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Einige Banken bauen ihr Geschäft deutlich aus, andere stellen die Schiffs-finanzierung auf den Prüfstand. Die Commerzbank zieht sich gänzlich zurück. Politik und VDR

diskutieren in dieser schwierigen Lagen über Reedereihilfen.

Die Summe der Darlehensbestände der schiffsfinanzierenden Banken bleibt mit rund 108 Mrd. € weiterhin auf hohem Niveau und hat sich gegenüber[ds_preview] dem Vorjahrswert nur minimal verringert. Die Ent­wicklung in der Branche ist aber uneinheitlich. Insbesondere Deutsche Shipping und DVB Bank sowie die KfW IPEX-Bank haben ihr Geschäft deutlich ausgebaut. Demgegenüber hat die HSH Nordbank ihr Portfolio in der Kernbank um rund 2 Mrd. € abgebaut. Die Commerzbank hat ihren Darlehensbestand vom Jahresultimo 2010 zu 2011 um rund 1,5 Mrd. € und bis zum 30.06.2012 um weitere 1,2 Mrd. € reduziert.

Aus den niedrigen Charterraten kann in vielen Segmenten keine Tilgung und teilweise auch kein Zinsdienst erwirtschaftet werden. Die Banken sind nicht nur von den ausbleibenden Zahlungen betroffen, sondern auch von der deutlichen Verschlechterung des Ratings der Schifffahrtskunden. Die aufsichtsrechtlich vorgegebene Eigenkapitalunterlegung (Basel II) steigt hierdurch deutlich. Mit der Einführung von Basel III wird mit einer weiteren Erhöhung gerechnet. Dies lässt viele Banken ihr Engagement in der Schiffsfinanzierung überdenken. Ferner ist das US-Dollar-Funding für die hier ansässigen Banken nicht einfach. Die Commerzbank hat hieraus den am weitesten reichenden Entschluss gefasst und im Sommer den Rückzug aus der Schiffsfinanzierung verkündet.

Die Bilanz deutscher Schiffsbanken 2011/2012 ist an die gesamte maritime Industrie adressiert und gliedert sich in einen quantitativen Teil, der eine Übersicht der Kreditvolumen, der finanzierten Tonnage, der Währung der Kredite sowie der Nationalität der Kreditnehmer enthält, und in einen qualitativen Teil, in dem die Ausführungen der teilnehmenden Banken zur Fris­tigkeit und Absicherung, zur Bewertung der Schiffe und den Anforderungen an Neugeschäft sowie die Sicht der Banken zu Restrukturierungen wiedergegeben werden. Die Diskussion um mögliche Hilfen für Reeder schließt sich an. Wir danken den teilnehmenden Banken für ihre Mitwirkung; eine Übersicht mit Ansprechpartnern und Kontaktadressen findet sich am Ende des Artikels.

Der Darlehensbestand per 31.12.2011 beträgt insgesamt rund 108 Mrd. € und hat sich gegenüber dem Vorjahr nur geringfügig verändert. Die betragsmäßig größte Veränderung war vom Jahr 2007, in dem als letztem »Vorkrisenjahr« der Vergleichswert rund 92  Mrd. €. betragen hat, zu dem Jahr 2008 mit rund 107  Mrd. € zu verzeichnen. Die Darlehensbestände haben sich jedoch je nach Institut sehr unterschiedlich entwickelt. Die Deutsche Shipping, die DVB Bank und die KfW IPEX-Bank haben im Vergleich zum Vorjahr jeweils sehr deutlich zugelegt. Die Bremer Landesbank und die Helaba weiteten ihre Portfolios ebenfalls aus. Die HSH hat entsprechend den EU-Auflagen ihr Portfolio in der Kernbank deutlich abgebaut. Das Portfolio der Commerzbank wurde ebenfalls deutlich reduziert. Die Portfolios der Nord/LB und der UniCredit verringerten sich demgegenüber nur geringfügig. Die Kreditzusagen der Institute, von denen Informationen vorlagen, betragen per 31.12.2011 rund 5,3 Mrd. € und haben sich gegenüber dem Vorjahr annähernd halbiert. Das Verhältnis von Zusagen zu Darlehensbestand ist bei der Helaba und der Deutschen Shipping mit 17 % bzw. 16 % am höchsten. Bemerkenswert sind die im Verhältnis zum Darlehensbestand hohen Summen für Tilgungsleistungen der Deutschen Shipping.

Markt und Marktumfeld

Die Auffassung der HSH Nordbank, dass die Krise der internationalen Schifffahrt länger als ursprünglich erwartet dauert, wird allgemein geteilt. Die weiterhin angespannten Chartermärkte und die niedrigen Schiffswerte in Verbindung mit steigenden Finanzierungsanforderungen stellen die gesamte Industrie vor immense Herausforderungen.

Im vierten Jahr der Schifffahrtskrise zeichnen sich nach Auffassung der Bremer Landesbank größere Veränderung für den maritimen Standort Deutschland ab. Hierbei wird zuerst auf das eingetrübte konjunkturelle Umfeld und bestehende Überkapazitäten, die zu unzureichenden Fracht-und Charterraten führen, hingewiesen. Als Folge hiervon wird in einigen Schiffssegmenten die Bedienung von Zinsen und Schiffsbetriebskosten als »herausfordernd« bezeichnet. Somit sind diese Segmente, obwohl nicht explizit erwähnt, kaum in der Lage, die vertragsgemäßen Tilgungsleistungen zu erbringen.

Auch die Berenberg Bank weist auf Überkapazitäten hinsichtlich der Tonnage und auf die durch die Schuldenkrise und nachlassende Wachstumsraten in reformierten Schwellenländern bedingte nachlassende Nachfrage hin.

Die UniCredit sieht sich mit dem weiteren Nachgeben der Schifffahrtsmärkte in ihrer Einschätzung bestätigt, dass die Krise in der Schifffahrt noch nicht ausgestanden sei und sich die Erholung der Märkte weiter verzögere. Als Grund hierfür wird vor allem das Überangebot an Tonnage in den wichtigsten Schifffahrtsmärkten angesehen. Angesichts steigender Verschrottungszahlen und nachlassender Ablieferungen wird aber eine Tendenz zur Verringerung des Überhangs ausgemacht. Nach Auffassung der Deutschen Shipping ist die Nachfrage nach Neufinanzierungen wegen der Zurückhaltung bei Neubestellun­gen in der jüngeren Vergangenheit deutlich zurückgegangen. Die Restrukturierungen bzw. Umfinanzierungen bestehender Kredite haben jedoch eher zugenommen. Institutsübergreifend wird auf den Zusammenhang zwischen ausgeprägter Finan­zierungszurückhaltung und dem schwierigen regulatorischen Umfeld und erhöhten Eigenkapitalanforderungen durch die European Banking Authority (EBA) sowie Basel III hingewiesen. Die Feststellungen von M. M. Warburg, dass die schiffsfinanzierenden Banken in Deutschland sich weiter konsolidiert haben und dass sie das Schiffsfinanzierungsgeschäft sehr risikobewusst und restriktiv betreiben beziehungsweise sich aus dem Geschäftsfeld zurückgezogen haben, beschreibt zusammenfassend die Einschätzung aller Marktteilnehmer. Nach Ansicht der Bremer Landesbank wird der Rückzug bedeutender Bankpartner aus der Schifffahrt durch die verbleibenden Banken nicht aufgefangen werden können und zu einer Schwächung des Standortes führen.

Geschäftsmodelle

Die HSH Nordbank wurde Ende 2009 in eine zukunftsgerichtete Kernbank und in eine interne Restructuring Unit (RU) aufgeteilt. In der RU werden diejenigen Geschäftsfelder, Beteiligungen und Portfolios abgebaut, die zukünftig nicht mehr fortgeführt werden sollen. Der Umbau der HSH Nordbank wurde durch Kapitalmaßnahmen der Hauptanteilseigner – Hamburg und Schleswig Holstein – begleitet, die von der EU-Wettbewerbskommission als staatliche Beihilfen bewertet wurden. Mit der Entscheidung der Kommission, dass die staatlichen Beihilfen und der Umbau der HSH Nordbank mit dem EU-Binnenmarkt unter Auflagen vereinbar seien, wurde das Verfahren im September letzten Jahres erfolgreich abgeschlossen. Die Bank wird, den Auflagen entsprechend, auch das Schiffskreditportfolio weiter reduzieren.

In der Halbjahres-Pressekonferenz Ende August wies die HSH darauf hin, dass Möglichkeiten zur Entlastung der Risikoaktiva und der Kapitalquoten geprüft würden. Ende Oktober wurde über eine Aufstockung der von den Bundesländern Hamburg und Schleswig-Holstein gegebenen Garantien von 7 auf 10 Mrd. € diskutiert, das sich nach Ansicht des Aufsichtsratsvorsitzenden Hilmar Kopper positiv auf künftige Ratings der Bank auswirken würde. Inwieweit es sich hierbei um einen neuen Beihilfefall, der gegebenfalls weitere Auflagen nach sich zieht, oder um ein Reinstatement der oben beschriebenen Maßnahmen handelt, wie von Kopper argumentiert, ist noch nicht abschließend geklärt. Die HSH Nordbank befindet sich nach seiner Auffassung insgesamt in einer schwierigen Phase und sie habe unter anderem Probleme mit dem Geschäft der Schiffsfinanzierung.

Das Businessmodel der HSH Nordbank ist darauf ausgelegt, auch zukünftig zu den führenden Teilnehmern im globalen Markt für Schiffsfinanzierun­gen weltweit zu zählen. Entsprechend sollen auch zukünftig den international agierenden Reedereien langfristige Schiffshypothekendarlehen, Bauzeit­finanzierungen und strukturier­te Schiffsfinanzierungen angeboten werden.

Die Bremer Landesbank, deren Bereich Schifffahrt ein bedeutender Bestandteil des Geschäftsfeldes Spezialfinanzierungen ist, betont, dass ihr Engagement in der Schifffahrt langfristig ausgelegt sei und sie ihren Kunden nicht nur in Boom-Phasen, sondern auch in schwierigen Zeiten zur Seite stehe. Die Regionalbank mit überregionalem Spezialgeschäft kann ihre Kunden – mittelständische Reedereien in Deutschland, Zypern, Benelux und Griechenland – hinsichtlich aller Facetten des weltweiten Schiffsgeschäftes begleiten.

Shipping Finance ist das Kerngeschäftsfeld der Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba) im Bereich Corporate Finance. Der Kundenfokus liegt auf Reedereigeschäft mit den nachhaltig Besseren der Branche. Regional hat die Helaba dabei ein besonderes Augenmerk auf den maritimen Markt in Deutschland. Der Assetfokus liegt auf liquider Standardtonnage.

Schwerpunkt der KfW IPEX-Bank bleibt die Finanzierung von Neubauprojekten; möglich sind aber auch Kredite für Schiffsumbauten sowie die Finanzierung von Schiffen auf Basis deutscher Zuliefererpakete, deren Wert 20 Mio. € übersteigen sollte. Die Kredite der Schiffsfinanzierung haben nach wie vor einen signifikanten Anteil am Kreditvolumen der Projekt- und Exportfinanzierung der KfW IPEX-Bank und sollen dieses Niveau auch zukünftig behalten.

Die rechtliche Integration der Deutschen Schiffsbank in die Commerzbank wurde plan­gemäß abgeschlossen. Mit der im Mai 2012 wirksam gewordenen Verschmelzung trat die Commerzbank dann die Gesamtrechtsnachfolge der Deutschen Schiffsbank an. Für alle Marktteilnehmer überraschend kam Ende Juni 2012 die Mitteilung, dass die Commerzbank die Fokussierung auf das Kerngeschäft beschleunigen und unter anderem die Schiffsfinanzierung in das Abbausegment Non Core Assets (NCA) übertragen wolle, welches komplett – und »wertschonend« – abgebaut werden solle. Als wesentliche Gründe werden hierfür »die hohe Kapitalbindung und die steigenden Liquiditätsanforderungen unter Basel III, gerade auch für langfristige Finanzierun­gen, sowie die auch künftig zu erwartenden starken zyklischen Schwankungen im Ergebnis« genannt.

Die Deutsche Shipping wird als eigenständiger Bereich im Deutsche-Bank-Konzern mit globaler Verantwortung für das Geschäft mit Kunden der Schifffahrtsindus­trie geführt. Auch in den weiterhin sehr herausfordernden Schifffahrtsmärkten sollen künftig tragfähige Finanzierungskonzepte gemeinsam mit Kunden entwickelt und realisiert werden. Beachtenswert ist, dass die Deutsche Bank neben ihren partnerschaftlichen Kundenverbindungen auch ausgewählten Neukunden für Finanzierun­gen weiterhin zur Verfügung steht. Ferner möchte man Kunden auch Kapitalmarkt­lösungen und die gesamte Produktpalette einer international tätigen Universalbank erschließen.

Bei der UniCredit ist der Geschäftsbereich Global Shipping mit Hauptsitz in Hamburg Teil der Division UniCredit Corporate & Investment Banking. Das Global Shipping zeichnet sich seit langem unter anderem durch Spezialisten für die Bereiche Offshore und Maritime Logistics aus.

Die internationale Schifffahrtsabteilung (Shipping) der Berenberg Bank ist einer von mehreren Teilbereichen des Corporate Bankings. Dienstleistungen rund um das Trea­sury gehören zum Kerngeschäft, das von Reedereien, Schiffsmanagern bis hin zu P&I-Clubs in Anspruch genommen wird. Der Wettbewerb soll über die Qualität der Leistungen geführt werden. Hierbei ist das Zentralbetreuersystem, das direkte Kommunikation mit Kompetenzträgern und schnelle Entscheidungen gewährleistet, ein zentraler Erfolgsfaktor. Im Kreditbereich hat sich die Berenberg Bank auf Finanzierungs­angebote für Reeder, die ihr Geschäft mit Gebrauchtschiffen betreiben, spezialisiert. Typische Transaktionen sind durch Beträge zwischen 5 bis 10 Mio. $ und kurz- bis mittelfristige Laufzeiten charakterisiert. Bei M. M. Warburg ist das Schiffskreditgeschäft in einer Spezialabteilung des Relationship Managements konzentriert. Das Angebot umfasst neben dem Kreditgeschäft in Form von Schiffshypothekendarlehen eine vollumfängliche Begleitung der maritimen Kunden von der Kontoführung bis zum Derivat- und Auslandsgeschäft.

Die DVB Bank ist die weltweit einzige Bank, die ausschließlich im Transport Finance tätig ist. Die Shipping Division, als einer von drei Geschäftsbereichen, ist in Form von sieben Sektoren organisiert. Die Ostfriesische Volksbank betreut mit ihren Filialen seit vielen Jahren die Reedereien entlang der Ems-Achse. Im Bereich der Schiffsfinanzierung bietet die Bank neben den klassischen Bauzeit- und Endfinanzierungen die Finanzierung von Second-Hand-Tonnage an. Trotz der schwierigen Rahmenbedingungen konnten zahlreiche Stammkunden an der Ems in den letzten Jahren bei mehreren neuen Projekten sowie bei der Finanzierung von Klassekosten begleitet werden. Obwohl keine Neugeschäftsrestriktionen bestehen, bewegt sich die Zahl der Neuanträge auf überschaubarem Niveau. Aufgrund der Größenbeschränkun­gen, die beispielsweise bei der Finanzierung ganzer Flotten oder von Neubauserien zum Tragen kommt, wird das Geschäft überwiegend im Konsortium mit der DZ Bank, aber auch mit anderen schiffsfinanzierenden Banken abgebildet.

Flottenstruktur der Schiffskreditportfolios

Zur Flottenstruktur liegen unterschiedlich detaillierte Angaben vor. Die Unterscheidung nach Schiffstypen wurde von allen Banken vorgenommen. Sofern eine weitere Unterteilung z. B. der Containerschiffe unterblieb, wurden diese als »unspezifiziert« bezeichnet.

In der Gesamtflottenstruktur ergeben sich gegenüber dem Vorjahr deutliche Veränderungen. Der Anteil der Containerschiffe hat sich von 32 % auf 38 % erhöht, während der Anteil der Bulker von 17 % auf 13 % und der Anteil der Tanker von 23 % auf 18 % gefallen ist. Die Bereiche Special­ized Cargo, Offshore und Fähren / Cruiser konnten jeweils leicht zulegen. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass in der Auswertung des letzen Jahres die Daten der Deutschen Shipping nicht enthalten waren und dieses Jahr die Daten der Commerzbank und der UniCredit nicht vorlagen.

Das Containersegment dominiert bei der HSH Nordbank, der Nord LB, der Bremer Landesbank und der Helaba. Die KfW IPEX-Bank hat insgesamt am stärksten in Fähren und Kreuzfahrtschiffe (Cruiser) investiert und weist so auch den höchsten prozentualen Anteil dieser Schiffstypen in ihrem Portfolio auf. Die Portfolios der Deutschen Shipping und der DVB Bank weisen im Vergleich zu den anderen Banken hohe Anteile an Tanker- sowie Offshore-­Finanzierungen aus.

Währungen

Der Dollar ist mit rund drei Viertel die weiterhin dominierende Währung in der Schiffsfinanzierung. Die Anteile des Euro mit 16 % und des japanischen Yen mit 6 % haben sich gegenüber dem Vorjahr nur unwesentlich verändert. Das britische Pfund und der Schweizer Franken haben faktisch keine Bedeutung. Die OVB Leer hat mit rund 60 % den höchsten Anteil an in Euro valutierenden Finanzierungen. Auch die KfW IPEX-Bank und die Bremer Landesbank haben im Vergleich einen relativ hohen Anteil an auf Euro lautenden Ausleihungen.

Kreditportfolios nach Ländern

Rund drei Viertel der Kredite sind wie im letzten Jahr an europäische Adressen herausgelegt worden. Der Anteil deutscher Adressen hat sich gegenüber dem Vorjahr leicht erhöht, während sich der Anteil der übrigen europäischen Adressen leicht reduziert hat. Die Bremer Landesbank und die Nord LB weisen den höchsten Anteil an deutschen Kreditnehmern auf. Die KfW IPEX-Bank hat den mit Abstand höchsten Anteil amerikanischer Adressen im Bestand und weist den zweithöchsten Anteil außereuropäischer Kreditnehmer aus. Das mit Abstand am internationalsten aufgestellte Institut ist die DVB Bank, die auch den höchsten Anteil asiatischer Kreditnehmer aufweist.

Kreditlaufzeiten

Die Kreditlaufzeit ist bei der Mehrzahl der Banken grundsätzlich kürzer als die (Rest-)Nutzungsdauer der Schiffe, sodass es zu einem entsprechenden Ballon kommen kann. Die Einschätzungen zum Einfluss von Basel III auf die Kreditlaufzeit sind zurückhaltend. Die generelle Aussage der Deutschen Bank, dass die Kreditlaufzeit unter Basel III einen weitergehenden Einfluss auf die Kapitalkosten hat und sich dies in veränderten Laufzeiten oder einer Veränderung der Zinskosten niederschlagen müsse, beschreibt die Zusammenhänge.

Zinsen

Vor dem Hintergrund der mittelfristigen Zinserwartungen werden von den Kreditnehmern überwiegend kurzfristige Zinsabsprachen (ein bis sechs Monate) getroffen. Die am häufigsten verwendeten Referenzzinssätze sind der Euribor und der Libor. Die Berenberg Bank verwendet als Referenzzinssatz nicht den Libor, sondern einen von anerkannten Geldhändlern veröffentlichten Satz. Sie betont, dass dieses Verfahren transparent und für den Kunden auch nachvollziehbar sei. Festzinsvereinbarun­gen werden demnach eher selten geschlossen. Zinssatzänderungsrisiken werden über Zinsswaps und zum Teil über Caps abge­sichert.

Auf die Frage, ob aus Bankensicht in den Reedereien ein ausreichendes Risikomanagement hinsichtlich Zinssatz- und Währungskursänderungen implementiert sei, gingen sehr unterschiedliche Antworten ein. Einige Banken verwiesen auf die gute Zusammenarbeit mit ihren Kunden und der Zielsetzung, gemeinsam eine langfristige Wirtschaftlichkeit zu erreichen. Den Kunden wurde daher grundsätzlich ein bewusster Umgang mit Zins- und Währungsrisiken attestiert. Auf der anderen Seite gab es aber auch die klare Ansage von Banken, dass noch Verbesserungspotenzial erkennbar sei.

Beleihungswertermittlung

Die Ermittlung des Beleihungswertes der Schiffe erfolgt in der Regel anhand aktueller gutachtlich von Sachverständigen ermittelter Marktwerte. In die Risikobeurteilung fließen jedoch auch die erwarteten Cash-Flow-Ströme mit ein. Der Ansatz des Long Term Asset Values (LTAV) ist für die meis­ten Banken (noch) nicht relevant, da er aufsichtsrechtlich nicht anerkannt ist.

Einige Banken zeigen sich einem Discounted-Cashflow-Verfahren gegenüber grundsätzlich aufgeschlossen. Die bisherigen Prämissen werden jedoch infrage gestellt. Dies betrifft insbesondere die Prognose der zukünftigen Chartererlöse auf Grundlage der indexierten Zehn-Jahres-Durchschnittscharter.

Restrukturierungen

Die Aussage der Bremer Landesbank, dass Restrukturierungen stark auf den Einzelfall bezogen seien und der Anstrengung aller Beteiligten bedürfen, wird von den anderen Banken mehrheitlich geteilt. Sowohl von Reedern als auch von Anlegern wird erwartet, dass sie ihre Beiträge in Form von neu aufzubringendem Kapital leisten. Wesentliches Kriterium einer Restrukturierung ist nach Aussage der Deutschen Shipping ein tragfähiges Gesamtkonzept, welches die Rückführung des Kredites als Ziel sicherstellt. Dies deckt sich mit den Anforderungen von M.M. Warburg. Die KfW IPEX-Bank thematisiert zusätzlich die Einbindung der Eigenkapitalgeber.

Die UniCredit und die Helaba stellen auf eine Nachhaltigkeit der angestrebten Lösung, d.h. eine positive Fortführungsprognose, ab und fordern den Kooperationswillen aller Beteiligten bzw. einen adäquaten Eigenkapitalbeitrag ein. Die Aussage der Berenberg Bank kann in die Schlagworte »positiver Cashflow«, »respektable Partner«, »Reserven« und »fungible Tonnage« zusammengefasst werden. Die Bremer Landesbank weist ferner darauf hin, dass bei der Restrukturierung diverse aufsichtsrechtliche sowie bilanzielle Erfordernisse zu beachten seien. In dem Abschluss der Bank soll das zivilrechtliche Darlehen auch als Darlehen ausgewiesen und nicht als Beteiligung eingestuft werden. Kriterien hierfür sind die Art der Verzinsung (beispielsweise erfolgsabhängige Bestandteile) und die Prüfung einer etwaigen Beherrschung. Ferner möchten die Banken vermeiden, dass der zur Finanzierung des Schiffes herausgelegte Kredit als Organ­kredit im Sinne des Kreditwesengesetzes (KWG) angesehen wird, da dies die Eigenkapitalunterlegung deutlich erhöht.

Refinanzierung

Die Refinanzierung über den Interbankenmarkt stellt weiterhin eine Herausforderung dar. Dies betrifft neben der Verfügbarkeit auch die Laufzeiten. Nach der Auffassung der Deutschen Shipping haben im Euro-Raum ansässige Banken nach wie vor einen Wettbewerbsnachteil im Vergleich zu US-amerikanischen Wettbewerbern. Deren Markteinschätzung, dass seit Sommer 2012 erste Entspannungstenden­zen zu beobachten seien, wird von der KfW IPEX-Bank und der Helaba nicht geteilt, da nach ihrer Wahrnehmung die langfristige Dollar-Liquidität für die meisten schiffsfinanzierenden Banken schwierig und teuer bleiben wird. Die Berenberg Bank weist darauf hin, dass auch für Banken die Refinanzierung bei nachlassender Bonität mehr kosten wird. Die HSH Nordbank verweist auf den Zusammenhang, dass sich mit einer Reduktion der Bilanzsumme auch der originäre Dollar-Bedarf verringert. Die Bremer Landesbank geht davon aus, dass die Asset-Klasse Schiff in den nächsten Jahren an Attraktivität gewinnen wird und dass dadurch die langfristige Refinanzierung über Schiffspfandbriefe wieder attraktiver wird.

Geschäftsentwicklung

Die Aussage der HSH Nordbank zur Geschäftsentwicklung im Bereich Shipping spiegelt einen möglichen Aufbruch wider: Mit dem Fokus auf interessante Märk­te und Neukunden mit guter Eigenkapitalverfügbarkeit und attraktivem Risiko-Return-Profil konnten vermehrt Marktchancen genutzt werden. Das Risikomanagement des Bestandsportfolios bedarf aber weiterhin besonderer Aufmerksamkeit. Die Bremer Landesbank bewertet ihre Ertragslage unverändert als zufriedenstellend. Einzelfallbezogen sei es zur Anpassung von Margen gekommen, um erhöhten Risiken und gestiegenen Kapitalunterlegungen Rechnung zu tragen. Die Bank versucht der angespannten Liquiditätssituation ihrer Kunden durch reduzierte Chartereinnahmen dadurch gerecht zu werden, dass sie Tilgungsstundungen je nach Situation innerhalb der »Dreijahresfrist« ermöglicht. Trotz aktivem und erfolgreichem Krisenmanagement ist die Bank auf weitere Leis­tungsstörungen vorbereitet und wird aufgrund der andauernden kritischen Situation in der Schifffahrt ihre Risikovorsorge im laufenden Jahr erhöhen. Die Bremer Landesbank betont, dass ihre Ertragskraft dies zulässt und sie in der Lage ist, die Krise durchzuhalten.

Der Fokus der Helaba liegt im Bestandsgeschäft in Verbindung mit selektivem Neugeschäft, in dem die aktuellen Margen für Senior Loans als auskömmlich angesehen werden.

Die KfW IPEX-Bank steht weiter für risikomäßig vertretbares, ertragsorientiertes Neugeschäft zur Verfügung. Die essenzielle Bedeutung der Einbindung von Export Credit Agencys (ECAs) wird besonders betont. Die erzielbaren Margen werden grundsätzlich als auskömmlich angesehen, jedoch stünden diese bei Top-Risiken schon wieder unter Druck. Die Geschäftsentwicklung wird von der Deutschen Shipping insgesamt positiv bewertet. Trotz der weiterhin sehr angespannten Lage in der gesamten Schifffahrtsindustrie steht sie für Neugeschäft weltweit weiter zur Verfügung. Für die längerfristige Zukunft wird wieder eine deutlich positivere Entwicklung mit weiter verbesserten Geschäftsmöglichkeiten für Kunden und Bank erwartet. Zur Deckung der Risikokos­ten der Bank und zur Erreichung der Rentabilitätsziele werden für jedes Geschäft die Erfordernisse an die Marge einzeln geprüft, wobei ein individuelles Pricing erfolgte. Bei der UniCredit liegt der Fokus auf der Beherrschung des Portfolios in der fortgesetzten Krise. Ferner erfolgt ein aktives Begleiten von Restrukturierungslösungen, gegebenenfalls auch durch Neufinanzierungen. Die historischen Margen werden angesichts der Ratingmigration häufig als zu niedrig angesehen.

Entsprechend des Geschäftsmodells der Berenberg Bank, die sich als Dienstleister sieht, legt sie nur Finanzierungen aus, um damit weitere Geschäfte für andere Bereiche der Bank zu akquirieren. Die konservative Vorgehensweise in der Vergangenheit hinsichtlich der Kreditvergabe hat sich ausgezahlt. Dies gilt auch für die erzielten Margen. Die Ostfriesische Volksbank erwartet vor dem Hintergrund der neu erteilten Kreditzusagen und der im Vorlauf befindlichen Projekte auch im Jahr 2012 trotz der nennenswert erbrachten Tilgungen eine leichte Ausweitung des Kreditbuches. Sie führt die gute Entwicklung des Geschäftes auf die Nähe zu ihren Kunden, die enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit sowie die kurzen Entscheidungswege innerhalb der Bank zurück.

Diskussion über Hilfen für Reeder:

Ausgangspunkt der Analyse sind die von der Reederei getroffenen unternehmerischen Entscheidungen:

1. Investitionsentscheidung: Erwerb und Betrieb eines bestimmten Schiffes (Art und Größenklasse) zu einen bestimmten Herstellungs- oder Kaufpreis.

2. Entscheidung über Struktur und Rechtsform: Gründung einer Zweckgesellschaft (SPV) zur Risikobegrenzung und Einbindung einer großen Anzahl unternehmerisch mitbeteiligter Investoren.

3. Finanzierungsentscheidung: Einsatz von Eigen- oder Fremdmitteln zur Begleichung des Kaufpreises.

Das der Zweckgesellschaft unbefristet zur Verfügung stehende Eigenkapital hat neben der Finanzierungsfunktion auch noch eine Haftungs- und Verlustausgleichsfunktion. Durch die Nachrangigkeit des Eigenkapitals soll die Befriedigung der Gläubiger, d. h. die vollständige Bedienung ihrer Forderungen, sichergestellt werden. Auf der anderen Seite stehen die Gewinne ausschließlich den Eigenkapitalgebern zu.

Die Objektgesellschaft hat zur teilweisen Finanzierung des Schiffes einen Kreditantrag gestellt. Die Bedienung des Kredites sollte aus den Überschüssen des laufenden Schiffsbetriebs erfolgen. Es handelt sich üblicherweise um Non-Recourse-Finanzierun­gen. Es wurde nur auf den Cashflow aus den Chartereinnahmen und den Wert des Schiffes abgestellt.

Darüber hinaus wurden in der Regel keine im Verhältnis zur Darlehenssumme wirtschaftlich ins Gewicht fallende weiteren Sicherheiten vereinbart. Da das nicht haftende Fremdkapital in der Regel geringer zu verzinsen ist als die erwartete Projektrendite, steigert der Leverage die Rendite des Eigenkapitals im Erfolgsfall und erhöht aber umgekehrt im Verlustfall die Risiken.

Mit dem Kreditvertrag wurden regelmäßig Covenants vereinbart, die insbesondere das Verhältnis von Loan-to-Value (LTV) regeln. Dies ist aus Bankensicht vor dem Hintergrund fehlender weitergehender Rückgriffsrechte von hoher Bedeutung. Die Bank hat das Darlehen entsprechend des Ratings der Objektgesellschaft mit Eigenkapital zu unterlegen (Basel II) und hat sich selbst refinanziert. Die Überkapazität an Tonnage hat die Chartererlöse einbrechen lassen, die in einigen Schiffsklassen nur noch die Betriebskosten decken. Der Kapitaldienst kann nur eingeschränkt geleistet werden. Der Marktwert des Schiffes, das der Besicherung des Darlehens dient, hat sich in der Regel ebenfalls deutlich verringert, der vereinbarte LTV wird nicht eingehalten. Als Folge hat sich das Rating der Objektgesellschaft deutlich verschlechtert. Teilweise übersteigt der Darlehensstand den Marktwert des Schiffes, sodass das Fremdkapital schon eine Haftungsfunktion des Eigenkapitals übernimmt. Die finanzierende Bank hat die Eigenkapitalunterlegung des Darlehens aufgrund des schlechteren Ratings um ein Vielfaches zu erhöhen. Aus aufsichtsrechtlicher Sicht ist dies konsequent, da die Bank für die von ihr zu tragenden Risiken mit Eigenkapital haften soll. Sofern die Objektgesellschaft auch die Zinszahlung nicht erwirtschaftet, hat die Bank die für die Refinanzierung zu leistenden Zahlungen aus ihrer eigenen Substanz zu leisten.

Aus Sicht der Banken wurden die kreditvertraglich vereinbarten Zahlungen nicht oder nicht vollständig erbracht und die der Sicherung der Darlehensrückzahlung dienenden Covenants nicht eingehalten. Die Objektgesellschaft befindet sich im Default. Die Bereitschaft der Gesellschafter und die der Reedereien, substanzielle Beiträge zu einer Restrukturierung oder Sanierung zu leisten, werden von den Banken nicht immer als ausreichend erachtet. Vielmehr entsteht immer häufiger der Eindruck, dass die Eigenkapitalposition aufgegeben wird.

Darüber hinaus ist für die meisten Banken das Dollar-Funding seit Beginn der Finanzkrise schwieriger geworden. Treten im Kreditverhältnis bei Schiffen, deren Restvaluta in etwa dem Marktwert entspricht, Leistungsstörungen auf, kann es aus betriebswirtschaftlicher Sicht der Bank sinnvoll sein, das Schiff im Rahmen der vertraglichen Vereinbarungen zu verwerten. Die Bank würde ihr Exposure reduzieren, ohne Verluste zu realisieren. Warum sollte sie dies nicht tun? Die Situation würde sich verschärfen, wenn ehemals auskömmliche Chartern wegbrechen (siehe z.B. jüngst Sanko Steamship) und die neuen Marktchartern nicht auskömmlich wären. Soll dann gegebenenfalls auch eine Finanzierung des laufenden Betriebsverlustes erfolgen?

Gelegentlich haben Banken ihre Kunden in Erwartung einer schnelleren Markterholung trotz Default weiter begleitet, sodass die Restvaluta des Darlehens den Marktwert des Schiffes deutlich übersteigt und die kurzfristig erzielbaren Chartern keine Bedienung des Kapitaldienstes ermöglichen. Wem ist in diesen Fällen zu helfen, wer soll die aufgelaufenen Verluste tragen, und wer soll die Verfügungsgewalt über das Schiff ausüben? Auf der anderen Seite berichten Marktteilnehmer von entschuldeten Schiffen, denen kein Betriebsmittelkredit für anstehende Klassekosten gewährt wird. Sowohl der Bundeswirtschaftsminister als auch der Verband Deutscher Reeder (VDR) haben kürzlich erste Stellungnahmen hierzu abgeben.

Der Bundeswirtschaftsminister

Bundeswirtschaftsminister Dr. Philipp Rösler nahm auf dem 16. Seeschifffahrtstag in Haren zur Situation der Reedereien Stellung. Dabei ging es vornehmlich um die Frage, wie die Hilfe vom Bund für die Reedereien aussehen kann. Der Bundeswirtschaftsminister will zunächst mit den Banken, denen in der Krise mit Steuergeldern geholfen wurde, sprechen, da diese sich nach seiner Wahrnehmung jetzt sehr plötzlich und sehr schnell aus dem Schiffsfinanzierungsgeschäft zurückziehen wollen. Er vertritt die Auffassung, dass die Regierung dies nicht zulassen dürfe, da sonst einer gesamten Branche die Existenzgrundlage entzogen würde und verweist ferner auf die daraus resultieren­den volkswirtschaftlichen Schäden. Grundsätzlich zeigte der Bundeswirtschaftsminister Verständnis für die – zum Teil auch von der Politik eingeforderten – Restrukturierungsmaßnahmen der schiffsfinanzierenden Banken, die er gleichzeitig ermahnte, dass die Umsetzung nicht andere Branchen in Gefahr bringe dürfe. Auf Regierungsebene werde über andere Bewertungsverfahren für Schiffe, andere Ratingverfahren und die Finanzierung von Überbrückungskrediten aus den bisherigen Förderprogrammen der KfW diskutiert, sagte Rösler. Für kleine Reedereien könne der Zusammenschluss mit anderen zu ei­ner besseren Wettbewerbsfähigkeit führen. Über die Schaffung der hierfür notwendigen steuerlichen Voraussetzungen fänden ebenfalls Gespräche statt.

Der VDR

Der Lösungsansatz des Verbandes Deutscher Reeder stellt auf eine Unterstützung seitens der KfW für die Seeschifffahrt ab. So forderte Ralf Nagel, ge­schäftsführendes Präsidiumsmitglied des VDR, anlässlich des 16. Harener Seeschifffahrtstags: »Die KfW muss den deutschen Reedern in der Doppelkrise mit begrenzten, befris­teten und rückzahlbaren Engagements helfen.« Die Vorschläge des VDR werden in einem Thesenpapier durch drei konkrete Ansätze formuliert (siehe auch S. 103):

1. Bereitstellung einer Überbrückungs­finanzierung auf Grundlage einer erstrangigen Besicherung der KfW am Schiff.

2. Übernahme von bestehenden Schiffsfinanzierungen von Geschäftsbanken durch die KfW, sofern eine ausreichende Besicherung sichergestellt ist.

3. Schaffung eines eigenständigen KfW-Förderprogramms »Green Shipping«, dessen Antrags- und Förderkriterien auf die Schifffahrtsbranche zugeschnitten sind.

Anmerkungen und Ausblick

Sowohl für Reedereien als auch für die sie finanzierenden Banken ist die Situation ernst, Existenzen sind gefährdet. Auch wenn die primären Ursachen für die wirtschaftlichen Schwierigkeiten zahlreicher Reedereien bzw. Objektgesellschaften ähnlich sind, so sind die daraus resultierenden Folgen vielschichtig. Die Lösungsansätze sollten neben den Reedereien auch die schiffsfinanzierenden Banken mit einschließen. Die Qualität und Wirtschaftlichkeit der Bereederung wird nach Aussage einiger Banken in Zukunft deutlich stärker in den Fokus rücken. Die zum Teil überdurchschnittlich hohen Betriebskosten (OPEX), die einen weitergehenden Kapitaldienst verhindern, gilt es auf ein konkurrenzfähiges Niveau – insbesondere zu griechischen und asiatischen Wettbewerbern – zu senken. Die Frage, inwieweit die Folgen einer unwirtschaftlichen Bereederung durch zusätzliche Hilfen ausgeglichen werden sollen, scheint berechtigt.

Ferner sollte diskutiert werden, ob im Rahmen der Verwertung der Verkauf älterer Tonnage an andere Marktteilnehmer erfolgt oder ob im Hinblick auf den Tonnageüberhang nicht ein Abwracken sinnvoller wäre. Ein weiterer Ansatzpunkt betrifft die Vermarktung der Schiffe. Viele kleine, untereinander konkurrierende Reeder bieten diese wenigen Nachfragern an. Im Rahmen des (kartell-)rechtlich Zulässigen sollte über eine effizientere Vercharterung mit dem Ziel des Auffahrens auskömmlicher Chartererlöse nachgedacht werden. Die Förderung von umweltschonenden Technologien in der Seeschifffahrt, wie z. B. der Scrubber-Technik zur Abgasreinigung und die Umrüstung auf LNG sowie die Installation von Ballastwasser-Management- Systemen, die in der Regel unter »Green Shipping« zusammengefasst werden, könnten ein gezielter Ansatzpunkt zur Förderung durch die KfW sein. Schwierig ist die Situation bei Projekten, bei denen der Kaufpreis des Schiffes aus heutiger Sicht deutlich zu hoch war. Die durch den Wertverfall des Schiffes verur­sachten Verluste werden das Eigenkapital vermutlich vollständig aufzehren und auch die finanzierenden Banken werden die Darlehen in erheblichem Umfang abschreiben müssen.

Die Verwertung von Schiffen im Rahmen von Zwangsversteigerungen mag der Bankenlogik entsprechen. Das Problem der Überkapazitäten wird durch den Eigentümerwechsel jedoch nicht gelöst. Man wird in dem einen oder anderen Fall aber anerkennen müssen, dass eine Bank wirtschaftlicher Eigentümer des Schiffes geworden ist und sie mit ihr genehmen Reedereien zusammenarbeiten möchte. Viele Marktteilnehmer gehen eher von einer mittel- bis langfristigen Erholung der Märkte aus. Solange der Ausstoß der Werften zumindest temporär nicht deutlich gemindert wird, gibt es Zweifel an Maßnahmen zur Stützung der Bestandsflotte. Eine umfassende Intervention der Eigentümerstaaten zur Stützung der jeweiligen nationalen Flotte kann die Phase nicht auskömmlicher Chartern deutlich verlängern. Dies kann nicht das Interesse der Branche sein.

Der Ruf nach staatlicher Hilfe ist die Erwartung, dass die von einer Vielzahl von Bürgern aufgebrachten Steuergelder zur Stützung einer Industrie eingesetzt werden, die durch das Tonnagesteuersystem selbst wenig zum Steueraufkommen beiträgt. Auf die Frage nach der Gegenleistung für die Hilfe sollte man – auch im Hinblick auf die Wahlen des nächsten Jahres – eine schlüssige Antwort haben. Die Mitarbeiter der ehemaligen Nordseewerke Emden sowie der P+S Werften werden dies mit Sicherheit sehr genau verfolgen.

Die Diskussion um die Wiedererhöhung des Garantierahmens der HSH Nordbank um 3 Mrd. € würde von vielen sicher als Wahrnehmung unternehmerischer Verantwortung positiv gesehen, wenn es sich bei den Gesellschaftern nicht um die zwei Bundesländer Hamburg und Schleswig-Holstein handeln würde. Bei der Diskussion um den Einsatz öffentlicher Mittel, sei es als Bürgschaft oder in Form von harten Zahlungen, wird zu Recht die Frage gestellt, wie weit der »Schirm« aufgespannt werden soll. Umfasst das öffentliche Rettungskonstrukt nur die nach betriebswirtschaftlichen Kriterien gesteuerte Bank oder können Teile der Schifffahrt mit in die Absicherung einbezogen werden? Durch die sich verbessernden Ratings der Kreditnehmer würde sich auch die Lage der Bank verbessern. Sollen nur die Folgen des Kreditausfalls auf Ebenen der Bank geheilt werden oder soll der Kreditausfall des Schuldners verhindert werden?

Den schiffsfinanzierenden Banken, die jetzt zum Teil erhebliche Wertberichtigungen auf Darlehen vornehmen, sollten ebenfalls Lösungen aufgezeigt werden, auch zukünftig Schiffe für solide Reedereien zu finanzieren, anstatt sich aus dem Geschäft zurückzuziehen. So richtig der Kern der Basel-Regularien ist, sollte der Zeitpunkt der Umsetzung bzw. der Verschärfung vor dem Hintergrund der Auswirkungen auf die Branchen, die von den jeweils betroffenen Banken finanziert werden, genau geprüft werden. Ein zeitlich befristetes Moratorium für Bestandsfinanzierungen und gestaffelte Übergangsvorschriften könnten für Banken eine entlas­tende Wirkung haben und so auch Druck von den Reedereien nehmen.

In der Schifffahrt sind Zyklen eine normale Erscheinung, deren Dauer und Intensität sich jedoch nicht treffsicher vorhersagen lassen. So ist die Aussage, dass nach dieser Krise ein Aufschwung kommen wird, sicher richtig, nur kann keiner den Zeitpunkt vorhersagen. Von vielen Insidern wird mit Blick auf die wirtschaftliche Lage der gesamten Branche geäußert, dass in immer mehr Fällen nur noch ein deutliches Anziehen der Chartermärkte den Zusammenbruch verhindern kann. Die technische Entwicklung zu effizienteren und umweltfreundlichen Schiffen, die zu relativ attraktiven Preisen angeboten werden, kann die Sanierung von insbesondere wenig (treibstoff-)effizienter Alt-Tonnage wirtschaftlich unrentabel machen.

Auf der anderen Seite ist es Teil der marktwirtschaftlichen Ordnung und Stärke, dass strukturelle Anpassungen an geänderte Rahmenbedingungen erfolgen. In der Werftindustrie hat ein solcher Prozess mit dem Ergebnis stattgefunden, dass der überwiegende Teil der deutschen Werftkapazitäten – nicht jedoch der deutschen Zulieferindustrie – abgebaut wurde. Die Diskussion hierüber scheint erst am Anfang zu stehen.

Um der Seeschifffahrt substanziell zu helfen, bedarf es mehr als der »einen« Lösung. Gefordert ist vielmehr ein flexibles Maßnahmenbündel, dessen Instrumente sich an die jeweiligen individuellen Erfordernisse anpassen lassen. Die Reedereien sollten sich darauf einstellen, dass von ihnen weitere Beiträge eingefordert werden. Die Besetzung des »Drivers Seat« wird zukünftig Gegenstand harter Verhandlungen werden.


André Menze