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Der kräftige Anstieg der Frachtraten setzt Seefrachtspeditionen unter Druck, weil sie Preissteigerungen nur verzögert an Ladungseigner weiterreichen können. Hohe Volumenzuwächse sind erforderlich, um die Erträge zu stützen. Von Michael Hollmann

Das Jahr 2017 entwickelt sich recht gut für die Seeverkehrswirtschaft: Das Wachstum im Containerverkehr nimmt wieder Fahrt auf, und auch[ds_preview] die Frachtraten haben merklich angezogen. Die Spotfrachten ex China lagen laut dem Shanghai Index SCFI im ersten Halbjahr monatlich im Durchschnitt 40 bis 80% über dem Vorjahresniveau.

Für Speditionen, die Seefrachtlösungen an Ex- und Importeure verkaufen, sind hohe Raten zwar grundsätzlich vorteilhaft. Aber in der Übergangsphase, wenn die Raten schnell ansteigen, kommen die Frachtlogistiker schon mal massiv unter Druck. Denn es gelingt ihnen meist nur mit zeitlicher Verzögerung, die Erhöhungen der Carrier-Preise an Ex- und Importeure weiterzugeben.

Die Folge: Die Gewinnmargen geraten vorübergehend in Mitleidenschaft. So fallen auch die Halbjahresergebnisse der führenden Speditionen sehr durchwachsen aus. Bei den meisten ist der Rohgewinn (Umsatz abzüglich Zoll, Transportkosten/Fracht etc.) – als weitaus wichtigere Kennzahl für die Ertragskraft als der Umsatz – gesunken. Dabei haben sich die Dienstleister bemüht, ihre Transportvolumina stark auszubauen, um so den Rohgewinn trotz gesunkener Bruttomarge pro Container möglichst stabil zu halten.

Der höhere Dispositionsaufwand bringt freilich Mehrkosten mit sich, die dazu führten, dass die Betriebsergebnisse (EBIT) noch stärker rückläufig waren als der Rohgewinn. So steht die finanzielle Entwicklung in der auf See- und Luftfracht ausgerichteten Speditionswelt im bisherigen Jahresverlauf im deutlichen Gegensatz zu den verbesserten Ergebnissen bei den Linienreedereien.

Kühne + Nagel

Marktführer Kühne + Nagel (K+N), der aufgrund seiner Profitabilität als Benchmark für die Branche gilt, konnte sich dem Trend nicht widersetzen. Um die Ertragslage bestmöglich zu stützen, nahm der Konzern deutlich mehr Geschäft an. Das Seefrachtvolumen wurde um knapp 8% auf mehr als 2,1 Mio. TEU ausgeweitet – das Wachstum war fast doppelt so hoch wie im Markt des containerisierten Überseeverkehrs, das K+N genauso wie verschiedene Wettbewerber für das erste Halbjahr auf rund 4% taxiert.

Hohe Mengenzuwächse verzeichnete das Unternehmen nach eigenen Angaben im Lateinamerikaverkehr sowie auf den Transatlantik- und Transpazifikrouten. Auch Spezialitäten wie Kühlcontainerverkehre sollen stark ausgebaut worden sein.

Trotz des vergrößerten Geschäftsumfangs fiel der Rohgewinn des Konzerns allein im Geschäftsbereich Seefracht in den ersten sechs Monaten jedoch um 2,7% auf umgerechnet rund 628 Mio. €. Schuld daran war eine um rund 10% niedrigere Bruttomarge pro Container. Im zweiten Quartal verdiente K+N durchschnittlich 321 CHF (281 €) pro TEU, im ersten Quartal 328 CHF pro Standardcontainer. Im Vorjahr waren es noch 369 bzw. 350 CHF pro TEU gewesen. Der erhöhte eigene Aufwand ließ das Betriebsergebnis im Seefrachtbereich bei K+N sogar um circa 10,0% auf umgerechnet 181 Mio. € nach unten rauschen. Gleichwohl steht der Marktführer trotz des Einbruchs in Sachen Profitabilität innerhalb seiner »Peer Group« immer noch an der Spitze.

DHL Global Forwarding

Die Speditionsabteilung der Deutschen Post – DHL Global Forwarding – konnte den Rückgang des Ergebnisses dank überdurchschnittlichen Volumenwachstums auf rund 11% begrenzen. Auf Seefrachtebene bricht der Konzern seine Finanzzahlen nicht ganz herunter, so dass man sich mit dem EBIT für den gesamten Speditionsbereich inklusive Luftfracht und Landverkehr begnügen muss. Es belief sich auf 107Mio. € (1. Hj. 2016: 120 Mio. €).

Der Rohgewinn der Seefrachtsparte sei um 3,2% gesunken, erwähnt Deutsche Post DHL an einer Stelle. Beim Volumen gelang immerhin ein Sprung um 6,5% auf mehr als 1,59 Mio. TEU im ersten Halbjahr, wobei der Asien-Europa-Verkehr und der Transpazifikverkehr als Wachstumsbringer genannt werden.

Augenscheinlich hat sich auch das (seefrachtlastige) Projektlogistikgeschäft für das Unternehmen wieder besser entwickelt. Aus einer Erläuterung zu den unter »Sonstigen« genannten Umsätzen geht hervor, dass die Sparte kräftig um fast 44% auf 277,5 Mio. € zugelegt haben muss. Auch der Rohertrag in diesem Spezialgeschäft soll sich um 7,6% verbessert haben.

Bei Analysten stoßen die jüngsten Zahlen auf ein positives Echo, auch weil sich die Ertragslage – mittelfristig betrachtet – stabilisiert zu haben scheint. Hohe Wertberichtigungen auf ein falsch konzipiertes Speditions-IT-System hatten die Sparte im Jahr 2015 schwer belastet. Analysten von Warburg Research sprechen inzwischen von einem »Hoffnungsschimmer beim Forwarding« unter Verweis auf den relativ geringen EBIT-Rückgang, welcher auf eine Verbesserung der »Funktionskostenbasis« schließen lasse. Im Vergleich zu K+N liegt die EBIT-Marge (EBIT zum Umsatz) bei DHL Global Forwarding mit 1,5% aber nach wie vor sehr niedrig.

DB Schenker

Bei DB Schenker, der Speditionstochter der Deutschen Bahn, wirkt die Entwicklung im ersten Halbjahr auf den ersten Blick erfreulicher als bei K+N und DHL. Immerhin meldet der Konzernbereich einen Anstieg des EBIT um 4% auf 208 Mio. €. Die Einnahmen werden allerdings nicht auf einzelne Verkehrsträger aufgeschlüsselt, sondern umfassen auch hier Seefracht, Luftfracht, Landverkehr und Kontraktlogistik zusammen.

Aus den Erläuterungen im Zwischenbericht des Konzerns für DB Schenker lässt sich aber klar herauslesen, dass die Seefracht in Bezug auf die Gewinnentwicklung eher ein Klotz am Bein war. Die »schwache Entwicklung in der Seefracht« habe die positive operative Ergebnisentwicklung »teilweise kompensiert«, heißt es dort etwas umständlich. Einerseits stieg das Buchungsvolumen in der Seefracht kräftig um fast 9% auf mehr als 1,06 Mio. TEU an, andererseits konnten »die gestiegenen Frachtraten nur teilweise an die Kunden weitergereicht werden«, heißt es.

Panalpina

Deutlich angeschlagen präsentiert sich die Schweizer Spedition Panalpina, deren Durchschnittsmarge pro Container so gravierend nachgab, dass die Seefrachtsparte des Unternehmens sogar mit umgerechnet knapp –2,4Mio. € (EBIT) in die roten Zahlen rutschte. Ihr Ladungsvolumen steigerte die Spedition zwar um 5% auf 757.000 TEU, doch die Rohgewinnmarge pro Transporteinheit brach um 12% ein.

Pro gebuchtem Container machten die Schweizer somit durchschnittlich 3 € Verlust. Vorstandschef Stefan Karlen stellt den Aktionären für das zweite Halbjahr eine Rückkehr in die Gewinnzone für das Seefrachtgeschäft in Aussicht, gestützt auf Prozessanpassungen und eine Restrukturierung der Organisation.

DSV Air & Sea

Im Aufwind befindet sich dagegen der dänische Speditionskonzern DSV, der in Bezug auf Kostenbasis und Geschäftsvolumen dank der Integration des im Vorjahr übernommenen Wettbewerbers UTi beträchtliche Fortschritte erzielt hat. Mit seinen hohen Synergieeffekten befindet sich das Unternehmen aber klar in einer Sonderrolle. So gelang es den Dänen, das Betriebsergebnis (EBIT) der Sparte See- und Luftfracht um fast 64% auf umgerechnet 206 Mio. € anzuheben – und das, obwohl die Margen ebenfalls spürbar sinken: in der Seefracht um 7% auf immer noch glänzende 433 € pro Standardcontainer. Daran sind die hohen Produktivitätsreserven des integrierten Konzerns erkennbar. Das gebündelte Seefrachtvolumen lag im ersten Halbjahr bei mehr als 690.000 TEU (+9,6%).

Expeditors

Die US-Spedition Expeditors, die laut der britischen Marktforschungsfirma Transport Intelligence im vergangenen Jahr mit 1,08 Mio. TEU disponierter Ladung Platz 8 unter den großen Seefrachtspedition belegte, konnte die Auswirkungen rückläufiger Margen auf ihr Ergebnis einigermaßen abfedern. Das Betriebsergebnis und der Nettogewinn gaben jeweils um 5% auf rund 314 Mio. $ und 202 Mio. $ nach.

Das Ladungsaufkommen gemessen in TEU sei um 4% gewachsen, teilte das in Seattle ansässige Unternehmen mit, ohne ein absolute Zahl zu nennen. Expeditors führt die recht stabile Performance auf Effizienzgewinne in der Auftragsabwicklung zurück. Zudem seien zum Ende des ersten Halbjahres hin Ratenerhöhungen bei den Kunden durchgesetzt worden, die sich im weiteren Verlauf positiv auswirken sollten.


Michael Hollmann