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Makler sehen Zunahme bei Abschlüssen mittlerer Perioden, mit denen Tramp-Containerschiffe über die flauen Wintermonate kommen. In vielen Segmenten steigt das Tonnageangebot trotz erhöhter Befrachtungsaktivität weiter an.

Wer auf eine Trendwende am Zeit­char­termarkt direkt nach der Ferienzeit spekuliert hat, hat wohl mit Zitronen gehandelt. Jedenfalls[ds_preview] sprechen die jüngsten Zeitfrachtabschlüsse und Indexentwicklungen eine eindeutige Sprache: Das Marktniveau gibt weiterhin leicht nach. So sanken die erzielbaren Tagesraten für Containerschiffe zwischen Mitte August und Mitte September laut dem ConTex der Vereinigung Hamburger Schiffsmakler und Schiffs­agenten noch einmal um rund 2,5 % (siehe Marktbarometer rechts), obwohl die Zahl der Abschlüsse in der ersten Septemberhälfte spürbar zunahm. Problem ist, dass die saisonale Hochlaufkurve bei der Befrachtung offen­sichtlich nicht steil genug ist, um die ebenfalls wachsende Verfügbarkeit an Schiffsraum zu kompensieren. Angesichts der sehr kurzen Perioden, die in den vergangenen Monaten überwiegend vereinbart worden waren, müssen die Schiffe in kürzeren Zeitabständen neu verchartert werden. Gerade im Panamaxbereich komme es in den nächsten Wochen zu steigenden Rücklieferungen, wobei sich das Interesse der Befrachter in Grenzen halte, berichten Makler. Auch die laufende Verdrängung von Postpanamaxschiffen durch ultragroße Frachterneubauten sowie erste Dienstschließungen auf der Fernost-Europa-Strecke sorgen für steigenden Druck in den oberen Größenklassen. Der gescheiterte Relet-Abschluss eines 10.000-TEU-Schiffs von Hanjin bei Maersk und Gerüchte über neue Verhandlungen zwischen den Vertragspartnern deuten darauf hin, dass sich das Marktumfeld in diesem Segment verschlechtert. »Der nächste Charterabschluss in diesem Bereich wird zeigen, wo die Reise hingeht«, sagte ein deutscher Makler.

Es wird erwartet, dass in den kommenden Wochen mehrere Linienreeder-Schiffe mit Behälterkapazitäten von 8.000 TEU und mehr zur Weitervermietung angeboten werden könnten, nachdem große Carrier-Allianzen begonnen haben, ihre Kapazitäten auszudünnen. In Anbetracht des erneuten Sinkflugs der Spotfrachtraten im westgehenden Fernost-Europa-Verkehr wurden einige Winter-Aufliegerprogram­me seitens der Carrier offenbar vorgezogen. So kün­digten die G6- und die CKYH-Allianz die Schließung je eines wöchentlichen Dienstes für Oktober an.

Zudem haben alle Linien angesichts der Produktionspausen zur Mondfestwoche in Asien einige Großschiffsabfahrten in Fernost vorübergehend ausgesetzt. Nimmt die Relet-Aktivität infolgedessen zu, könnten sich solchen Carriern, die trotz der Ratenschwäche die Kapazitäten ausbauen wollen, interessante Gelegenhei­ten bieten. Ob es im Markt tatsächlich zu Bewegung kommt, muss angesichts der schwachen Verkehrsentwicklung auf der Asien-Europa-Route aber mit einem dicken Fragezeichen versehen werden. Analysten wie Hackett Associates und das Bremer ISL sagen inzwischen voraus, dass das Importcontaineraufkommen in den nordeuropäischen Häfen aufgrund der Rezessionstendenzen und Währungskrise dieses Jahr um 2,1 % hinter das Vorjahresniveau zurückfallen werde. Für die Mittelmeer- und Schwarzmeerregion wird ein Rückgang beim Inbound-Ladungsaufkommen von 1,2 % prognostiziert.

Zudem könnte eine Kapazitätsausweitung eher zu steigenden Verlusten als zu besseren Erträgen für die Charterer führen – jedenfalls auf der wichtigen Asien-Europa-Route. Denn die Frachtpreise für Ladung tendieren wieder in die Verlustzone. Terminfrachthändler erwarten, dass sich das durchschnittliche Spotratenniveau für Containerverschiffungen von Schanghai nach Nordwesteuropa bis Anfang 2013 von gut 1.200 auf nur noch 1.000 $ pro TEU abschwächen könnte. Dieses Niveau ist für die meisten Linien nicht kostendeckend.

Im Postpanamaxsegment herrscht unterdessen ebenfalls relative Ruhe. Es wird gemunkelt, dass Hapag-Lloyd die Verträge für zwei 5.500-TEU-Postpanamaxe zu rund 18.500 $ pro Tag für ein Jahr verlängert haben soll. Im Juni war gleich große Tonnage noch zu deutlich über 20.000 $ pro Tag am Chartermarkt gehandelt worden.

Die Panamaxe befinden sich auch weiter im Abwärtssog, wie die sinkenden Notierungen des ConTex zeigen. Während einige Baby-Panamaxe (4.250 TEU) in Asien noch zu Tagessätzen von über 10.000 $ flexible Beschäftigung fanden, mussten mehrere Einheiten in Europa neue Tiefstraten von unter 10.000 $ akzeptieren, um an Aufträge zu kommen. So sicherte sich Maersk nach Angaben aus dem Markt die »Makita« (4.395 TEU) und die »Lana« (4.380 TEU) zu je 9.750 $ pro Tag für Perioden von zwei bis sechs Monaten, teils mit Verlängerungsoption. »Bei dem steigenden Angebot von Schiffen ist klar, dass die Raten unter Druck bleiben werden«, warnte ein Makler aus Londoner. Stabiler präsentiert sich das Ratenniveau derzeit bei den kleineren Schiffen unter 2.000 TEU, obwohl der Wettbewerb aufgrund des hohen Umfangs von Spot-Tonnage ebenfalls hart ist. Für Handy-Typen um 1.700 TEU oszillieren die Raten weiterhin zwischen 6.000 und 6.500 $ pro Tag. Darüber hinaus sind die durchschnittlichen Charterlaufzeiten angestiegen, wodurch die Reeder in etlichen Fällen in der Lage sind, die schwachen Wintermonate bis zum kommenden Frühjahr zu überbrücken. So sind Periodenabschlüsse für mindestens fünf oder sechs Monate inzwischen wieder an der Tagesordnung. »Die Reeder wollen bis zum Frühjahr 2013 Einnahmensicherheit bekommen und viele Charterer sind bei dem heutigen Ratenniveau gern bereit, sich entsprechend lange zu binden«, erklärte ein Makler. So konnte die »Merkur Beach« (1.706 TEU, Ladegeschirr) ihren Einsatz für den chilenischen Carrier CCNI im Verkehr zwischen der Westküste Südamerikas und dem Mittelmeer für fünf bis neun Monate zu 6.500 $ verlängern. Die 1997 gebaute »Coast« (1.684 TEU, Ladegeschirr) fand bei dem italienischen Linienreeder Tarros zu 6.250 $ für sechs Monate Beschäftigung.

Steigende Aktivität bei längeren Perioden und zu deutlichen Ratenaufschlägen verzeichneten Makler im Bereich der nordeuropäischen Eisklasse-Verkehre. So verlängerte Hapag-Lloyd die 1.440-TEU-Schwesterschiffe »Emotion« und »Empire« für Zeiträume von sieben bis zehn Monaten zu Spitzensätzen von 10.200 $ pro Tag. Neben ihrer Eisklasse bieten die Frachter die größtmögliche beladene Kapazität für den Transit durch den Nordostseekanal. Die »Bernhard Schepers« (1.036 TEU) wurde vom Shortsea-Operateur BG Freight Line in Rotterdam für elf bis 13 Monate zu 6.250 € pro Tag unter Vertrag genommen.


Michael Hollmann