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150 Jahre Arbeit im Dienst der Seefahrt und der maritimen Wirtschaft kennzeichnen die HANSA bis heute. Die älteste exis-tierende Schifffahrts-zeitschrift der Welt übt eine einzigartige Rolle in der Medienlandschaft aus. Ein Rückblick von Sverre Gutschmidt
Gerad Schuirmann und Georg Thaulo[ds_preview]w, die »Vorsteher der deutschen Seemannsschule in Hamburg«, gründeten die HANSA. Die beiden ehemaligen Offiziere der Reichsflotte (1848–1852) beschworen schon mit dem Namen der neuen Publikation den Geist der mittelalterlichen Hanse. 

Diese erste Ausgabe erschien am Sonntag, den 3. Januar 1864. Die Redaktion rechtfertigte die Schaffung dieser »Zeitschrift für deutsches Seewesen«, so der Untertitel, denn »es ist ein längst gefühlter Mangel, dass Deutschland, bei der Bedeutung seines Seehandels und der grossen Zahl seiner alle Gewässer der Erde befahrenden Schiffe, nicht eine einzige nautische Zeitschrift aufzuweisen hat. Indem die Redaction es unternahm, eine solche zu gründen, glaubte sie daher nicht nur einem wirklichen Bedürfnisse abzuhelfen, sondern auch der vaterländischen Schiffahrt und dem Seewesen überhaupt einen Dienst zu leisten, dessen Wichtigkeit sich steigern muss, je mehr Verbreitung und Theilnahme das Blatt in fachlichen Kreisen finden wird.«

Solche Dienstleistung am Leser ist 150 Jahre danach noch immer erklärtes Ziel. Die Aufgaben und Geschäftsfelder haben sich hingegen im Laufe der Jahrzehnte verändert: So gab es, wie die HANSA 1864 bedauerte, noch nicht einmal eine deutsche Seekarte der Nordsee. Der Bedarf für wissenschaftlichen maritimen Austausch von Erfindungen bis zur Vermessung und Nautik war enorm. 

Aller Anfang ist Engagement

Erst zwei Jahre vor der Erstausgabe der neuen Zeitschrift engagierten sich Schuirmann und Thaulow bei der Schaffung der Deutschen Seemannsschule durch Hamburger Reeder und Kaufleute (1862). Mithilfe solcher namhafter Persönlichkeiten wie Adolph Godeffroy, Ferdinand Laeisz und Robert M. Sloman formten sie das »Erziehungsinstitut für das Seefach« in der Elbstadt. Der vollständige Schulbetrieb lief indes erst 1865 und so blieb noch Zeit für die neue Aufgabe, die HANSA.

Deren erste Redaktionsadresse lag in »Hommer’s Hotel, Hahntrapp No. 6 in Hamburg«. Diese Straße, »Tritt eines Hahns«, früher auch Hahnentwiete genannt, liegt noch heute in der Altstadt nahe der damals im Bau befindlichen neu­gotischen Nikolaikirche. Mit Fertigstellung des 147,3 m hohen Turmes 1874 war der Kirchbau kurzzeitig die größte Kathedrale der Welt, ein Symbol für die Fähigkeiten der aufstrebenden Hafenstadt, an dem die Väter der HANSA täglich vorübergingen. Die Gegend nahe dem Hopfenmarkt war 1842 vom »Großen Brand« verwüstet und rund ein Viertel der Stadt zerstört worden. Wohn- und Geschäftsräume waren also knapp.

In dieser Zeit des Aufbaus, auch auf technischem und wissenschaftlichem Gebiet, ebnete die HANSA neuen Errungenschaften und Institutionen den Weg. Im Hafen vollzog sich der Übergang zur Abfertigung von Schiffen an der Kaikante und nicht mehr im Strom, wo sie einst an Pfählen festgemacht durch Leichterfahrzeuge gelöscht wurden. Gezielt förderte das neue Medium die Bekanntmachung maritimer Innovationen. »Das gesamte hydrographische Fach liegt trotz seiner außerordentlichen Wichtigkeit für Handel und Schiffahrt bei uns noch sehr im argen. Es dürfte wohl an der Zeit sein, daß wir damit beginnen, selbst ein hydrographisches Bureau zu schaffen«, schlägt bereits jene erste Ausgabe vor. Ein anderes früh von der HANSA bearbeitetes Feld betraf die Leuchtfeuer und Signalstellen an Deutschlands Küsten. Noch 1864 präsentierte sie eine entsprechende Liste dieser Einrichtungen.

Ein alphabetisches Inhaltsverzeichnis macht die HANSA ab 1865 und bis heute über das Aktuelle hinaus zum dauerhaften Nachschlagewerk in allen maritimen Belangen. Die Januar-Ausgabe thema­tisierte die »Historische Entwickelung des Schiffbaues und der Schiffahrt«. Die Erfindung des Ankers »durch den Thyrischen Seefahrer Eupatamus – nach Plinius« und das Dampfboot des Briten William Symington von 1788 galten ihr als technologische Meilensteine, die Archimedische Schraube als Inspiration für den Schiffspropeller.

Im Februar machte die HANSA auf Seite 1 im Artikel »Der Capitain beim Bau« »räudige Schafe« in der »Herde« der Klassifizierungsgesellschaften aus, auf die sich damals schon das Vertrauen beim Bau eines Schiffes gründete. Missstände zu benennen, gesellte sich so zu den Aufgaben hinzu. Mit ihrer Kritik an der französischen Klassifizierung gab die HANSA wesentlich Anstoß zur Schaffung eines eigenen deutschen Instituts, des Germanischen Lloyd (GL). Den Aufstieg des GL begleitete die HANSA bis zur aktuellen Fu­sion mit Det Norske Veritas zu DNV GL.

Den dritten Jahrgang (1866) begann die Redaktion indes mit einer Bilanz in eigener Sache: »Es ist uns eine grosse Genugthuung, sagen zu können, dass die Schwierigkeiten, mit denen wir anfänglich zu kämpfen hatten, allmälig schwinden.« Von einer langsam, doch stetig wachsenden Abonnentenzahl ist die Rede und mehr »Mitarbeitern aus dem Seemannsstande«. Die in Zugaben enthaltenen Mitteilungen über neue Leuchtfeuer und Untiefen kamen demnach bei den Lesern so gut an, dass sie zukünftig europaweit angegeben werden sollten.

Private Initiative statt Ruf nach dem Staat

»Das Deutsche Rettungswesen hat eine feste Gestaltung angenommen. Acht Rettungsstationen sind bereits errichtet«, meldete Seite 1 vom 7. Januar 1866. »Die ›Hansa‹ darf mit gerechtem Stolze behaupten, dass sie an diesem humanen Liebeswerke nach Kräften mitgewirkt und an seinen Erfolgen einen grossen Theil hat.« Im folgenden Februar machte die HANSA die erste Jahresversammlung der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) zum Titelthema: » im Binnenlande wächst die Theilnahme für dasselbe, ein erfreuliches Zeugnis für die allmähliche eintretende Würdigung der maritimen Interessen des Deutschen Volkes«.

Die HANSA wirkte fortan als Organ der neuen Gesellschaft. Die Seerettung beherrschte die frühen Jahre des Periodikums wie kaum ein anderes Thema. Denn es war ein drängendes Problem: Rettungsmittel fehlten und Strandgut fiel in Europa teils noch dem Strandvogt zu.

Der Beitrag der HANSA zu zentralen Gründungsvorhaben in der Seefahrt riss nicht ab: 1867 eröffnete sich eine weitere wichtige Verbindung in der Verlagsgeschichte: »Wie wir vernehmen, beabsichtigt ein Privatmann (Herr Rector von Freeden aus Elsfleth) in nächster Zeit auf eigene Kosten in Hamburg eine Deutsche Seewarte zu gründen«, informierte die HANSA. Bei solchen Unternehmungen von erwarteter nationaler Bedeutung rief die HANSA zur Eile, so »Zur Deutschen Nordfahrt« im März, deren Ausbleiben sie beklagte. Im April folgte eine ebenso leidenschaftliche Antwort des Naturwissenschaftlers Otto Volger (1822–1897), der zur Sammlung für eine solche Fahrt aufrief. Die Korrespondenz mit Geistesgrößen der Zeit, wie dem als Retter des Goethe-Hauses (Frankfurt) bekannt gewordenen Volger, zeichnete die HANSA früh als echte Fachzeitschrift aus, die zugleich über maritime Themen hinausblickte. Die Redaktion verkündete, die Zeitschrift habe ihre Feuerprobe bestanden (6. Januar 1867, S.1). Die Mitarbeiterzahl nahm demnach zu und die stark steigende Zahl der DGzRS-Mitglieder half, den Leserstamm auszubauen.

Im folgenden Jahr gab die HANSA den Signalschuss für den Deutschen Nautischen Verein (DNV). Der provisorische Vorstand »dieser jungen Gesellschaft« plante eine »constituierende Versammlung« für den April, so die Redaktion am 1. März 1868 (S. 881). Sie hängte der 22 Zeilen kurzen Meldung eine Einladung für den 14. und 15. April ins »Hotel de Hambourg« in Berlin an. Die Nachricht ebnete einer weiteren bahnbrechenden Vereinsgeschichte den Weg.

1869 folgte Alfred Tetens (1835–1903) an die Spitze der Zeitschrift. Mit dem Tod Schuirmans in jenem Jahr konnte Thaulow neben seinen Pflichten an der Seemannsschule die HANSA nicht allein gestalten und übertrug Tetens die Aufgabe. Der hatte zum Zeitpunkt seines Einstiegs bereits bewegte Jahre als Kapitän, Entdecker und Handelspionier hinter sich. Seine drei Expeditionen mit der »Vesta« hatten ihn durch weite Teile des Pazifiks geführt. Die Erlebnisse bildeten die Grundlage von Abenteuererzählungen und der Biographie »Vom Schiffsjungen zum Wasserschout« (1889), sie trugen auch zur ethnographischen Forschung bei. In dieser Zeit unterstützte die HANSA von Freeden und seine Seewarte weiter, u. a. den Plan, der Bundesrat des Norddeutschen Bundes möge deren Betrieb finanzieren. Tetens im Juli 1869 in der HANSA bekanntgegebenes Schaffen für das Blatt war indes nur ein Zwischenspiel. Er wurde schon 1870 als Wasserschout (Vorgängeramt des Seemannsamtes) in Hamburg berufen und beendete seine Arbeit in der Redaktion zugunsten dieser Aufsichtsbeamtentätigkeit.

Im Bann der Gründerzeit

Schon 1870 ging der Verlag daher in die Hände eines »Kollegiums von Schiffahrtsmännern über, dem vom Vorstand des Deutschen Nautischen Vereins A. Breusing, H. Tecklenborg, A. Wagner, von der Norddeutschen Seewarte deren Leiter W. von Freeden angehörte«, wie die Jubiläumsausgabe zum 75. Jahrestag der HANSA 1939 berichtete. Eben jener Wilhelm Ihno Adolph von Freeden (1822–1894) wirkte fortan als verantwortlicher Redakteur. Der Mathematiker und Ozea­nograph überrascht heute mit der Vielzahl seiner Verpflichtungen, von denen die Arbeit für die HANSA sicher nicht die aufreibendste war: Aus dem Staatsdienst als Direktor der Navigationsschule in Elsfleth ausgeschieden, gründete er 1867 in Hamburg die (noch) private Norddeutsche Seewarte, wie die HANSA ja berichtete. 1871 bis 1877 war er zudem Reichstagsabgeordneter der Nationalliberalen. Erst 1875 wurde die von ihm ins Leben gerufene Institution zugunsten der nunmehr staatlichen Deutschen Seewarte aufgelöst.

Bis dahin führte von Freeden mit H. Tecklenborg, Dispatcheur in Bremen, gemeinschaftlich den Verlag mit von Freeden als verantwortlichem Redakteur. Der Kapitän und Sachverständige für Seeschadensabwicklung Tecklenborg warb 1870 als DNV-Vorsitzender in der HANSA für die Mitgliedschaft in der Vereinigung und machte die Zeitschrift zum offiziellen Organ des DNV – was sie bis heute ist. Von Freeden »und H. Tecklenborg, der zugleich Vorsitzender des D.N.V. war, scheinen die Hauptarbeit geleistet zu haben; ihre Namen wurden ab Frühjahr 1871 im Impressum genannt«, schrieb der Schiffahrts-Verlag »Hansa« in dem Band »100 Jahre Schiffahrt Schiffbau Häfen« von 1964.

In seiner Zeit in der HANSA setzte von Freeden das Blatt ein, um das Ziel der Norddeutschen Seewarte publik zu machen – und damit »die Sicherung und Abkürzung der oceanischen Seewege«, wie er selbst schrieb. Von Freeden ließ Schiffstagebücher ausgeben, in denen Seeleute ihre Beobachtungen niederschrieben, um von ihm ausgewertet zu werden. Der Erfolg ließ sich an der Übersetzung der Seewartenpublikation »Über die Dampferwege zwischen dem Kanal und New York« (1870) ermessen, wie die HANSA 1872 meldete. Um Sturmwarnungen für die deutschen Gewässer geben zu können, ließ sich von Freeden aus London dort auftretende Stürme telegrafisch durchgeben. Außerdem stellte ihn die Ausstattung von Schiffen mit Instrumenten vor große finanzielle Herausforderungen. Seit 1872 subventionierte daher das Deutsche Reich die Seewarte. Die schließlich erfolgte Verstaatlichung ihrer Aufgaben­gebiete kann als Erfolg entsprechend darauf hinarbeitender Artikel der HANSA gewertet werden. Die entscheidende Reichstagsdebatte zu dieser Frage druckte sie im Wortlaut ab. So stützte die HANSA von Anfang an private kaufmännische Initiativen und forderte staatliche Eingriffe nur dort, wo sie aus praktischen Erwägungen für nötig erachtet wurden.

Mit der Schaffung der Deutschen Seewarte im Geschäftsbereich der Kaiserlichen Admiralität zum 1. Januar 1875 übernahm Georg von Neumayer diese Arbeit, während von Freeden sich nun ganz auf die HANSA konzentrierte. Tecklenborg war inzwischen verstorben. 1877 zog von Freeden nach Bonn. Die »Alexanderstrasse 8« in Hamburg war noch im Januar 1878 Redaktionsadresse, im Februar stand unter von Freeden auf dem Titel keine Adresse mehr, nur »Comission, Expedition: Fr. Foerster in Leipzig.« Im Mai lautet dann die HANSA-Adresse »Thoma-Strasse 9, Bonn«. Die Zeitschrift zog mit dem Herausgeber um. Von Bonn aus verschaffte von Freeden der HANSA auch jenseits der maritimen Fachwelt Ansehen. Mit dem 18. Jahrgang 1881 tritt zum Januar der »Verlag von H.W. Silomon in Bremen« unter von Freedens Bonner Adresse in Erscheinung. Ab April 1883 ist neben von Freeden wieder eine Hamburger Adresse »Alterwall 28« genannt und 1887 lautet die Redaktionsanschrift »gr. Burstah 12«.

Im Dreikaiserjahr 1888 eröffnete die HANSA ihren 25. Jahrgang. »Die Tauchkunst« und die Kaiserliche Marine sowie der »Bau von Fischereihäfen am Norddeich und auf Nordernei« gehörten zu den bevorzugten Themen jenes Jahres, auch wurde gern aus Briefen deutscher Kapitäne zitiert, so um »Einige Bemerkungen über Ansegelung, Hülfsmittel und Preise von St. Helena« zu machen (Februar 1888). Der DNV schaffte es auf den Titel vom 19. Februar. Neben dem Wichtigen der Zeit fand auch Kurioses Platz wie »Das grosse Amerikanische Floss im Atlantik« aus 27.000 Baumstämmen, die vom Dampfer »Miranda« von Neufundland nach New York geschleppt wurden (ebenda, S. 32), oder das »Krimper Unwesen in San Francisco«, bei dem man die »alte Kunst des Shanghaiens wieder aufleben lässt«, die Anwerbung von Matrosen unter Zwang.

Ab 1891 führte Kapitän R. Landerer mit einer kurzen Unterbrechung 1892/93 die Zeitschrift. In dieser Zeit gingen die Verlagsrechte von H.W. Silomon auf Eckardt & Messtorff in Hamburg über. Fortan hieß sie bei nun wöchentlichem Erscheinen »HANSA, Deutsche Nautische Zeitschrift«, später ergänzt um »Organ für Seewesen, Schiffbau und Schiffsmaschinenkunde«. Mit dem Wachstum der deutschen Schifffahrt nahm die HANSA weiter an Umfang zu.

Beständigkeit und Weltoffenheit in harter Zeit

Nach Landerers Tod 1899 mit nur 46 Jahren griff Carl Schroed­ter in das Ruder der HANSA und leitete die Redaktion, anfangs als verantwortlicher Redakteur, ab 1907 zudem als Gesellschafter und ab 1917 als Alleininhaber. Dass Schroedter langjähriger Vorsitzender des DNV war, stärkte die institutionelle Anbindung der HANSA. »Ein mannhaftes Wort« richtete die HANSA in ihrer Rubrik »Auf dem Ausguck« im November 1913 an die Titanic-Konferenz in London. Dort fiel in jener Zeit der Startschuss der heutigen International Convention for the Safety of Life at Sea (SOLAS). London war somit Verhandlungsort für die Aufarbeitung der seinerzeit größten Schiffskatas­trophe, den Untergang der »Titanic« im April 1912. »Auf dem seit dem 12. November in London tagenden internationalen Seenots-Kongress – eine seit einiger Zeit gebräuchliche Bezeichnung – sind die Augen der Schiffahrttreibenden aller Länder gerichtet. Was wird er uns bringen? Vorschläge, wie sie hyperidiologisches Empfinden am grünen Tisch gebiert, Gedanken, herrlich auf dem Papier, aber unausführbar in der Praxis?«, so die HANSA. Zweifel seien angesichts der abweichenden Ansichten der Kongressteilnehmer angebracht, stellte die HANSA damals fest – »eine annehmbare Mittellinie« werde schwer zu finden sein. So groß die Herausforderungen internationaler Kooperation auf See waren, so beständig blieb die HANSA: Unter C. Schroedter feierte sie 1914 ihr 50. Jubiläum. Ging es in der ersten Ausgabe 1864 um die Ohnmacht der norddeutschen Küstenländer angesichts des drohenden Krieges mit Dänemark, so stand zum Jubiläum im Januar 1914 wieder Krieg bevor. Der redaktionelle Rückblick des Hamburger Ingenieurs Carl Commentz auf »50 Jahre Schiffbau« war indes ganz geprägt vom Wettbewerb zwischen Segel- und Dampfschifffahrt. »Im wunderschönen Monat Mai« (Ausgabe 18 vom 2. Mai 1914) erwartete die Redaktion unter Berufung auf »englische Schiffahrtsblätter« noch »bessere Frachten«, ebenso in der ersten Juni-Ausgabe. Themen wie »Die Regelung der Decklast von Holz in der Atlantischen Fahrt« oder die Notwendigkeit zu wasserdichten Querschotten mit Verweis auf jüngste Schiffsunglücke (»Titanic«) belegen die internationale Ausrichtung der Zeitschrift. In Ausgabe 25 vom 20. Juni vermeldete die Rubrik »Auf dem Ausguck«: »Daß die deutsch-englischen Beziehungen seit dem Jahre 1900 manche Wandlung erfahren haben, wissen wir. am Anfang drüben stärker und nachhaltiger als hüben geschürte Gegensatz in politischer Beziehung, entstanden aus der in England gegen Deutschland einsetzenden Bewegung aus wirtschaftlichen Gründen, bereitete den Boden zu der bekannten, unfruchtbar gebliebenen Einkreisungspolitik mit ihren fast bis zur Gegenwart nachwirkenden Einflüssen.« Statt die festgestellte Isolation zu vertiefen, rief die Redaktion auf, »wieder Zuständen Platz zu machen, wie sie früher immer zwischen beiden Nationen zu ihrem Vorteil bestanden haben«.

Als Spiegel der deutschen Geschichte als auch der modernen Seefahrt gab die HANSA die Themen und Auffassungen der jeweiligen Zeit wieder. Im Ersten Weltkrieg mischten sich nachdenkliche Töne in die patriotischen: »Europäer gegen Europäer zum Nutzen der Amerikaner und Asiaten«, fasste die Hansa in ihrem Jahresrückblick auf 1917 zusammen und beklagte mit Blick auf die bevorstehende Friedensordnung, vielerorts sei »mehr zerstörender als aufbauender Wille, weniger Schaffen als Vernichten«. Versailler Vertrag, Flaggenstreit und Wiederaufbau der deutschen Handelsflotte nach dem Ersten Weltkrieg sind nur einige Themen der Zwischenkriegsjahre. Am 3. Januar 1920 blickte die HANSA auf den Ersten Weltkrieg und das Ende des Kaiserreichs zurück: »Das furchtbarste Jahr deutscher Geschichte liegt hinter uns.« Unter der schlichten Überschrift »1919« geht demnach die »Wiedergenesung« von der Arbeiterschaft aus.

Im Jahr 1939 feierten Verlag und Schriftleitung »75 Jahre Hansa«. Mit dem Machtwechsel 1933 hatte sich die HANSA äußerlich wie seitens der Herausgeberschaft nicht verändert. Zu jenem Jubiläum galt der Dank der Redaktion über den »bewährten und stets bereitwilligen Mitarbeiterkreis« hinaus den von Gleichschaltung geprägten »Regierungs-, Partei- und Wehrmachtsstellen und ganz besonders den mit der ›Hansa‹ enger verbundenen Organisationen der Reichsverkehrsgruppe Seeschiffahrt, der See-Berufsgenossenschaft, dem Zentral­verein für Deutsche Seeschiffahrt und dem Tarifschiedgericht für die Deutsche Seeschiffahrt«.

Erste und höchste Verpflichtung sei, »an dem Aufbauwerk des Führers mitzuarbeiten«. Kurze Grußbotschaften der Polit-Größen des Nationalsozialismus kennzeichneten in jener Ausgabe vom 7. Januar 1939 den Stellenwert der Publikation: »In keinem Lande der Welt ist das Fachzeitschriftenwesen in gleichem Maße entwickelt, wie in Deutschland«, attestierte Reichsverkehrsminister Julius Dorpmüller, die HANSA als Beispiel hervorhebend. Anfangs an »nautisch-technischen Fragen« orientiert, habe sie »beim Aufstieg der deutschen Handelsschiffahrt bald auch die wirtschaftlichen und sozialen Probleme« behandelt. Propagandaminister Joseph Goebbels beschrieb die HANSA als »Mittler zwischen Deutschland und der Welt«. Die verheißene Rolle als »Mittler« und das »Aufbauwerk« endeten indes noch im selben Jahr.

Der Beginn des Zweiten Weltkriegs drückte anfangs weder den Umfang, noch warf die Katastrophe die Inhalte um: Im September 1939 berichtete die HANSA unter »Frachtenmärkte«: »Erzfrachten etwas höher«. Auch Getreide und Schrott waren stärker gefragt. Ausländische Schiffe fielen nun »von See bis Hamburg« unter Lotsenzwang, doch Werbung – auch aus dem Ausland – und maritimes Wirtschaftsleben gingen scheinbar kaum gestört weiter.

Ganz anders war die publizistische Lage im März 1945. Die HANSA hatte deutlich an Umfang im Vergleich zu den Vorjahren verloren. Inhaltlich fiel es der Redaktion immer schwerer, den politisch propagierten Endsieg mit der Wirklichkeit in Einklang zu bringen. In der Ausgabe 9 vom 24. März (amerikanische Truppen hatten bereits das Ruhrgebiet erreicht) setzte der Landgerichts­direktor Dr. Bartsch »aus dem Totalverlust-Referat des Kriegsschädenamts für die Seefahrt« dem Leser der HANSA auf dem Titel noch »Bedeutung und Problematik mancher Fragen der Entschädigung für Totalverluste, z.B. ob das Gesetz einen Wiederaufbau Tonne um Tonne erstrebt«, auf drei Seiten auseinander. »Zur Lage der internationalen Frachtmärkte« konnte die HANSA nur das Fehlen von verfügbarer Handelstonnage melden. Berichte über Schwedens Reedereien und Beispielrechnungen für erlaubte Höchstkosten bei Schiffsreparaturen durch den »Preiskommissar« hatten den Anschluss an die Realität zerbombter Hafenstädte verloren.

Neuanfang und Wiederaufbau

Das Ende des Zweiten Weltkrieges be­deutete für drei Jahre auch das Ende der HANSA. Eine Lizenz war von den Besatzungsmächten allgemein nicht leicht zu bekommen. »Durch den allgemeinen Zusammenbruch ist wohl kaum ein anderer Wirtschaftszweig so hart und entscheidend getroffen worden wie der deutsche Seeverkehr«, bilanzierte die HANSA in ihrer ersten Nachkriegsausgabe vom 1. Mai 1948. »Von einem Tonnagebestand von etwa 4.000.000 BRT vor Ausbruch des Krieges sind der deutschen Handelsflotte in den Westzonen nur 422 kleine Küstenmotorschiffe und Dampfer mit etwa 117.000 BRT verblieben.«

Neue Rubriken hielten Einzug: »See-, Küsten- und Binnenschiffahrt * Schiffbau und Schiffsmaschinenbau * See- und Binnenhäfen * Hafenbau * Umschlagstechnik * Spedition * Fischerei * Nautik * Luftverkehr« stand nun unter »HANSA Zeitschrift für Schiffahrt * Schiffbau * Hafen«. Das enorm erweiterte Blickfeld eröffnete neue Perspektiven. Die HANSA machte »Radiotelephonie in der Rheinschiffahrt« (2. Jahrgang, Nr. 7 vom 12. Februar 1949, S. 156) oder den ersten »Hebetransporter, ein selbstfahrendes Gerät mit angebauter Hubvorrichtung« (Gabelstapler) einem breiten Publikum bekannt. Im zweiten Nachkriegserscheinungsjahr übernahm der Schiffahrts-Verlag »Hansa« C. Schroedter & Co. mit seinen Inhabern Dr. Paul Schroedter und Gustav Schroedter seine alten Rechte an der HANSA. Bald darauf wurde die im Krieg zerstörte Druckerei wieder aufgebaut.

In der Ausgabe vom 18. November 1950 beging die Schiffbautechnische Gesellschaft (STG) ihre 50. Tagung. Erstes Thema des HANSA-Sonderteils zu diesem Anlass war »Die gegenwärtige Lage der Schiffbaufinanzierung«. Dort hieß es: »Das Jahr 1950 ist, wie bekannt, das zweite Schiffbaujahr seit Einstellung der Feindseligkeiten. Während das Programm des ersten Jahres neben Reparaturen sich auf die Erstellung von Dampfern in der Größe von etwa 250 BRT beschränken mußte, umfaßte das zweite Programm neben Neubauten auch größerer Schiffe Erwerbungen von Schiffen aus dem Ausland und deren Reparatur.« Der Mittelbedarf für jenes zweite Programm betrug damals 350 Mio. DM, wobei die Reeder so kurz nach dem Krieg bereits etwa 100 Mio. DM, 73 Mio. mehr als im Vorjahr, bereitstellen konnten. Das war weniger eigenes Geld als selbst eingeworbene Fremdmittel, wie die STG berichtete. Anders als in der heute krisenbedingt schwierigen Schiffsfinanzierung konnte die STG damals Wiederaufbaukrediten des Bundes in Höhe von 100 Mio. DM entgegensehen.

Das neue Jahrzehnt war bestimmt vom Wachstum der Handelsflotte, nachdem in den späten 1940er-Jahren noch der Wiederaufbau der Häfen Priorität genossen hatte. In beiden Großvorhaben erwies sich die HANSA einmal mehr als das maritime Medium ihrer Zeit und förderte den Aufbau. So legte 1948 Bremens Senator Hermann Apelt (1876–1960) in der HANSA seinen zeitgenössisch umstrittenen Entschluss dar, zuerst die »wichtigsten der zerstörten Teile der Häfen wieder gebrauchsfertig zu machen« und »zunächst also nicht einen Wiederaufbau der eigenen Handelsflotte und des Außenhandels« anzustreben.

Im Jahr 1959 berichtete die HANSA unter »Maritime Rundschau« von einem Meilenstein in der deutschen Schifffahrt: »Die Bundesregierung hat sich entschlossen, der Inter­governmental Maritime Consulative Organisation (IMCO) beizutreten«, dem Vorläufer der IMO, wie die Organisation dann ab 1982 hieß. Die noch junge Bundesrepublik gebe der Organisation die Möglichkeit, »die bisher nur auf dem Papier stehende Beitrittsprozedur in der Praxis erstmalig zu erproben«. »Bedenken« äußerte die HANSA ebenfalls: »Es gibt – speziell in den traditionellen Schiffahrtsländern – nur wenige Reeder, die die Notwendigkeit der neuen internationalen Institution anerkennen.«

Die Wirtschaftswunderjahre erfassten alsbald auch die HANSA. 1961 (Ausgabe 2) zogen Landesminister und Ministerialbeamte in der HANSA Bilanz zu ihren Aufgabengebieten, so auch Ministerialdirektor Wilhelm Grau vom Bundesverkehrsministe­rium, der für die »Wasserstraßen des Bundesgebietes im Jahre 1960 ein Rekordergebnis« erwartete: Von Januar bis September wurden »von deutschen und ausländischen Schiffen 128 Mill. t Güter befördert«. Die Zeit stand bald im Zeichen des Containers. »Der Großbehälter ist durchaus nicht das richtige Beförderungsmittel für den Überseeverkehr«, urteilte Dr. G. Lauritzen noch in der HANSA vom 5. November 1932. Doch 1966 stellte die HANSA weit zuversichtlicher »ein Container-Experiment« in Bremen vor – allerdings mit einem Schwimmcontainer, Stückpreis 100.000 DM.

Mit weit weniger Tatendrang gingen die maritimen Betriebe die Frage der Datenverarbeitung an. »Die Schiffahrt braucht Computer« (1. Mai 1966, S. 713/714), machten Horst Bülow und Heinz Eggers den Lesern klar. Ihr Fazit lautete: »Computer sind mehr als nur Büromaschinen. Sie erweitern geistiges Potential, helfen zweckmäßiger zu entscheiden und machen das Wirtschaften effektvoller.« Auch wenn die Erklärungen der »fixen Speichereinheiten« und die »Kommunikation Computer-Schreibmaschine« heute zum Schmunzeln einladen – die Erwartungen, »eine große Transparenz des Betriebsgeschehens und neue Möglichkeiten für gezielte Maßnahmen zur optimalen Unternehmensführung« zu erreichen, sind heute mehr denn je Voraussetzung »für das Bestehen auf einem von harter Konkurrenz gekennzeichneten Markt« (S. 714). Wie in so vielen Artikeln jener Jahre zeigten freie Autoren ihr Fachwissen, ein Beleg für die exzellenten Kontakte der HANSA in den Schiffbau, zu Hochschulen, Fachverbänden und Expertengremien. 

Auch in den gesellschaftlich stürmischen späten 1960er-Jahren wahrte die HANSA ihre Traditionen. 1968 war C. Schroedter weiterhin Herausgeber, Schriftleitung und Verlag oblagen in jenem 105. Jahr des Bestehens der HANSA Dr. Paul Schroedter und Gustav Schroedter. Hans Maack, der später zum Herausgeber aufstieg, verantwortete den Schifffahrtsteil.

Die Grenzen des Wachstums

1973 traf eine Zäsur die Schifffahrt: Die erste Ölkrise machte die Wettläufe um Tankergrößen der vergangenen Jahre bald zunichte, auch wenn die Herausgeber der HANSA noch optimistisch in das Jahr blickten. Die Zeitschrift selbst war wirtschaftlich weit weniger vom Einschnitt am Energiemarkt betroffen – Schiffbau und Hafenverkehre gingen vorerst weiter.

Doch im Verlauf der 1970er-Jahre sah sich die HANSA zunehmenden Veränderungen ihrer klassischen Betätigungsfelder ausgesetzt. Zur Jahreswende 1977/78 malte sie in ihren zu diesem Anlass üblichen Grußworten führender Vertreter der Seefahrt ein düsteres Bild: So sah etwa Dr. Bernd Kröger, Hauptgeschäftsführer des der HANSA eng verbundenen Verbandes Deutscher Reeder, »mehr Schatten als Licht« für die deutsche Seeschifffahrt – »die Tankerkrise ist ungelöst«. (Nr. 2, 1978, S.105). Im Dezember 1979 stellte Chefredakteur Hans Maack im Rückblick auf das Jahrzehnt fest: »Auf Grund der Wachstumseuphorie der letzten sechziger und der ersten siebziger Jahre beläuft sich der Netto-Tonnagezugang seit 1969 auf 201 Mill. BRT, d.h. die Welthandelsflotte wird für 1979 mit 413 Mill. BRT ausgewiesen.« Maack sah Zurückhaltung »hinsichtlich der Wachstumskomponente« und verwies auf den Club of Rome, wo die Grenzen des Wachstums aufgezeigt worden seien.

Die zweite Ölkrise hinterließ Spuren in der Branche, aber trotz sich stark wandelnder Geschäftsfelder bewahrte die HANSA ihre Position als führende, übergreifende Schifffahrtszeitschrift. Doch die Konkurrenz neuer, stärker spartenorientierter Verkehrs­titel veränderte zunehmend die Ausrichtung der Zeitschrift: Nun traten Schiffbau, Schiffsmaschinenbau, Schiffs- und Hafentechnik sowie Klassifikation stärker hervor. Spedi­tionen, Häfen und teils auch Reedereien verloren relativ an Gewicht. Der Anzeigenmarkt wandelte sich weiter und auch der Aufstieg Asiens stellte die HANSA vor neue Herausforderungen.

Die Ära der Verlegerfamilie Schroedter beim Schiffahrts-Verlag »Hansa« ging mit dem sukzessiven Einstieg von Peter Tamm sen. in den Verlag langsam zu Ende. 1986 stieg Hans Maack zu Gerhard Bollmann in die Herausgeberschaft auf, Klaus Schroedter schied dort aus. Im Jahr 2000 war der Name Schroedter nach einer längeren Übergangszeit auch in der Firmierung nicht mehr mit dem Tagesgeschäft der HANSA verbunden. Peter Tamm sen. erwarb den Schiffahrts-Verlag »Hansa« schließlich nach längerer Beteiligung ganz und legte durch weiteres unternehmerisches Engagement beim renommierten, 1789 gegründeten Verlag E.S. Mittler & Sohn sowie dem 1937 gegründeten Maximilian Verlag das Fundament der heutigen Tamm Media.

Zuvor hatte der Schiffahrts-Verlag »Hansa« vom Binnenschiffahrts-Verlag in Duisburg die Zeitschriften »Binnenschiffahrts-Nachrichten« und »Zeitschrift für Binnenschiffahrt und Wasserstraßen« übernommen. Das mit den Herausgeberverbänden, dem Bundesverband der Deutschen Binnenschiffahrt und dem Verein für Binnenschiffahrt und Wasserstraßen, verreinbarte Ziel war, die beiden Titel journalistisch zeitgemäßer auszurichten, die Interessen der Verbände zu fördern und die Anzeigenerträge zu steigern. Um die Zeitschriften schlagkräftiger zu positionieren, erfolgte in den 1990er-Jahren die Fusion zum heutigen Titel »Binnenschifffahrt«. Seither ist die Zeitschrift für die Binnengewässer, was die HANSA für die Seeschifffahrt ist. Vereint sind die Titel unter der 2009 gegründeten Tamm Media, die als Holding mehrere Verlage unter ihrem Dach führt, darunter Koehlers Verlagsgesellschaft.

Ausblick

Die Übernahme der Geschäftsführung durch Peter Tamm jr. 2013 markiert einen weiteren geplanten und lange vorbereiteten Übergang in der an Traditionen reichen Verlagsgeschichte der HANSA. Neue Geschäftsfelder wie etwa Schiffsfinanzierung, zu dem der Verlag dieses Jahr bereits das gleichnamige, 18. HANSA-Forum ausrichtet, haben sich derweil erfolgreich etabliert. Auch auf den Bedeutungszuwachs Chinas in der maritimen Welt reagiert die HANSA. Die zweijährlich zur Marintec-Messe in Schanghai erscheinende Sonderausgabe »HANSA China Special« bietet Beiträge in der Sprache des Gastgeberlandes. Die Auslandspublikationen werden künftig weiter ausgebaut, um für deutsche Zulieferer, Werften und Reedereien Brücken in Wachstumsmärkte zu bauen.

Autor: Sverre Gutschmidt

Historiker und freier Journalist

Hamburg, SVtext@gmx.de


Sverre Gutschmidt