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Die 25,8 Mio. t umgeschlagener Güter im ersten Halbjahr 2017 ermutigen die Hafen-verantwortlichen, weiter in die Standorte zu investieren. Auf dem 27. niedersächsischem Hafentag war dies eines der bestimmenden Themen.

Wirtschafts- und Verkehrsminister Olaf Lies zeigte sich erfreut über die Umschlagsteigerung der niedersächsischen Häfen in Höhe von 8% gegenüber dem[ds_preview] ersten Halbjahr 2016. Dies bestätige den Erfolg gezielter Investitionen. »Diesen Weg werden wir fortsetzen und damit auch künftig die Wettbewerbsfähigkeit aller Standorte stärken«, kündigte der SPD-Politiker vor den mehr als 300 Gästen in Cuxhaven an. In diesem Jahr will er dafür insgesamt 52Mio. € bereitstellen und 2018 die Hafengesellschaft Niedersachsen Ports (NPorts) mit zusätzlichen 10Mio. € für zukünftige Projekte ausstatten. Insgesamt sieht er »glänzende Perspektiven« für die neun Standorte.

Entscheidende Faktoren für eine Fortsetzung der positiven Entwicklung seien die Fahrrinnenanpassung von Ems und Weser sowie leistungsfähige Hinterlandanbindungen. Der Bundesverkehrswegeplan (BVWP) 2030 setze für Niedersachsens Häfen die richtigen Schwerpunkte, so der Minister. Um die Seehäfen in Brake und Nordenham sowie in Emden, Leer und Papenburg weiterzuentwickeln und deren Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten, seien die Fahrrinnenanpassungen der beiden Flüsse von allerhöchster Bedeutung, betonte auch Inke Onnen-Lübben, Geschäftsführerin von Seaports of Niedersachsen.

Kürzlich hat NPorts in Brake eine neue 160t schwere Materialumschlagmaschine in Betrieb genommen. Dadurch soll der Umschlag leistungsstärker und flexibler werden. Außerdem rüstet man sich damit für die gemäß der Seeverkehrsprognose 2030 vorhergesagten Umschlagszuwächse von durchschnittlich 4,1% pro Jahr.

Das Umschlaggerät des Typs Liebherr LH 150 M ist fast 9m hoch, gut 8m breit (mit den ausgefahrenen Stützplatten sind es sogar 9,30m) und hat einen Ausleger von beinahe 30m. Mit der hydraulischen Lastensteuerung, über die das neue Gerät verfügt, habe die Hafengesellschaft bereits seit etwa acht Jahren an anderer Stelle gute Erfahrungen gemacht, heißt es. Durch die Hydraulik werde ein Pendeln der angeschlagenen Geräte und Güter verhindert, weshalb eine punktgenaue und zeitsparende Verladung möglich sei. Ferner könnte eine Kraftstoffersparnis von rund 30% sowie eine Reduzierungen von Schadstoff- und Lärmemissionen erreicht werden, sagt Holger Banik, Geschäftsführer von NPorts und der JadeWeserPort Realisierungsgesellschaft.

Ausbau in Brake

Durch die landseitige Ertüchtigung der Südpier und den zweiten Großschiffliegeplatz schafft NPorts als Hafeninfrastrukturbetreiber darüber hinaus in Brake eine Anlegemöglichkeit für ein zweites Schiff mit einer Länge von 270m und einem Tiefgang von bis zu 11,90m. Aufgrund von statischen Herausforderungen habe es jedoch Verzögerungen bei der Fertigstellung gegeben, die nunmehr im 4. Quartal dieses Jahres erwartet wird. Durch die technische Weiterentwicklung von Gleisen und Kranbahnen entlang der Südpier werde es zudem möglich sein, zwei Schiffe parallel zu beladen bzw. zu löschen, denn die schienengebundenen Heber des Hafenumschlagunternehmens J. Müller Agri + Breakbulk Terminals könnten nach Fertigstellung dieser modernisierten Infrastruktur die gesamte Südpier befahren und somit jede Luke der Schiffe erreichen. Außerdem könnten Wartezeiten für Schiffe in der Wesermündung dadurch reduziert oder gar vermieden werden.

Auch in Wilhelsmhaven tut sich etwas. Positiv bewertete Lies die 200 zusätzlichen Arbeitsplätze, die der Terminalbetreiber Eurogate am JadeWeserPort schaffen will sowie die Aufnahme von Deutschlands einzigem Tiefwasserhafen in die Fahrpläne der neu formierten Allianzen der Containerlinienreedereien. Der Containerumschlag in Wilhelmshaven habe sich daraufhin seit Mai dieses Jahres bereits verdoppelt.

Mittlerweile würden acht Reedereien mit insgesamt zehn Liniendiensten den Hafen anlaufen. Zudem verbinden zahlreiche neue Bahnlinien den Tiefwasserhafen mit dem Hinterland. Kurzum: Es sei gelungen, dass der Standort nicht nur weltweit wahrgenommen, sondern auch genutzt werde. Dazu passe auch die Aussage, dass Eurogate Wilhelmshaven als »First-Class-Containerterminal« etablieren wolle. Lies bezeichnet es daher als realistisches Ziel, im kommenden Jahr dort 1Mio. TEU umzuschlagen. Deshalb müsse man schon jetzt einen Ausbau des Terminals diskutieren.

Eine Botschaft richtete der Minister diesbezüglich auch an die Stadt Hamburg: Es sei falsch gewesen von den Hanseaten, im Jahr 2002 aus dem Projekt auszusteigen. Gleichwohl wäre es richtig, im Jahr 2018 wieder einzusteigen und die zweite Ausbaustufe gemeinsam anzugehen. Es gelte, ein Bewusstsein für die Wichtigkeit einer norddeutschen Kooperation zu schaffen. Dabei ginge es nicht darum, einem Hafen etwas zu nehmen und es einem anderen zuzuführen, sondern vielmehr darum, gemeinsame Stärken in den Vordergrund zu stellen, betonte Lies. »Mit Eitelkeiten kommen wir nicht weiter«, so sein Apell. Ein zentraler Bestandteil für die Zusammenarbeit ist für den Minister die Digitalisierung, denn auf diese Weise könnten die Häfen miteinander vernetzt werden.

Gleichzeitig übte er Kritik an dem angekündigten Arbeitskräfteabbau bei ThyssenKrupp Marine System (TKMS) in Emden. Das Unternehmen will den Standort schließen. Davon wären dann rund 220 Mitarbeiter betroffen, die aber an anderen Standorten Arbeitsplatzangebote bekommen sollen. Dennoch wäre es, so Lies, »eine kluge Entscheidung gewesen, die Fachkräfte in Emden zu sichern.«

Ungeachtet dessen rechnet Onnen-Lübben von Seaports of Niedersachsen auch künftig mit weiteren Umschlagzuwächsen. Daher gelte es, weiter in den Erhalt und den bedarfsgerechten Ausbau der Hafeninfrastruktur zu investieren. Immerhin werde ein Volumen von 81Mio. t Güter im Jahr 2030 prognostiziert. Dies würde steigende Anforderungen an logistische Abläufe erfordern. Man freue sich daher, dass für das kommende Jahr die Investitionsmittel für die Häfen aufgestockt worden seien und würde es sehr begrüßen, wenn dieses Niveau auch von der zukünftigen Landesregierung verstetigt werden würde.

Als eine Stärke der niedersächsischen Häfen gilt auch die Offshore-Branche, auf die in Cuxhaven ein besonderer Fokus gelegt wurde. In einer Podiumsdiskussion unter der Leitung von Jan Rispens, Geschäftsführer der Erneuerbare Energien Clusteragentur, wurden insbesondere die Ausbauziele thematisiert. Lies sprach davon, dass die Akzeptanz für die Offshore-Energie mittlerweile deutlich gestiegen sei. »Die Offshore-Energie ist der wesentliche Faktor für eine gelungene Energiewende«, unterstrich er. Bis zum Jahr 2030 würden nach seiner Einschätzung mindestens 20GW benötigt. Das wären 5GW mehr als die bisher kommunizierten 15GW. Für das Jahr 2035 prognostizierte der Minister gar 30GW. Entsprechend forderte er, die Netze zügig auszubauen.

Mehr und größere Offshore-Windanlagen

Irina Lucke von EWE Offshore Service & Solutions, betonte ihre Erwartung, aus den bestehenden Anlagen noch mehr Leistung herausholen zu können. Sie rechnet bis Mitte der 2020er-Jahre mit bis zu 12 MW starken Turbinen. Wichtig sei in jedem Fall, dass die Anlagen zuverlässig liefen und auch wirtschaftlich betrieben werden könnten, ergänzte Carsten-Sünnke Berendsen von Siemens Wind Power, der bei derartigen Leistungssprüngen auf eine geänderte Technologie hinwies und sich darüber hinaus von der Politik klare und verlässliche Rahmenbedingungen wünscht, »damit wir investieren können.«

Berendsen sieht die Zukunft derweil in einem Mix aus Energien. Die Digitalisierung könne helfen, die Systeme sinnvoll zu koppeln. Ferner sollte die überschüssige Windenergie gespeichert werden, damit sie zur Verfügung stehe, wenn sie benötigt werde. Der Hafen Cuxhaven sei ein positives Beispiel für die Offshore-Entwicklung in Deutschland. Durch das neue Siemens-Werk würden rund 1.000 Arbeitsplätze geschaffen. Nicht nur die einheimischen Offshore-Windparks, sondern beispielsweise auch der derzeit in Bau befindliche belgische Windpark Rentel wird vom Hafen an der Elbmündung aus beliefert.

Er bekommt 42 Turbinen der 7 bis 8MW-Klasse von Siemens, die im neuen Werk in Cuxhaven hergestellt werden. Die Auslieferung soll im März 2018 beginnen. Berendsen ist zuversichtlich, dass sich noch weitere Zulieferer in Cuxhaven ansiedeln werden, denn hier habe man die Nähe zu den Kunden, darüber hinaus eröffne die neue RoRo-Rampe zusätzliche Möglichkeiten für die Verladung schwerer Komponenten mit einem Gewicht von bis zu 1.000 kg. Zudem soll der Hafen weitere Liegeplätze erhalten (siehe Interview rechts).


Thomas Wägener