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Über die STG-Hauptversammlung mit der Mitgliederversammlung in Berlin,

Vorträgen über aktuelle Themen im Schiffbau, der Meerestechnik sowie neuen Antrieben für sich ändernde Märkte berichtet Karl-Heinz Hochhaus


Die 108. Hauptversammlung der Schiffbautechnischen Gesellschaft Ende November 2013 in Berlin (Abb. 1) stand unter dem Einfluss der derzeitigen weltweiten[ds_preview] Überkapazitäten an Schiffstonnage, den geringen Wachstumsraten des Welthandels und der Zurückhaltung der schiffsfinanzierenden Banken. Die Sicht eines Reeders auf diese Situation wurde von Ottmar Gast, Sprecher der Geschäftsführung von Hamburg Süd, am Begrüßungsabend in einem Vortrag dargestellt (Abb. 2).

Die Vorträge und Diskussionen der STG-Hauptversammlung waren von Aufbruchstimmung in neue Arbeitsfelder der Werft- und Zulieferindustrie geprägt. Die Serienproduktion im deutschen Schiffbau war gestern, heute werden vorwiegend sehr spezielle Schiffe abgeliefert bzw. stehen häufig als Einzelschiff oder auch als Kleinserien in den Auftragsbüchern. Dieser Umstand, dass weniger, dafür aber erheblich komplexere Schiffe gefertigt werden, steigert den Bedarf an qualifizierten Ingenieuren. Damit werden dem von den Hochschulen kommenden maritimen Ingenieursnachwuchs auch künftig gute Berufsperspektiven in diesen fachübergreifenden Betätigungsfeldern geboten. Daher ist die Förderung der Schiffstechnikstudenten ein ganz besonderes Anliegen der STG – dies wurde dadurch sichtbar, dass die 75 teilnehmenden Studenten fast ein Drittel aller Teilnehmer bildeten.

Am Mittwoch, dem 20. November, fanden die 36. Georg-Weinblum-Gedächtnisvorlesung, die Sitzung des Vorstandsrates und der Begrüßungsabend statt, außerdem die 97. Sitzung des Fachausschusses Schiffsmaschinen, der u. a. den Reedereisprechtag 2014 vorbereitete. Der Donnerstag beinhaltete die Mitgliederversammlung, Auszeichnung verdienter STG-Mitglieder und der Preisträger (Abb. 3 und 4). Nach den Grußworten von Reinhard Lüken (VSM), Hauke Schlegel (VDMA) und Martin Kröger (VDR) folgte der Festvortrag »Flugzeugbau bei Airbus – Situation und Ausblick« von Georg Mecke (Airbus).

Die anschließenden Fachvorträge begannen mit der Preisträgerin Jorinna Kunkel von der Hochschule Bremen, die mit »Auswirkung statischer Krängungswinkel auf die Evakuierungszeit von Kreuzfahrtschiffen« den ersten Preis beim Studentensprechtag gewonnen hatte. Sie wurden von den Curt-Bartsch-Preisträgern Sonja Zacke und Florian Kosleck fortgesetzt und von Florian Sprenger, Weinblum-Preisträger des Jahres 2013, abgeschlossen. Besichtigungen von BMW, Converteam und des Deutschen Technikmuseums Berlin schlossen sich an. Den Abschluss bildete das abendliche Dinner.

Der Freitag, 22. November, war geprägt durch Fachvorträge, die in zwei parallelen Vortragsgruppen durchgeführt wurden. Schwerpunktthemen waren Energieeffizienz, Meeres- und Unterwassertechnik, Schwingungen, Schallschutz, Konstruk­tion und Festigkeit, Kommunikation Schiff/Land sowie die Anwendungen von LNG und Batterietechnik auf den Schiffsantrieb.

Schiffbau und Unterwassertechnik

Die Problematik von Leistungsprognosen und der Korrelation wurde anhand vieler Ergebnisse von Uwe Hollenbach, Direktor der HSVA, anschaulich gezeigt. Von Professor Eike Lehmann und den Diplom-Ingenieuren Bernadette Zipfel, Ingo Tautz und Martin Schöttelndreyer (alle TUHH) wurde jeweils ein Vortrag zum Thema Kollision und Grundberührung von Schiffen gehalten.

Aus Gewichtsgründen werden Decksaufbauten im oberen Bereich von Schiffen aus Leichtbaumaterial wie Aluminium oder faserverstärkten Kunststoffen gefertigt und häufig mit hochelastischen Klebstoffen verklebt. Das Thema wurde im Vortrag »Standardisierung von hochelastischen Aluminium-Stahl- und FVK-Stahl-Klebverbindungen für den Schiffbau« vorgestellt und diskutiert.

In der Gruppe Unterwassertechnik wurde ein Mehrzweck-U-Boot-Konzept für die Arktis behandelt (TKMS; Abb. 5). Dabei wurden die aktuellen und zukünftigen vielfältigen Einsatzgebiete im Bereich der Öl- und Gasförderung in eisbedeckten Regio­nen angesprochen. Neben der Ölbekämpfung ist auch die Installation und Wartung von Unterwasseranlagen eine der wichtigen Aufgaben. Bei der sicheren und verantwortungsvollen Erschließung der Arktis soll das U-Boot-Konzept eine Schlüsselfunktion übernehmen »Die Zertifizierung von Fahrzeugen und Geräten in der Unterwassertechnik bis 6.000m Einsatztiefe« wurde im Vortrag von Harald Pauli (DNV GL) vorgestellt. Neben einer Vielzahl von schwimmenden Unterwasserfahrzeugen wurden sieben bemannte und unbemannte Fahrzeuge und Arbeitsgeräte jeweils für eine Tauchtiefe von 6.000m geprüft und zertifiziert. Dabei ist auch die wachsende Rolle sichtbar geworden, die der Meeresbergbau (Abb. 6) inzwischen einnimmt.

Schwingungen

Die TU Dresden stellte ihre Untersuchungen des Antriebsstranges von Ruderpropellern mit elastischen Mehrkörpersystem-Simulationsmodellen vor. »Sekundäre Schallschutzmaßnahmen im Schiffbau« waren das Vortragsthema der TU Berlin, und von der TUHH folgte die Berechnung der hydrodynamischen Eigenschaften von Gleitbooten mit Hilfe einer 2D+t-Methode. MTU berichtete ferner über Praxisergebnisse in aktiven Motorlagerungen von Dieselantriebssystemen.

Messtechnik, Automation und Kommunikation

Helmut Behrens von Siemens zeigte anhand mehrerer Beispiele, wie Anwendungen in der Automation und in elek­trischen Systemen die Energieeffizienz an Bord von Schiffen, besonders von Kreuzfahrtschiffen, erheblich steigern können (Abb. 7). Bezogen auf die Inspektion in der Reederei hilft dann die Kommunikation zwischen Schiff und Land. Der Konflikt zwischen Notwendigkeiten und Kosten wurde von Björn Wiencke (Interschalt) anschaulich dargestellt. Sinkende Datenübertragungskosten auch bei der Satellitenübertragung führen schon derzeit zur intensiveren Nutzung.

Energie und Antrieb

Die seit 1999 um den Faktor zehn gestiegenen Brennstoffpreise (Schweröl kostete 1999 rund 60 $/t, 2013 rund 600 $/t) und verschärfte Regelungen zum Schutz der Umwelt üben einen starken Einfluss auf das Handeln der Werften und Reeder aus.

Die Auswirkungen des am 1. Januar 2013 für wichtige Schiffstypen in Kraft gesetzten Energy Efficiency Design Indexes (EEDI) wurden von Pierre C. Sames angesprochen. Elektrische Antriebe für Binnenfrachtschiffe waren das Thema von Carsten Eckert von der TU Berlin. Er erläuterte, dass auch aus Umweltschutzgründen ein Bedarf besteht, Binnenschiffe mit elektrischem Antrieb auf kurzen Strecken mit »viel Stadtverkehr« als Alternative zum Dieselmotor mit Gasölbetrieb zu betreiben.

Iven Krämer von bremenports verwendete das Henne-Ei-Beispiel, um die wechselseitige Problematik in seinem Vortrag »Neue Treibstoffe – Wie reagieren die deutschen Häfen auf die neuen Anforderungen?« darzustellen: Denn die Reeder bestellen bislang kaum Schiffe mit LNG-Antrieb, da es aus ihrer Sicht noch keine ausreichende Gasversorgung in deutschen Häfen gibt (Abb. 9). Die Häfen andererseits sind mit der Errichtung von LNG-Bunkerterminals extrem zurückhaltend, da bisher kaum Schiffe LNG bunkern wollen. Auch über die Bunkerpreise gibt es nur Spekulationen.

Umso mehr ist der Mut der Reederei AG Ems zu bewundern, die den ersten Schritt mit einem Umbau wagt (Abb. 8). Im Vortrag von Cornel Thill und Claus Hirsch wurde die »Konvertierung der MS ›Ostfriesland‹ zu einem Wattenmeer-LNG-Passagierschiff« vorgestellt. Die Bebunkerung soll mit einem Tanklaster durchgeführt werden. In dem Vortrag wurden auch die für die Planung zugrunde gelegten LNG-Preise von 2010 bis 2030 genannt. Mit rund 20 $/mmBTU lagen sie für 2013 deutlich unter dem MGO-Preis und etwa 5–10 % über dem Schwerölpreis.

Die deutsche Energiewende strahlt über die Stromerzeugung auch auf die maritime Industrie aus und neben den Offshore- Wind- und Tidegeneratoren werden künftig auch Wellenkraftanlagen eine Rolle spielen, wie im Vortrag von Professor Moustafa Abdel-Maksoud von der TUHH gezeigt wurde.


Karl-Heinz Hochhaus