bereits hohe Hürden für seine Haftbarhaltung auf, für eine weitergehende Privilegierung besteht kein Anlass.

Dies würde bedeuten, dass der Lotse in der Praxis nur in absoluten Ausnahmekonstellationen bzw. bei einer absichtlichen Schadensherbeiführung haften würde. Und würde der Lotse überhaupt nicht mehr haften, wäre dies in Form von signifikant niedrigeren Lotsgeldern zu berücksichtigen, schließlich würde die Verantwortung des Lotsen geringer werden.

Nicht nachvollziehbar ist zudem das manches Mal vorgebrachte Argument, es bestehe eine deutliche Diskrepanz zwischen der Höhe des Lotsgeldes sowie dem Haftungsrisiko. Trotz acht Jahren Schifffahrtskrise gehören die Lotsen unzweifelhaft zu den Besserverdienern der maritimen Branche mit einer hohen Jobsicherheit und stabilen Einkünften auf hohem Niveau, insbesondere im Vergleich zu anderen Freiberuflern oder so manchem Kapitän, an dessen Gehalt sich ja die Sollbetriebseinnahme eines Lotsen orientieren soll.

Mit Blick auf die Bedeutung der Tätigkeit der Lotsen für die Sicherheit von Crew, Schiff und Ladung sowie der Umwelt, sollen die Lotsen auch gut und angemessen entlohnt werden. Gleichwohl ist ihnen sicherlich aufgrund der guten Einnahmesituation bei der Eindeckung mit einer Versicherungspolice gegen Haftungsrisiken mehr zu zumuten als anderen Berufsgruppen, auch wenn die Prämien aufgrund der jüngsten Unglücke – an denen auch Lotsen beteiligt waren – gestiegen sind. Die Versicherbarkeit des Haftungsrisikos ist nach wie vor gegeben, nur nicht zu den sehr komfortablen Konditionen wie früher.

Auch das Argument, in anderen europäischen Ländern würden die Losten ebenfalls nicht haften, verfängt nicht. Soweit dieses der Fall ist, heißt es ja nicht, dass es richtig ist. Zudem ist zu berücksichtigen dass die Organisationsweise der Lotsen und auch das Niveau ihrer Einkünfte in Europa sehr unterschiedlich ist. Auch in anderen Ländern werden die bestehenden Haftungsprivilegien diskutiert, z.B. sehr intensiv in Italien. Eine zumindest europaweit einheitliche Beantwortung dieser wichtigen Frage wäre in jedem Fall wünschenswert. Die Chance, solche Fragen im Zusammenhang mit dem »Port Package 3«-Vorhaben zu diskutieren, wurde leider versäumt. Vielleicht kann dieses in naher Zukunft an anderer Stelle nachgeholt werden.
Alexander Geisler