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Die Stimmung im Mehrzweck- und Schwergutmarkt ist noch weit von Zufriedenheit entfernt. Einige Akteure haben aber offenbar noch Aktionspotential, wie jüngste Transaktionen zeigen. Die Charterraten erholen sich indes langsam aber stetig. Von Michael Meyer

Gäbe es in der MPP-Branche einen Messwert wie den Geschäftsklimaindex des ifo-Instituts, würde der nicht sonderlich positiv ausfallen[ds_preview]. »Gefühlt« ist die Lage nach wie vor schlecht bis dramatisch. Niedrige Frachtraten und ein zum Teil ruinöser Preiskampf lasten auf dem Sektor. Das liegt auch in den ökonomischen Rahmenbedingungen begründet, weil es nicht ausreichend große Industrieprojekte gibt, die für die MPP-Schifffahrt so wichtig sind. Nach Jahren der Krise auf wichtigen Weltmärkten und im Öl-/Gas-Segment werden erst langsam wieder größere Projekte initiiert. Bis das zu einer signifikant höheren Nachfrage nach Verschiffungen führt, könnte es aber noch dauern.

Einen wichtigen Index, der sich weniger auf Erwartungen als vielmehr auf konkrete Daten stützt, gibt es aber für die MPP-Branche. Und der nährt tatsächlich Hoffnung. Nach einem kontinuierlichen Rückgang hat sich der Timecharter-Index des Hamburger Maklers Toepfer Transport seit März stabilisiert und ist sogar leicht gestiegen. Im August legte der Wert für eine 6-12-Monatscharter eines 12.500-Tonners des klassischen F-Typ auf knapp über 6.300$ zu. Das ist zwar immer noch relativ weit von ehemaligen Höchstwerten entfernt, aber immerhin eine Verbesserung zu Februar und März.

Auslöser für das höhere TMI-Niveau sind vor allem einige längerfristige Projekte. Bei Toepfer Transport sieht man das Potential, dass der aktuelle Trend zu einer weiteren Steigerung der Raten »in den kommenden Monaten« führen könnte. Begründet wird die Annahme im aktuellen Marktbericht damit, dass »einige Operateure sich Tonnage langfristig gesichert haben, mit einer steigenden Ratenstruktur im zweiten Chaterjahr.« Darüber hinaus beziehungsweise in Kombination damit nennen die Analysten weitere Variablen. Zum Einen die Ladungsseite: Wenn man davon ausgehe, dass die Frachtraten den »absoluten Tiefpunkt« erreicht hätten, mache es Sinn, sich größere Volumen auf längerfristiger Basis zu sichern, gefolgt von der Sicherung ausreichender Tonnage durch Carrier für eben diese Ladungsvolumina. Zum Anderen könne auch die zuletzt sehr rege Aktivität im An- und Verkaufsmarkt (S&P) ein Indikator für eine verstärkte Nachfrage sein, heißt es weiter.

Banken ziehen vermehrt Stecker

Der S&P-Markt erlebt tatsächlich eine Hausse. Das zweite Quartal gilt als eines derjenigen mit der höchsten Aktivität der vergangenen Jahre. Bei Toepfer Transport zählt man mehr als 40 Transaktionen.

Eines der bekanntesten Beispiele ist der Kauf von fünf Rickmers-Schiffen durch die Bremer Reederei Zeaborn, die die Rickmers-Linie selbst bekanntlich im April übernommen hatte – allerdings ohne Schiffe.

Auch der noch relativ junge Carrier d.ship mit dem Speditionskonzern deugro im Rücken ist aktiv. So wurden zuletzt drei zusätzliche Schiffe eingechartert. Explizit nicht ausgeschlossen wird, Schiffe zu kaufen. Gespräche laufen bereits.

Die Toepfer-Experten gehen davon aus, dass viele Verkäufe von den finanzierenden Banken entscheidend vorangetrieben werden. Selbst unter extrem hohem Druck, ihre milliardenschwere, maroden Kreditportfolios zu bereinigen, ziehen sie offenbar bei immer mehr Schiffsgesellschaften und Reedereien den Stecker.

Das Vertrauen der Finanzierer in die Fortführungsfähigkeit schwinde wohl zunehmend, was auch auf den Schweizer Staat zutrifft, der die Staatsgarantie für die Schweizer Hochseeflotte zurückfährt, wodurch zahlreiche Einheiten der Enzian Ship Management / Swiss Cargo Line den Besitzer wechseln. Die neun und zwölf Jahre alten 12.500-Tonner brachten jedoch lediglich 3,8Mio. $ ein. Käufer ist dem Vernehmen nach der libanesisch-kanadische Geschäftsmann Talal Hallak von U-Ship mit Unterstützung der Group Mach. Einer der entscheidenden Preisfaktoren dürfte die mit 2 x 80t relativ niedrige Krankapazität der Schiffe sein. Für die gleiche Schiffsgröße mit 240 bis 360t Kapazität führt Topefer Transport einen Secondhand-Preis von aktuell 5,5Mio. $.

Es gibt einige Akteure – die es sich leisten können – und Beobachter, die den erhöhten Druck der Banken dann für einen den Umständen entsprechend guten Weg halten, da vor allem im klassischen MPP-Geschäft noch signifikant zu viel Tonnage im Markt ist. Hilfreich ist es vor allem dann, wenn die erzwungenen Verkäufe nicht nur zu Eignerwechseln, sondern auch zu Verschrottungen führen. Das würde Druck von der Flotte nehmen, so das Kalkül, wie es auch in anderen Segmenten zu beobachten ist. Allerdings wurde in der Vergangenheit auch deutlich, dass bei niedrigen Preisen aus Notverkäufen viele Frachter noch einen Abnehmer finden, der sie dank der günstigen Finanzierung weiterbetreibt und mit niedrigen Raten die erhoffte Entlastung sogar ins Gegenteil verkehrt. Vor derartigen Entwicklungen ist auch die MPP-Branche nicht gefeit.

Ein weiterer Grund für die S&P-Hausse dürfte die Modernisierung der Flotten bei einigen Carriern sein. Mit BBC Chartering aus Leer verfolgt einer der wichtigsten Akteure eine solche Strategie, was zu vielen Transaktionen führt.

In Zeiten von Überkapazitäten sind die Qualität der Schiffe und ihre Krankapazität enorm wichtige Faktoren im Wettbewerb um gut zahlende Ladung. Entsprechend erwarten die Toepfer-Analysten kein allzu schnelles Ende des Trends: »Es sind noch einige Deals in der Pipeline.« Abzuwarten bleibt wie sich die Treiber der Entwicklung verhalten, wenn sich die Preise wieder ändern. Im Vergleich zum Vorquartal blieben die Werte für zehn Jahre alte 30.000- (640-700t Krankapazität) und 12.500-Tonner (240-360t) zuletzt stabil bei 8Mio. $ bzw. 5,5Mio. $. Eine leichte Steigerung von 3,75 auf 4Mio. $ gab es lediglich bei 9.000-Tonnern (120-160t).

Bei einem der Großen der Branche klingt es pessimistisch: Dort sieht man zwischen denen, die sich von Altlasten befreien und denen, die die Bedingungen für Expansionen nutzen, solche, die wohl nicht »überleben« könnten, vor allem Tramp-Reeder. (Der Toepfer-Report nennt als Beispiele etwa die Reedereien Eckhoff und Gerd Görke.) »Diese Gruppe ist verhältnismäßig groß«, heißt es hinter vorgehaltener Hand. So könnte sich die Zahl der »Kleinen« weiter reduzieren.


Michael Meyer