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Bei Rickmers blieb die HSH Nordbank hart und schickte das Unter­nehmen in die Insolvenz. Dem Reeder Heinrich Schoeller werden dagegen 800 Mio. $ an Schulden erlassen.

Beides dient der radikalen Bereinigung des Schifffahrtsportfolios. Von Krischan Förster

Rund 5Mrd. € an Risikovorsorge hat die Landesbank der Länder Hamburg und Schleswig-Holstein gebildet. Und diese Rücklagen, vornehmlich finanziert und[ds_preview] abgefedert durch insgesamt 10Mrd. € an Ländergarantien, werden jetzt konsequent genutzt, um sich von Altlasten zu befreien.

Auf 7–8Mrd. € will der einst weltgrößte Schiffsfinanzierer sein Kreditportfolio abschmelzen, noch vor zehn Jahren waren es mehr als 33Mrd. €, derzeit sind es noch 16Mrd. €. Um dieses Ziel zu erreichen und sich im laufenden Verkaufsprozess den asiatischen und US-amerikanischen Investoren als möglichst attraktive »Braut« zu präsentieren, ist nicht nur das Neugeschäft faktisch eingefroren worden. Auch im bestehenden Kreditbestand wird radikal aufgeräumt.

Rickmers war das bislang prominenteste »Opfer«. Statt der geplanten Restrukturierung zuzustimmen und diese mitzufinanzieren, wurde der »Stecker gezogen«. Die Reedereigruppe ist seit Anfang Juni in der Insolvenz. Jetzt wird der »Wal« zerlegt: Fünf MPP-Schiffe gingen bereits an die Bremer Zeaborn-Gruppe, um die verbliebenen Filet-Stücke, die werthaltigen Assets der Gruppe wie die modernen Containerschiffe und die Beteiligungen wie Harper Petersen, bewerben sich dem Vernehmen nach bis zu 20 Interessenten aus aller Welt. Was am Ende übrig bleibt, gilt als offen.

Die HSH Nordbank habe zu lange ihre »faulen« Kredite gehalten, hieß es oft auf der Kritikerseite. Nach den politischen Wogen um den Schuldenschnitt für den Hamburger Reeder Bernd Kortüm (547Mio. € für die Norddeutsche Reederei H. Schuldt) hatten vermutlich Viele angenommen, dass sich ein solcher Fall nicht wiederholen würde.

Doch dann kam Anfang August der überraschende Schuldenerlass für Heinrich Schoeller, die Summe ist sogar noch einmal deutlich höher als bei Kortüm: Der Holding mit Sitz auf Zypern, mit mehr als 1,5Mrd. € der größte verbliebene Einzelschuldner der Bank, sollen Schulden in Höhe von rund 800 Mio. $ erlassen werden.

Der entscheidende Unterschied zu Rickmers, nach Lesart der HSH: Die geplante Fusion der Schoeller-Gruppe mit Marlow Navigation zu einem der weltweit größten Shipmanager für Bereederung und Crewing sorge für eine wirtschaftliche Perspektive und ein tragfähiges Geschäftsmodell.

Die HSH verzichtet auf rund 60% ihrer Forderungen. Eine mögliche Insolvenz war vom Bankvorstand offenbar als das größere und teurere Risiko bewertet worden. Der geplante Schuldenschnitt könne dagegen die drohenden Verluste minimieren, heißt es. Dies war nach HANSA-Informationen aber längst einkalkuliert und durch die Risikovorsorge der Bank ausreichend abgedeckt.

Besserungsschein von Schoeller

Außerdem gibt es einen Besserungsschein von Schoeller. Dieser sieht vor, dass künftig alle Einnahmen aus dem Schiffsbetrieb jenseits von Betriebskosten und Kreditdienst an die HSH Nordbank fließen, um den tatsächlichen Schuldenerlass zu verringern. Schoeller beteiligt sich zudem mit einem Eigenbetrag von 149Mio. $ an der Sanierung, das Geld fließt direkt an die HSH Nordbank.

Schoellers Flotte zählt derzeit 21 große Heavy-Lift-Frachter mit einer Tragfähigkeit von bis zu 32.000t bei dem MPP-Ableger AAL, außerdem 19 Containerschiffe (1.200–2.800TEU), neun Produktentanker (40.000–73.000 dwt) sowie ein Chemikalientanker (12.800 dwt).

Die Firma Columbia Shipmanagement war 1978 gegründet worden. Das Unternehmen managt 380 Schiffe und beschäftigt insgesamt 14.000 Mitarbeiter in der technischen Bereederung und im Crew Management.

Marlow Navigation wurde 1982 von Hermann Eden, ebenfalls in Limassol auf Zypern, gegründet. Derzeit stehen nach Unternehmensangaben für rund 130 Kunden mehr als 1.000 Schiffe mit rund 14.000 Seeleuten im Crew Management und 79 Schiffe im technischen Management unter Vertrag.


Krischan Förster