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Die Pläne, die Sicherheitsvorkehrungen auf Traditionsschiffen zu erhöhen, sind auf massive Kritik gestoßen. Daraufhin wurden die Regelungen entschärft. Dennoch befürchten Verbände dadurch das Aus für viele dieser Einheiten. Von Thomas Wägener
Es ist die Tradition, die historische Schiffe so erhaltenswert macht, denn sie erinnern an eine Zeit, in der die Technik[ds_preview] noch nicht die Oberhand hatte. Egal ob alte Raddampfer oder historische Viermaster, insbesondere solche Schiffe begeistern und locken Besucher aus aller Welt an, wo immer sie zu sehen sind.

Da die Technik auf den damaligen Schiffen noch nicht so weit entwickelt war und die Sicherheitsbedingungen bei weitem nicht an die gegenwärtigen heranreichten, entsprechen sie naturgemäß nicht den heutigen, viel schärferen Sicherheitsstandards. Dies bemängelte insbesondere Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt, der daraufhin das Ansinnen hatte, die Sicherheitsvorkehrungen auf den Traditionsschiffen an die heute in der Schifffahrt geltenden anzupassen. Schließlich würden diese historischen Einheiten gelegentlich den Anker lichten, beispielsweise bei Hafenfesten.

Länder und Verbände konnten ihre Stellungnahmen zum Entwurf der neuen Sicherheitsverordnung für Traditionsschiffe abgeben. Viele von ihnen kamen der Aufforderung nach und übten zumeist massive Kritik an den Vorschlägen des Bundesverkehrsministers. Diese sahen unter anderem umfangreiche Umbaumaßnahmen an den alten Schiffen vor, z.B. um eine zeitgemäße Isolierung durchzuführen. Die Befürworter der Traditionsschiffe sahen hierdurch allerdings den Charakter der alten Einheiten in Gefahr, zudem wiesen sie auf die hohen Kosten hin, die eine Anhebung der Sicherheitsstandards zur Folge gehabt hätte.

Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI), das auch weiterhin dafür sorgen will, die Sicherheit von Besatzung und Passagieren von Traditionsschiffen zu gewährleisten, und auch Dobrindt lenkten daraufhin zumindest ein wenig ein, indem die ursprünglich angedachten Sicherheitsbestimmungen nun etwas abgemildert wurden. Man habe die Vorschriften angepasst, wo es möglich gewesen sei – ohne die Sicherheit zu beeinträchtigen, so Enak Ferlemann, Staatssekretär beim BMVI. Denn schließlich habe man auch gleichzeitig das Ziel, die Authentizität der historischen Schiffe zu bewahren. »Wir wollen die Traditionsschifffahrt erhalten«, betonte Ferlemann. Man habe die Stellungnahmen der Länder und Verbände daher ausgewertet und die geäußerten Bedenken sehr ernst genommen. Da auf Traditionsschiffen häufig Fahrgäste, Schulklassen und Jugendliche befördert würden, sei es jedoch unerlässlich, mehr Sicherheit für Besatzung und Fahrgäste zu schaffen.

Die neue Sicherheitsverordnung für Traditionsschiffe soll u. a. die Vorgaben für die bauliche Beschaffenheit, den Brandschutz und die Ausrüstung mit Rettungsmitteln festlegen und dabei die Sicherheitsempfehlungen der Bundesstelle für Seeunfalluntersuchung (BSU) berücksichtigen. Damit könnten auch nicht originalgetreue Schiffe, die in ihrer Gesamterscheinung einer historischen Einheit entsprechen, die Erleichterungen für Traditionsschiffe in Anspruch nehmen. Falls vorgeschriebene Anforderungen nicht erfüllt werden könnten, würden gleichwertige Einrichtungen, Hilfsmittel und Maßnahmen akzeptiert werden. Für Schiffe, die bis 2012 ein Sicherheitszeugnis für Traditionsschiffe erhalten hätten, bestehe Bestandsschutz. Für neu hinzukommende historische Einheiten würden die Eingangsvoraussetzungen gegenüber der geltenden Sicherheitsrichtlinie erleichtert, heißt es.

Die wichtigsten Details

– Die Brandschutzauflagen wurden erleichtert. Eine komplette Brandschutzausrüstung wird erst ab 50 Passagieren an Bord gefordert.

– Die Übergangsfristen wurden verlängert. Nach Ablauf des Zeugnisses haben die Betreiber beim ersten Erneuerungsantrag für die Erfüllung der Anforderungen an die Ausrüstung ein Jahr Zeit und für die Erfüllung der baulichen Anforderungen zweieinhalb Jahre.

– Bei Erneuerungsanträgen muss die Historizität nicht erneut belegt werden.

– Bei denkmalgeschützten Schiffen besteht die Möglichkeit, Ausnahmen zuzulassen, wenn die Gefahr besteht, dass das Schiff seine Denkmaleigenschaft durch Umbauten verlieren würde.

– Die absolute Festlegung von Süllhöhen, also die Einfassung von Öffnungen im Deck von Schiffen und Booten, wurde gestrichen.

Der Entwurf der neuen Sicherheitsvorschriften geht nun in die zweite Ressortabstimmung. Danach folgt die Notifizierung durch die Europäische Kommission. Die neue Verordnung soll im Frühjahr 2017 in Kraft treten.

Doch die Gemeinsame Kommission für Historische Wasserfahrzeuge (GSHW) als Dachverband der Betreiber der über 100 deutschen Traditionsschiffe und die AGDM, die Aktionsgemeinschaft Deutscher Museumshäfen, befürchten durch die aktualisierte Fassung der Sicherheitsvorschriften noch immer das Aus für viele Traditionsschiffe. Dem AGDM zufolge behauptet das Ministerium zwar, Verhandlungen geführt zu haben, dort sei es aber nur um die Definition von Traditionsschiffen gegangen, beschreiben die Verbände. Die Verschärfung der Vorschriften für Bau, Ausstattung und Besatzung sei indes nie Gesprächsinhalt gewesen und käme für alle Beteiligten überraschend. In dem überarbeiteten Entwurf seien zwar einige unrealistische Regeln abgeschwächt worden, substanziell sei aber nichts geändert worden. »Eine Verordnung, die von vornherein auf die Erteilung von Ausnahmen beruht, kann in der Realität keinen Bestand haben«, kritisieren die Verbände.
Thomas Wägener