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Die sechs vor Nigeria entführten Seeleute der Reederei Peter Döhle sind wieder frei, wie das Unternehmen bestätigte. Der Frachter »Demeter« war im Oktober attackiert worden.

Das 220 m lange Containerschiff (Baujahr 2005, 3.091 TEU) – aus Äquatorial-Guinea kommend – war kurz vor d[ds_preview]er Einfahrt in den nigerianischen Hafen Onne überfallen worden. Dem Vernehmen nach handelte es sich bei den Piraten um eine Gruppe von acht Männern, die sich der »Demeter« in einem Speedboot genähert hatten.

Der Kapitän und fünf weitere Besatzungsmitglieder seien den Umständen entsprechend wohlauf, heißt es jetzt. Sie waren von Bord verschleppt worden, als die Angreifer den Frachter wieder verließen. Die unter Liberia-Flagge fahrende »Demeter« mit P&I-Deckung beim Standard Club war kurz nach dem Überfall in sichere Gewässer gefahren.

BBC Caribbean, Briese, Piracy, Dryad
»BBC Caribbean« der Reederei Briese war im Frühjahr vor Westafrika gekapert worden

Die Hamburger Reederei hatte unverzüglich Kontakt zu den Sicherheitsbehörden sowie dem Piraterie-Zentrum des International Maritime Bureau (IMB) aufgenommen. Danach arbeitete man eng mit den lokalen Behörden und professionellen Beratern zusammen, um die Crew so schnell wie möglich zu befreien. Ob nun ein Lösegeld gezahlt wurde ist bislang nicht bekannt. Auch weitere Details wurden nicht genannt.

Weltweit gab es im Jahresverlauf zwar weniger Piraten-Attacken. Allerdings gelten der Golf von Guinea und vor allem Nigeria nach wie vor als Hotspot. Im August wurden beispielsweise ebenfalls Seeleute eines Frachters verschleppt. Im Frühjahr war mit der Reederei Briese ein weiteres deutsches Unternehmen von der Piraterie vor Westafrika betroffen. Seinerzeit war ein Lösegeld bezahlt worden.

Soft power und eigene Mittel

Weil die Militärs der Piraten vor Westafrika noch immer nicht Herr werden, wurde erst kürzlich eine neue »soft power«-Initiative gegründet. Das EU-Projekt »Gogin« setzt auf Informationsaustausch und Training. Das »Golf of Guinea Interregional Network« (Gogin) soll die Kooperation zwischen 19 Küstenstaaten von Senegal bis Angola – mit einer gesamten Küstenlänge von mehr als 6.000 km – sowie regionalen Sicherheitszentren unterstützen. Gemeinsame Planungen, Koordination, Kommunikation und IT-Infrastruktur werden entwickelt.

Labonne, Gogin
Gogin-Leiter Vize-Admiral Jean-Pierre La­bonne (Foto: Gogin)

Gogin-Leiter Vize-Admiral Jean-Pierre La­bonne erläuterte im Gespräch mit der HANSA: »Gogin profitiert von den Erfahrungen, unter anderem beim Informationsaustausch und bei Ausbildungsmaßnahmen. Das Besondere daran ist allerdings, dass die afrikanischen Partner selbst ein Konzept aufgebaut haben, die »Yaoundé-Architektur«, deren Umsetzung wir unterstützen wollen.«

Die Situation im Golf von Guinea ist nach wie vor unbefriedigend. Die NGO Oceans Beyond Piracy (OBP) meldete für 2016 95 Pirateriefälle in Westafrika – im Vergleich zu 2015 mit 54 Attacken eine deutliche Steigerung. Zwei Drittel der Überfälle fanden vor Nigeria statt. Bemerkenswert ist eine Verschiebung von Öldiebstählen – die zuvor stets den Großteil ausgemacht hatten – auf Entführungen. So stieg die Zahl der als Geiseln genommenen Seeleute von 44 auf 96. Allein zwischen Januar und Mai dieses Jahres wurden weitere 31 Besatzungsmitglieder verschleppt.

Die größte Hürde für mehr Sicherheit im Golf von Guinea ist bekanntermaßen Nigeria: Öldiebstahl, Rebellengruppen, Überfälle, Korruption – die Probleme sind genauso groß wie altbekannt. Ein Großteil der Überfälle auf See geht auf nigerianische Piraten zurück.

Piraterie, Piraten, Nigeria
Nigerias Marine bekommt das Problem nach wie vor nicht in den Griff

Der Erfolg von Gogin hängt also zu einem großen Teil davon ab, ob Nigeria mitzieht. Bislang verweigerten sich die Regierungen in Abuja allerdings stets ausländischer Einmischung. Labonne ist optimistisch: »Wir sehen ermutigende Signale aus Nigeria. Das Land ist ein aktiver Teilnehmer«, sagt er, ohne weitere Details zu nennen. Allerdings gab es zuletzt einen Dämpfer, als die Regierung mitteilte, dass man den Einsatz von privaten bewaffneten Sicherheitsteams an Bord von Handelsschiffen auch künftig nicht dulden werde, da man mit eigenen Mitteln und zertifizierten Partnern das Problem zu lösen gedenke.