Print Friendly, PDF & Email

Neben Netzintegration und der Speicherung von Windenergie ist die Kostenreduzierung das große Thema der Windenergiebranche. Größere Anlagen sollen dabei helfen. Auf der »WindEnergy Hamburg« blicken die Hersteller optimistisch in die Zukunft.
Die Querelen zwischen Husum und Hamburg um die Ausrichtung der Weltleitmesse für Windenergie gehören der Vergangenheit an: Die Elbmetropole hat[ds_preview] sich als Veranstaltungsort etabliert, wie Ende September bei der zweiten Auflage der »WindEnergy Hamburg« nach 2014 deutlich geworden ist. Eine Steigerung der Ausstellerzahl von gut 1.200 auf mehr als 1.400, die Vergrößerung der Messe um eine weitere Halle auf nun 65.000m² Ausstellungsfläche, rund 35.000 Fachbesucher und damit etwa 2.000 mehr als noch vor zwei Jahren – sowohl mit den Zahlen als auch mit dem Gesamtverlauf zeigte sich Hamburgs Messechef Bernd Aufderheide zufrieden: »Besser konnte es nicht laufen.« Zahlreiche Unternehmen hätten während der viertägigen Veranstaltung in großem Umfang Geschäfte abgeschlossen. Ein weiterer Grund zur Freude dürfte für die Organisatoren gewesen sein, dass der Anteil internationaler Aussteller von 33% bei der Premiere auf diesmal 44% gestiegen ist. Damit hat sich auch das Konzept, bei der nun alle zwei Jahre stattfindenden »WindEnergy« auf den internationalen Markt zu setzen, bewährt. Ob die »Husum Wind«, die in den ungeraden Jahren den heimischen Markt in den Fokus rückt, ebenfalls weiterhin ihr Publikum findet, wird sich nächstes Jahr im September zeigen.

Anlagenhersteller, Zulieferer und Dienstleister aus dem Bereich Offshore-Windenergie waren diesmal zusammen mit Unternehmen aus der maritimen Branche überwiegend in drei der neun genutzten Ausstellungshallen zusammengefasst. Zu den zentralen Themen gehörte neben der Netzintegration und der Speicherung von Windenergie einmal mehr die Kostenreduzierung. Dass konkret auch die Offshore-Windenergie hier schon große Schritte gegangen ist, hatten zuletzt Ausschreibungen in den Niederlanden und in Dänemark gezeigt. Für Windparkprojekte in Küstennähe hatten Dong Energy bzw. Vattenfall den Zuschlag für Gebote von 7,27 und 6,4 ct/kWh erhalten.

Die Kosten sinken weiter

Betreiber von Windkraftanlagen in deutschen Gewässern erhalten derzeit – abhängig vom gewählten Vergütungsmodell sowie von der Küstenentfernung und Wassertiefe – über die Laufzeit von 20 Jahren gerechnet eine Einspeisevergütung von durchschnittlich etwa 10 bis 12 ct/kWh.

Die jüngsten Ausschreibungsergebnisse seien keine Eintagsfliegen gewesen, betonte Martin Neubert, Chief Strategy Officer bei Dong Energy. Vielmehr seien die von der Branche bereits erreichten Kostensenkungen industrie- und marktübergreifend und somit nachhaltig. Für die nach der Verabschiedung des neuen Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) anstehenden Ausschreibungen in Deutschland wolle er keine konkreten Prognosen abgeben. »Aber ich gehe davon aus, dass wir hier ein ähnliches Niveau erreichen werden und deutlich unter 10 ct/kWh bleiben«, sagte Neubert. Auch der Fachverband Power Systems im Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) zeigte sich optimistisch, dass die Stromerzeugungskosten weiter sinken werden und die Industrie ihr Anfang Juni verkündetes Ziel, die Kosten in Projekten mit finalen Investitionsentscheidungen ab 2025 auf unter 8 ct/kWh zu reduzieren, erreichen kann – sofern es in Europa dann ein Marktvolumen von mindestens 4.000 MW pro Jahr gebe. »Dazu bedarf es einer innovativen und leistungsstarken Windindustrie«, betonte Matthias Zelinger, Geschäftsführer von VDMA Power Systems.

Und die ist bemüht, ihren Beitrag zu leisten – unter anderem durch die Entwicklung immer größerer und leistungsstärkerer Anlagen. So stellte Siemens in Hamburg seine neue 8-MW-Turbine SWT-8.0-154 vor, eine Weiterentwicklung des 7-MW-Vorgängermodells, das dank eines stärkeren Permanentmagneten im Generator bis zu 10% mehr Strom erzeugen soll. So müssten nur neun statt zehn Anlagen aufgestellt werden, um denselben Ertrag zu liefern, wodurch die Investitions- und Betriebskosten entsprechend sinken. Ein Prototyp soll Anfang 2017 im dänischen Østerild installiert werden, die Typenzertifizierung ist für Anfang 2018 geplant.

Was wird aus Adwen?

Etwas weiter ist der in Bremerhaven ansässige Hersteller Adwen, der ebenfalls an einem 8-MW-Modell arbeitet. In der Nähe der Produktionsstätte hat das Unternehmen im August begonnen, das Fundament für einen Prototypen der neuen AD 8-180 zu bauen. Nach letzten Tests an der Gondel soll die Installation noch in diesem Jahr beginnen, die Inbetriebnahme ist für Anfang 2017 vorgesehen. Die Typenzertifizierung erwartet Adwen gegen Ende des kommenden Jahres. Mit dem weltweit bislang größten Rotordurchmesser von 180m soll die AD 8-180 neue Maßstäbe setzen.

Wie es mit Adwen, einem Joint Venture des französischen Atomkonzerns Areva und des spanischen Turbinenproduzenten Gamesa, weitergeht, ist indes ungewiss. Kurz vor der »WindEnergy« war bekannt geworden, dass Areva seine Adwen-Anteile an Gamesa verkaufen will. Erst im Juni hatte Siemens verkündet, die Mehrheit an Gamesa zu übernehmen, wodurch das Unternehmen zum größten Windkraftkonzern der Welt aufsteigt. Im Bereich Offshore-Windenergie war Siemens schon vorher Weltmarktführer.

Zur Zukunft von Adwen sowie zu Spekulationen, das Werk in Bremerhaven könne angesichts der neuen Siemens-Produktionsstätte in Cuxhaven überflüssig werden, wollten sich die Beteiligten nicht äußern. Der Betrieb laufe ganz normal weiter, sagte ein Adwen-Sprecher. »Wir bereiten weiter die Installation des 8-MW-Prototypen vor und produzieren weiter unsere 5-MW-Anlagen für den Ostsee-Windpark ›Wikinger‹. Auf der operationalen Ebene hat sich nichts geändert.« Vor einigen Monaten sei das Werk ausgebaut worden und damit bereit, künftig auch in die Serienfertigung der 8-MW-Anlage einzusteigen. Zwar werde die Produktion für die derzeit drei zu beliefernden französischen Offshore-Windparks aufgrund industrieller Verpflichtungen in Le Havre stattfinden. Da das französische Werk während dieser Zeit allerdings ausgelastet sei, würden alle anderen europäischen Aufträge über Bremerhaven abgewickelt. Derzeit beteilige sich Adwen an Ausschreibungen in mehreren europäischen Ländern.

Neues Service Operation Vessel

Eine Erfolgsmeldung hatte der ebenfalls in Bremerhaven ansässige Turbinenbauer Senvion zu verkünden. Er liefert 32 seiner 6,2-MW-Turbinen vom Typ 6.2M152 für die zweite Ausbaustufe des Nordsee-Projekts »Trianel Windpark Borkum«. Ziel des Unternehmens, das auch Onshore-Turbinen herstellt, bleibt es nach Aussage von Pressesprecherin Verena Puth, 10 bis 20% des Umsatzes offshore zu erzielen. Dies sei auch mit dem neuen EEG nach wie vor erreichbar. Zu kurz vor der Messe veröffentlichten Medienberichten, nach denen in mehreren Rotorblättern der Senvion-Tochter Powerblades Risse aufgetaucht seien, sagte sie, dass man nach dem Abriss eines Rotorblatts im Offshore-Windpark »Nordsee Ost« voriges Jahr alle bislang installierten Blätter kontrolliert habe. »Der Blattverlust 2015 war ein Einzelfall, der auf einen Produktionsfehler zurückzuführen war. Bei der anschließenden Überprüfung haben wir in insgesamt 32 Blättern kleinere Risse festgestellt, die aber keine Auswirkungen auf den sicheren Betrieb haben.« Die Kunden könnten nun selbst entscheiden, ob sie die Rotorblätter ausgewechselt oder ausgebessert haben wollten. »Mittlerweile haben wir den Typ optimiert und ein neues Design entwickelt«, berichtete Puth.

Auch aus der maritimen Branche beteiligten sich zahlreiche Firmen an der Ausstellung, so etwa die Werft Abeking & Rasmussen, die ein Modell ihres Crew Base & Transfer Vessels (s. HANSA 9/2015) präsentierte. Rechtzeitig zur Messe waren außerdem die Pläne für ein neues Service Operation Vessel (SOV) fertig geworden, das die Schiffbauer aus Lemwerder laut Vertriebsleiter Nils Olschner auf Nachfrage aus der Windbranche entwickelt haben. Das Schiff in SWATH-Bauweise (Small Waterplane Area Twin Hull) basiert auf der 2008 vom Stapel gelaufenen Expeditionsyacht »Silver Cloud« und soll mit 45 Einzelkammern eine Lösung zwischen den klassischen CTVs und den zuletzt auf den Markt gekommenen SOVs darstellen. Einer der Vorteile der Neuentwicklung sei das Antriebssystem aus vier einzelnen Propulsoren bestehe, was einen sparsamen Betrieb ermögliche, erklärte Olschner.


Anne-Katrin Wehrmann