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Prämienabsenkungen für dieses Jahr dürften P&I Clubs nicht wehtun, wenn die schwache Schadensentwicklung anhält, schreibt Michael Hollmann

Selbst für gestandene Makler und Versicherungsexperten in den Reedereien war die jüngste Vertragserneuerung für Schiffshaftpflicht einzigartig. Noch nie standen die[ds_preview] Prämien in der Sparte so unter Druck. Aus Rücksicht auf die schwierige wirtschaftliche Lage vieler Reeder und Schiffsgesellschaften hatten die großen Gegenseitigkeitsversicherer der International Group erstmals geschlossen auf generelle Prämienanhebungen verzichtet. In den Verhandlungen konnten sich die Versicherungsnehmer dem Vernehmen nach sogar vielfach mit Forderungen nach Preissenkungen durchsetzen.

Reeder mit niedrigen Schadensquoten hätten meist Nachlässe von 5 bis 10% erzielt, erfuhr die Hansa von britischen P&I-Maklern. Vermittler in Deutschland behaupten sogar, noch höhere Nachlässe selbst für schadensträchtigere Flotten gesehen zu haben. »Wenn einmal die Ergebnisse für das Zeichnungsjahr 2017/18 vorgelegt werden, dürfte eine nicht unwesentliche Verringerung der Nettopämie pro BRZ zu verzeichnen sein«, kommentierte der britische Versicherungsmakler Arthur J. Gallagher die diesjährigen Renewals.

Sicher möchten die P&I Clubs die jüngste Prämienrunde nicht als Präzedenzfall verstanden wissen und weitere Begehrlichkeiten bei den Versicherten wecken. Allerdings klingen die offiziellen Statements der Club-Manager zu den Renewals nicht wirklich enttäuscht. Trotz der Hinweise auf einen verschärften Preiswettbewerb beurteilen die meisten die Resultate als »erfolgreich« oder »positiv«.

Auch große Maklerhäuser und Rating-Agenturen äußerten sich durchaus optimistisch zu den kurz- bis mittelfristigen Perspektiven der P&I Clubs – Prämiennachlässe hin oder her. »Der Rückgang der Schäden hat sich über das vergangene Jahr fortgesetzt. Anzahl und Höhe der Schäden dürften nun ungefähr ihren Tiefpunkt erreicht haben«, konstatiert A. J. Gallagher. Damit stehe zu erwarten, dass die Clubs das vergangene Jahr (2016/17) erneut mit hohen Überschüssen abgeschlossen haben – trotz volatiler Kapitalerträge im heutigen Kapitalmarktumfeld.

Jahr auf Jahr hätten die Clubs ihre freien Reserven erhöht, auch mit Hilfe kontinuierlicher Prämienanhebungen. Infolgedessen säßen sie heute auf Kapitalpolstern, »die ganz sicher die Anforderungen unter Solvency II übertreffen«, so A. J. Gallagher. Solvency II ist die im Jahr 2016 in Kraft getretene EU-Richtlinie zur erweiterten Eigenmittelausstattung der Versicherer.

Auch wenn die P&I Clubs offiziell bestreiten, dass sie zu hoch kapitalisiert seien, könnte man die zunehmenden Rückausschüttungen von Prämien aus früheren Jahren als Eingeständnis werten. Für die Jahre 2014 bis 2016 hatten die Clubs der International Group zuletzt Rückzahlungen und Rabatte auf noch ausstehende Nachschusszahlungen in Höhe von fast 146Mio. $ beschlossen. Die größten zuwendungen erhielten die Mitglieder von Gard (37Mio. $), dem Japan Club (30,3Mio. $) sowie Steamship Mutual (25,3Mio. $), wie A. J. Gallagher vorrechnet. Die guten Zwischenergebnisse der Clubs für 2016 ließen erwarten, dass auch in diesem Jahr große Summen an die Reedereien zurückfließen.

Die auf den Versicherungssektor spezialisierte Ratingagentur A.M. Best zieht in ihrem jüngsten Sektor-Report ebenfalls ein positives Fazit. Als wesentliche Risiken und Herausforderungen heben die Experten anhaltende Großschadensrisiken in der Schifffahrt sowie die Konkurrenz durch Festprämienversicherer wie British Marine, Raets oder Lodestar hervor.

Vor diesem Hintergrund sei zu erwarten, dass die Clubs der International Group ihre Angebotspalette weiter diversifizieren und sich auch in andere Transportversicherungssparten wie Seekasko, Ware und Offshore-Energie oder in ganz neue Segmente bewegen könnten. Auf jeden Fall verfügten die Clubs über einen ausreichenden finanziellen Puffer, um auch mit Rückschlägen fertigzuwerden. Eine Absenkung der Bonitätsnoten der Clubs steht für A. M. Best auf nahe Sicht jedenfalls nicht auf der Tagesordnung.


Michael Hollmann