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Karl-Heinz Hochhaus stellt Hersteller und Betreiber von Nassbaggertechnik dar, geht auf spezifische technische Details ein und beschreibt neuartige Baggerschiffe

1. Einführung

Bei Schichau in Elbing entstand um 1841 der erste deutsche Dampfbagger. 1883 folgte einer der ersten[ds_preview] Schneidkopf-Saugbagger, da die bisher gebauten Eimerkettenbagger inzwischen zur Fahrwasservertiefung für die größeren Schiffe nicht mehr ausreichten (von Marnitz, F.: Schiffbauliche und maschinenbauliche Fragen bei Hopperbaggern in). Dieser Saugbagger war für das Wasserbauamt Marien­werder bestimmt.

Fahrrinnenvertiefungen, Hafenneubauten, Hafenerweiterungen (Wägener, T.: Europäische Nassbaggerprojekte, HANSA 5/2013), wachsende Küstenstädte und die Erhöhung der Deiche aufgrund des Meeresspiegelanstiegs verursachen auch heute noch einen steigenden Bedarf an Baggerarbeiten. Der Küstenschutz erfordert regelmäßige Sandaufspülungen, und die größten Schwimmbagger der Welt waren mit der Schaffung künstlicher Inseln vor Dubai und dem Bau des erweiterten Panamakanals beschäftigt. Auch für die Offshore-Öl- und Gasindustrie sowie die Offshore-Windenergie (Abb. 1) sind Grabungen und Verfüllungen mit Sand, Kies und Felsen für Rohrleitungen und Kabel notwendig. Somit ist der weltweite Bedarf an maritimen Bauleistungen deutlich gestiegen. Die Folge: Der weltweite Umsatz im Nassbaggermarkt hat sich im vergangenen Jahrzehnt fast verdreifacht und betrug im Jahr 2012 etwa 11,4Mrd. € (Abb. 2).

2. Nassbaggerkonzerne

Vier große in den Niederlanden und Belgien beheimatete Nassbaggerkonzerne sind im internationalen Geschäft besonders aktiv und verfügen über große Flotten von Baggerschiffen. In Deutschland sind es vorwiegend regionale Firmen oder Tochterunternehmen der internationalen Konzerne oder Baugesellschaften, die Nassbagger betreiben (s. auch Tab. 1).

2.1 Royal Boskalis Westminster (Niederlande)

Die 1910 gegründete niederländische Aktiengesellschaft Royal Boskalis Westminster, abgekürzt Boskalis, arbeitet neben dem Seebaggergeschäft auch im Hafenbau. Außerdem werden Erdarbeiten im Tiefwasser für Offshore-Anlagen zur Erdöl- beziehungsweise Erdgasgewinnung ausgeführt. Boskalis verfügt über eine Flotte von rund 300 Baggerschiffen aller Größen, die vielfach als eigene Entwicklungen entstanden sind. In Dubai z. B. beteiligte sich Boskalis mit dem Schaufelbaggerschiff »Colbar« und den Schneidkopfsaugbaggern »Taurus II« sowie »Urs« an der Aufschüttung und Sicherung von Palm Island I. Für diese Arbeiten mit einer Küstenlänge von 120km wurden ca. 200Mio. m3 Sand und Steine bewegt. In Deutschland ist Boskalis mit seinem Tochterunternehmen Heinrich Hirdes GmbH vertreten.

2.2 Jan De Nul (Belgien, Luxemburg)

Die Gruppe wurde 1938 von dem Belgier Jan de Nul gegründet. Der traditionelle Schwerpunkt ist das Nassbaggergeschäft und die Landgewinnung. Die Flotte von rund 75 Baggerschiffen umfasst mit der »JFJ De Nul« (Abb. 3) sowohl den mächtigsten selbstfahrenden Schneidkopfsaugbagger und mit der »Cristóbal Colón« und »Leiv Eiriksson« die weltweit größten selbstfahrenden Hopperbagger der Welt. Mit diesen Riesen können Baggerarbeiten bis zu einer Tiefe von 155m durchgeführt werden.

2.3 Dredging, Environmental and Marine Engineering

(DEME, Belgien)

Die weltweit tätige Unternehmensgruppe DEME entstand in den Jahren 1974 und 1991 durch Fusionen von mehreren Nassbaggerfirmen und ist mit den Baggern in der Landgewinnung, im Offshore-, Wasser- und Küstenbau sowie der Meerestechnik tätig. DEME hat seinen Sitz in Zwijndrecht bei Antwerpen und besitzt mit der deutschen Tochter Nordsee Nassbagger- und Tiefbau auch einen Standort in Bremen. Als Reederei betreibt DEME etwa 80 Baggerschiffe sowie etwa 200 weitere Arbeits- und Hilfsschiffe.

2.4 Van Oord Dredging and Marine Contractors (Niederlande)

Van Oord Dredging and Marine Contractors, abgekürzt Van Oord, ist auf den Gebieten Nassbaggerei, Landgewinnung, Wasserbau und Küsteningenieurwesen weltweit tätig. Van Oord betreibt als maritimes Unternehmen eine Flotte von rund 100 Arbeitsschiffen, darunter etwa 70 verschiedene Baggerschiffe. Außer dem Nassbaggergeschäft ist Van Oord zunehmend an der Errichtung von Offshore-Bauwerken für die Öl- und Gasindustrie sowie von Offshore-Windparks beteiligt.

3. Bauarten der Bagger

In der Nassbaggertechnik werden als Bauarten vorwiegend kontinuierlich arbeitende Hopperbagger, Schneidkopf- und Schneidradsaugbagger, aber auch Eimerkettenbagger unterschieden. Letztere werden vorwiegend auf Flüssen, Kanälen und in Häfen eingesetzt. Intermittierend arbeitende Bauarten sind Löffelbagger, Greifbagger sowie Seilbagger. Weltweit sind rund 1.200 dieser Schwimmbagger im Einsatz; sie teilen sich überschlägig auf in 40% Hopperbagger, 30% Schneidkopf- sowie Schneidradsaugbagger, 20% Löffelbagger, und auf die restlichen Bauarten entfallen etwa 10%.

3.1 Laderaumsaugbagger (Hopperbagger)

Fast alle als Hopperbagger bezeichneten größeren Laderaumsaugbagger (Abb. 1)sind seetüchtige, selbstfahrende Baggerschiffe. Sie lösen den Boden mithilfe von Wasser durch einen oder zwei Saugköpfe, die sich unten an seitlichen mit dem Laderaum verbundenen Saugrohren befinden. Das Boden-Wasser-Gemisch wird von den im Pumpenraum befindlichen Baggerpumpen durch die Saugrohre in die als Hoppertanks bezeichneten Laderäume gefördert. Das Baggergut verbleibt im Laderaum und das Wasser fließt im Überlauf nach außenbords. Je nach Baggerprojekt kann das Baggergut an anderer Stelle verklappt werden, durch Druckrohre in seitlich anlegende Schuten gefördert oder durch schwimmende Rohrleitungen als Wasser-Sand-Gemisch zum Küstenschutz oder zur Landgewinnung an Land gepumpt werden. Hopperbagger dienen vorwiegend zur Fahrrinnenvertiefung, zur Sandaufspülung beim Küstenschutz oder bei der Neulandgewinnung.

Der Hopperbagger »Eke Möbius« (Abb. 4, Tab. 2), im Jahr 2013 von der Sietas Schiffswerft an Josef Möbius Bau abgeliefert, führte Anfang 2014 Baggerarbeiten vor Odessa im Schwarzen Meer durch. Der Bagger entstand als Basiskonstruktion und mit baggertechnischen Zulieferungen von Vosta LMG, hat ein Laderaumvolumen von 7.350m3 und wurde in der HANSA (Hochhaus, K.-H.: >>Eke Möbis<<, ein umweltfreundlicher Saugbagger von der Sietas Werft, HANSA 5/2013) bereits ausführlich beschrieben. Etwas kleiner ist der indische Hopperbagger »DCI Dredge XXI« (Abb. 5, Tab. 3), der 2014 von IHC Merwede abgeliefert wurde. Der Hopperbagger »Chang Jiang Kou 02« (Abb. 6, Tab. 4), gebaut nach den Konstruktionsplänen von IHC Merwede, entstand 2013 auf der Werft Daoda Heavy Industry Werft in Qidong (China) und wurde an die Yang­tze Estuary Waterway Administration Bureau (Yewab) abgeliefert. Der Bagger ist ein Nachbau von IHC Merwede, der 2012 als »Chang Jiang Kou 01« abgeliefert wurde. Er hat 12.000m3 Laderaum und wurde wegen der hohen Strömungsgeschwindigkeit des Jangtse-Flusses mit dem patentierten Wild-Dragon-Schleppkopf von IHC Merwede ausgerüstet.

3.2 Schneidkopfsaugbagger (Cutterbagger)

Wenn der Boden sehr fest ist oder sogar aus Fels besteht, werden Schneidkopf- oder Schneidradsaugbagger eingesetzt, deren rotierender Saugkopf (bzw. Schneidrad) mit speziellen Schneidwerkzeugen ausgestattet ist. Diese Saugbaggertypen, entweder große seetüchtige und selbstfahrende oder kleinere stationäre Schneidkopfsaugbagger ohne eigenen Antrieb, werden vor allem für den Bau und Ausbau von Häfen, von Fahrrinnen sowie für Pipeline-Grabungen am Meeresboden genutzt. Außerdem werden sie bei der Offshore-Sand- und Kiesförderung und bei der Gewinnung von Diamanten sowie von Schwermineralen eingesetzt. Die Besonderheit ist der mit einem Antrieb versehene in axialer Richtung drehbare Schneidkopf (Abb. 7), der für das Schneiden des harten Bodens verantwortlich ist. Er wird mit einer großen Anzahl von auswechselbaren, bis 20 kg schweren Schneidzähnen ausgestattet. Das damit gelöste und mit Wasser transportierte Baggergut wird vorwiegend für die Landgewinnung verwendet. Je nach Entfernung wird es durch Rohrleitung an Land gepumpt oder mit Schuten abtransportiert.

erfolgte auf der -Werft in der (Abb. 8, Tab. 5)Der Bagger wird von einer diesel-elektrischen Anlage mit 16.580 kW mit Strom versorgt. Je nach Bedarf werden damit die zwei Azimut-Propeller und/oder die drei Baggerpumpen versorgt. Die Saugleitungen haben einen Durchmesser von 900mm und die Rohrleitungen zum Beladen von 850mm. Der Schneidkopfbagger »‘Al Bahar‘ C/D Huta 12« (Abb. 9, Tab. 6)wurde 2014 an Saudi-Arabien abgeliefert. Er wurde von IHC Merwede konstruiert und entstand bei IHC Dredgers Ship­yard in Kinderdijk (Niederlande).

4. Werften und Baggerzubehör

Der Entwurf und die Konstruktion von Schwimmbaggern ist eine extrem anspruchsvolle Nische im globalen Schiffbau. Wenige Firmen, die bedeutendsten sind IHC Merwede und Vosta LMG, verfügen über die besonderen Technologien dieser Spezialschiffe und liefern den Bauwerften neben den technischen Planungs- und Entwurfsunterlagen auch die notwendigen spezifischen Ausrüstungen (Abb. 10, 11) und technische Unterstützung vor Ort.

4.1 IHC Merwede

Die niederländische Gesellschaft Industriele Handels Combinatie Merwede BV, kurz IHC Merwede, mit Sitz in Sliedrecht ist in den vier Bereichen Schiffbau, Offshore, Bergbau und Gründungen aktiv. Sie beschäftigt rund Bereich Schiffbau Weltmarktführer für die Planung, Entwicklung und Konstruktion von Baggerschiffen sowie Ausrüstungen für Schwimmbagger. Auf den eigenen Werften in den Niederlanden und besonders auf den weltweit verteilten Partnerwerften entstehen die verschiedenen Schiffstypen der Nassbaggertechnik. Dafür unterhält das Unternehmen Niederlassungen in China, Dubai, Singapur und den Vereinigten Staaten.

4.2 Vosta LMG

 

Das Beispiel der Lübecker Maschinenbau Gesellschaft (LMG), die 1875 den ersten Auftrag für einen Eimerketten-Schwimmbagger erhielt, zeigt eine typische Entwicklung vom Maschinenbau zu einer Werft für den Spezialschiffbau. Etwa 800 Schiffe, davon rund 400 Schwimmbagger, wurden bis Mitte 1990 abgeliefert. 1986 erfolgte mit der >>Bilberg 1<< der Bau des seinerzeit größten Schneidkopfbaggers der Welt. 1987 wurde der Werftbetrieb eingestellt. 1995, inzwischen als Krupp Fördertechnik, wurde die niederländische Firma Vosta BV übernommen und 1999 entstand bei den Nordseewerken in Emden mit der >>Vasco da Gama<< der größte Hopperbagger dieser Zeit. Das Schiff hatte die Jan-De-Nul-Gruppe bestellt, die Projektierung, Basiskonstruktion und baggertechnischen Ausrüstungen kamen von der LMG. Seit 2002 firmiert das Unternehmen als Vosta LMG. Heute ist es eine hundertprozentige Tochtergesellschaft von der ASL Marine Holding aus Singapur und unterhält Firmenzentralen in Amsterdam und Lübeck. Vosta LMG liefert komplette Schwimmbaggerkonzepte wie Hopperbagger, Schneidekopfbagger von der Projektierung über das Basic Engineering des Schiffes mit Schiffsantrieb und allen Systemen bis hin zur Konstruktion der gesamten Baggerausrüstung sowie deren Lieferung. Darüber hinaus ist Vosta LMG führend im Schneidekopfbereich, den dazugehörigen Zahnsystemen und andere Baggerkomponenten

 


Karl-Heinz Hochhaus