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Über den jüngst abgelieferten umweltfreundlichen Saugbagger mit diesel-elektrischer Antriebsanlage, seine Stromerzeugung, sein elektrisches Bordnetz und seine Baggeranlage
Das von der J. J. Sietas Schiffswerft gebaute Saugbaggerschiff wurde Ende September in der Hamburger Hafencity von Monika Breuch-Moritz[ds_preview], der Präsidentin des Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydro­graphie, auf den Namen »Eke Möbius« getauft. Der Saugbagger wurde an das zur öster­reichischen Strabag-Gruppe gehörende und in Hamburg ansässige Wasser- und Hafenbauunternehmen Josef Möbius Bau abgeliefert. Namensgeberin des Neubaus ist die Ehefrau von Werner Möbius, dem Aufsichtsratsvorsitzenden der Gesell­schaft. Er ist auch als Erfinder bekannt und hat der Technischen Universität Hamburg-Harburg 2012 die erste Professur für Baumechatro­nik in Deutschland gestiftet. Die »Eke Möbius« (Bau-Nr. 1125) ist das mo­difizierte Schwesterschiff der »Werner Möbius« (Bau-Nr. 1124), dem ers­ten auf der Neuenfelder Werft gefertigten Saugbagger. Beide Schiffe wurden im Sommer 2008 be­stellt und sind bis auf die Länge baugleich. Die rund 40 m längere »Eke Möbius« besitzt ein Lade­raumvolumen von 7.350 m3, die kleinere »Werner Möbius« hingegen 5.500 m3. Letztere wurde bereits im November 2010 abgeliefert, bei Arbeiten für den neuen Jade­WeserPort in Wilhelmshaven eingesetzt und ist derzeit im Schwarzen Meer beschäftigt.

Die Schiffe sind besonders geeignet für die Unterhaltung und Vertiefung von Fahrwasser, für die Hafenbaggerung sowie zur Landgewinnung. Sie entstanden in Zusammenarbeit mit der niederländischen Vosta LMG, einer Gesellschaft mit Wurzeln in der Lübecker Maschinenbaugesellschaft und der in Enkhuizen ansässigen Stapel-Werft. Daraus entwickelte sich in den vergangenen anderthalb Jahrzehnten ein Unternehmen mit viel Erfahrung in der spezifischen Schwimmbagger-Technologie. Vosta lieferte den Basisentwurf und die Komponenten für die Baggerausrüs­tung. Sietas übernahm die Detailkonstruktion und den Bau der Schiffe.

Schiffsbeschreibung

Die »Eke Möbius« (IMO-Nr. 9524152, Rufzeichen DGAW) ist 120 m lang, 21 m breit, für einen Tiefgang von 6,80 m ausgelegt und wird über zwei elektrische Fahrmotoren angetrieben. Damit werden bei Freifahrt 13 kn erreicht, im Baggerbetrieb sind 2 kn vorgesehen. Der Neubau ist mit 6.725 BRZ vermessen und hat eine Tragfähigkeit von 9.900 dwt. Ein auffälliges Merkmal des Unterwasserschiffes ist der ausgeprägte Wulstbug (Abb. 1). Er dient neben der Optimierung der Schiffsgeschwindigkeit auch der Vergrößerung der Verdrängung.

Im Vorschiff befindet sich das Brückenhaus mit den Messen, Aufenthaltsräumen, Kabinen und der Kombüse. Die Provianträume und die Klimaanlage sind im Zwischendeck; im untersten Deck (Tanktop) wurden die Trinkwasser- und Abwasseranlage sowie die Kälteverdichter für die Klimaanlage angeordnet. Auf diesem Deck sind auf beiden Seiten Schotttüren zu den Wallgängen, die nach achtern zu den Maschinenräumen führen. Außerdem befindet sich hier der riesige Absperrschieber (Abb. 2) für die Saugeleitung der Baggerpumpen aus dem vorderen backbordseitigen Seekasten.

Die Schiffe fahren im 24-Stunden-Betrieb mit 16 Mann Besatzung, die aus dem Kapitän, den Offizieren, den Ingenieuren, dem Baggermeister, Elektriker, Koch und der Decksmannschaft besteht. Das Schiff wurde vom Germanischen Lloyd klassifiziert und unterschreitet im Hinblick auf CO2-Emissionen sämtliche Grenzwerte.

Stromerzeugung, Bordnetz und diesel-elektrische Antriebsanlage

Im Achterschiff befinden sich die Antriebsanlage, die Baggerpumpen, die Werkstätten und der Maschinenkontrollraum. Über ein effektives Power-Management-System der Firma SAM Electronics werden die Generatoren und Elektromotoren für den Freifahrbetrieb oder den Baggerbetrieb so gesteuert, dass der Brennstoffverbrauch, der Maschinenverschleiß und die Emissionen minimiert werden. Im achtern angeordneten Maschinenraum sind die vier nicht umsteuerbaren MAK-Viertakt-Dieselmotoren von Caterpillar im Zwischendeck aufgestellt. Sie treiben die SAM-Drehstromgeneratoren an. Letztere verfügen über eine Nennleistung von je 1.630 kW und speisen ihren Strom in das primäre Bordnetz mit der Spannung von 690 V bei der Frequenz von 50 Hz. Die 690-V-Hauptsammelschiene ist in drei über Kuppelschalter verbundene Teilschienen unterteilt.

Von zwei Dieselgeneratoren wird die mittlere Teilschiene versorgt, die äußeren Teilschienen werden von je einem Generator gespeist. Die Hauptsammelschiene versorgt die großen Stromverbraucher wie Fahrmotoren und Baggerpumpen. An den äußeren Teilschienen ist jeweils ein 700-kVA-Transformator zur Versorgung des sekundären 400-V-Bordnetzes angeschlossen. Damit werden die anderen elektrisch betriebenen Drehstrommotoren zum Antrieb der Hilfsmaschinen und die einphasigen Stromverbraucher wie Beleuchtung, Steckdosen und kleine Wärmeverbraucher gespeist.

Schiffshilfsanlagen

Die von Noske Kaeser gelieferte Klimaanlage mit einer Kapazität von etwa 15.000 m3/h Frischluft hat eine Kälteleistung (Direktverdampfung des Kältemittels) von rund 230 kW. Sie ist unter dem Brückenhaus im Zwischendeck installiert. Darunter, im untersten Deck, befinden sich die zwei Klimakältekompressoren mit je 110 kW Kälteleistung.

Die Kühlwasser-, Ballastwasser- und Lenzpumpen arbeiten ebenso wie die Wohnraum- und Maschinenraumlüfter, Separatoren, Rudermaschinen und Hydraulikanlagen mit Drehstrom (400 V, 50 Hz). Sie befinden sich wie auch der Notdiesel- und der CO2-Feuer­löschraum im Hinterschiff. Die zwei Differenzialkolben-Rudermaschinen (Abb. 3) wurden von der Neuenfelder Maschinenfabrik geliefert.

Baggeranlage

Die Baggeranlage stammt von Vosta LMG und die Baggerautomation von SAM Electronics. Mit dem Saugkopf (Abb. 5) erreichen die Saugrohre der Baggeranlage Tiefen von bis zu 35 m. Im unters­ten Maschinenraumdeck befinden sich die Baggerpumpen. Sie sind so ausgelegt, dass der Laderaum in einer knappen Stunde beladen werden kann. Die unmittelbar vor dem Maschinenraumschott aufgestellte riesige doppelwandige Zentrifugal-Baggerpumpe (Abb. 4) mit rund 10.000 m3/h Fördervolumenstrom befindet sich auf der Steuerbordseite und wird von einem 2.000 kW starken Elektro­motor vom VEM Sachsenwerk in Dresden angetrieben. Die Pumpendrehzahl wird über ein Getriebe von Jahnel-Kestermann und über einen Frequenzumrichter mit Antriebsteuerung von SAM Electronics stufenlos auf 204 bzw. 141 U/min reduziert. Beim Baggern wird die niedrige und beim Löschen des Baggergutes die hohe Pumpendrehzahl eingestellt.

Zwei kleinere Kreiselpumpen werden von einem 1.000-kW-Elektromotor (690 V) über ein Verzweigungsgetriebe angetrieben. Sie sorgen für Druckwasser, um mit speziellen Düsen im Saugkopf eine gute Verflüssigung des Baggergutes zu gewährleisten. Beim späteren Pumpen an Land bzw. beim Verklappen durch die acht Bodenventile im Hopperraum erfolgt eine Auflockerung des Baggergutes mit Spülwasser aus diesen Pumpen.

Zusammenfassung

Erstmals wurden von der Neuenfelder Sietas Werft Saugbagger gefertigt. Mit der »Eke Möbius« lieferte Sietas nach der Premiere durch »Werner Möbius« seinen zweiten Saugbagger ab. Es sind innovative Spezialschiffe mit umweltfreundlichen diesel-elektrischen Antriebsanlagen. Die dabei eingesetzte modulare Bauweise ermöglicht die rationelle Fertigung der Saugbagger in unterschiedlichen Größen, wie bei den Schiffen für das Bauunternehmen Josef Möbius Bau realisiert.


Karl-Heinz Hochhaus