Henne und Ei zum Zweiten

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HANSAInsight 02 | 2017

Schöne neue Welt: Schiffe, die als Emission nur Wasser ausstoßen, dank Antrieb durch eine Brennstoffzelle. Die Technik existiert, doch es fehlt an konkreten Regularien für ma[ds_preview]ritime Anwendungen. Noch nicht einmal auf europäischer Ebene gibt es sie, obwohl sich Brüssel sonst nicht gerade mit neuen Regeln zurückhält, wenn es die Chance sieht, seine eigenen Standards auf regionaler und globaler Ebene zu promoten.

Dass die Technik da ist, zeigt eine Studie der European Maritime Safety Agency EMSA in Zusammenarbeit mit der Klassifikationsgesellschaft DNV GL. Darin wurden die maritimen Einsatzmöglichkeiten der Technologie eingehend untersucht. Drei Brennstoffzellenvarianten wurden anhand von Faktoren wie Ausgereiftheit, Leistung, Lebensdauer, Kosten, Effizienz, Größe und Sicherheit als vielversprechend eingestuft: Polymerelektrolyt-Brennstoffzelle (PEMFC), Hochtemperatur-PEMFC und Festoxid-Brennstoffzellen. Eine Erkenntnis ist aber auch der mangelhafte regulatorische Rahmen.

Grafik der Woche:

Hapag-Lloyd, Valparaiso
Hapag-Lloyd hat mit der »Cartagena Express« bereits das dritte von fünf Schiffen der neuen 10.500-TEU-Klasse in in Dienst gestellt. Im Hinblick auf Größe, Design und Kühlcontainer-Kapazität wurden die bei Hyundai Samho bestellten Einheiten speziell für die Südamerika-Fahrt ausgelegt. Die acht Laderäume und Decks bieten rund 2.100 Anschlüssen für Kühlcontainer. Alle Neubauten werden im SW-Dienst eingesetzt, der im Wochentakt Nordeuropa mit der Karibik und der südamerikanischen Westküste verbindet. Grafik: Hapag-Lloyd

Neben der Technik an sich und einer Sicherheitsstudie mit positivem Ergebnis wurde nämlich auch darauf ein Blick geworfen. Seit Anfang dieses Jahres ist der International Code of Safety for Ships using Gases or other Low-Flashpoint Fuels (IGF CODE) in Kraft. Der Fokus liegt dabei auf den Voraussetzungen für den sicheren Schiffsbetrieb mit Erdgas. Die Brennstoffzelle wurde darin noch gar nicht verhandelt, das steht erst für die nächste Revision 2020 an.

Interessant jedenfalls, dass sich die europäische Fach-Administration mit dem »neuen« Thema aus technischer Perspektive auseinandersetzt. Dabei liegt selbst in Sachen LNG noch vieles im Argen, das seit Jahren als der Schiffskraftstoff der Zukunft gepriesen wird, noch immer fehlen z.B. Standards für die Bebunkerung. Für Wasserstoff gibt es währenddessen noch nicht einmal Regelungen für den Transport über See. Das nächste Henne-Ei-Dilemma ist also programmiert.

Ein langsam steigender Ölpreis und der konstante Druck durch neue Schadstoffgrenzwerte wie auch andere Umweltregularien steigern sicher die Attraktivität alternativer Antriebskonzepte. Nicht nur für Reeder, die neue Schiffe bestellen, auch für (deutsche) Schiffbauer, die technisch an vorderster Linie stehen wollen und sollten. Bis dahin muss die Politik schnell Standards für entsprechende Technologien schaffen. Schärfere Grenzwerte einzuführen, ist richtig. Man kann aber nicht Druck auf die internationale Schifffahrt aufbauen, die Nutzung innovativer Technik aber dann durch fehlende Rahmenbedingungen verhindern.

Die Brennstoffzelle bietet die Chance für die Europäer, in Sachen Innovation voranzugehen – aber bitte mit Bedacht, schließlich braucht die Schifffahrt prinzipiell eher die globale Standardisierung durch die IMO. Doch auf internationaler Ebene dauert die Abstimmung bekanntlich noch länger, weil nicht »unabhängige« Experten, sondern die Mitgliedstaaten selbst einen Konsens erreichen müssen. Und weil dies viele Jahre in Anspruch nehmen kann, muss jetzt damit begonnen werden. Keine leichte Aufgabe für die Regulierer, aber das genau ist ihr Job. (fs)

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