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Als exklusive Werksvertretung des finnischen Schiffskabelproduzenten Helkama hat sich das Unternehmen Friesland Kabel aus Norderstedt in den vergangenen Jahren einen Namen in der maritimen Branche gemacht.

Zu sehen sind sie nirgends, aber gebraucht werden sie überall. Kabel sind zentraler Bestandteil jedes Schiffes und jeder Offshore-Plattform[ds_preview], ohne sie könnte kein Strom fließen und wären keine

Daten zu nutzen. So kommt es, dass bei vielen maritimen Bauprojekten ein mittelständisches Unternehmen aus Norderstedt eine tragende Rolle spielt: der 2007 gegründete Kabellieferant Friesland Kabel. Ob die Megayacht »White Pearl«, die derzeit bei Abu Dhabi Mar Kiel für den russischen Milliardär Andrey Melnichenko gebaut wird, die beiden bei der Flensburger Schiffbau-Gesellschaft (FSG) produzierten Seismikschiffe »Amazon Warrior« und »Amazon Conqueror« oder die drei im Auftrag von Siemens bei Nordic Yards gefertigten Offshore-Konverterplattformen – sie alle sind mit Kabeln von Friesland Kabel ausgestattet.

Sieben Jahre ist es jetzt her, dass Geschäftsführer und Inhaber Klaus Moorlampen zurück auf Neustart ging und sein Berufsleben noch einmal komplett neu begann. Vorher hatte der gelernte Außenhandelskaufmann 20 Jahre lang eine führende Position bei einem Norderstedter Kabel- und Leitungsgroßhändler innegehabt. Dann sah er in dem Unternehmen keine Zukunftsaussichten mehr und beschloss im Alter von damals 49 Jahren, sich selbständig zu machen. Angefangen mit zwei Angestellten und der Zusage, die deutsche Werksvertretung für den finnischen Schiffskabelproduzenten Helkama übernehmen zu dürfen, hat sich Friesland Kabel seitdem auf dem Markt etabliert und gehört mittlerweile zu den größten Schiffskabellieferanten Deutschlands.

Heute beschäftigt Moorlampen gut 30 Mitarbeiter in sechs Ländern, verfügt über ein 6.000m² großes beheiztes Lager mit sechs Schneidemaschinen in Lüneburg sowie zwei weitere in Russland und in Dänemark. Zu Beginn des Jahres

wurde mit Friesland Datacom noch ein zweites Unternehmen gegründet, das vor allem auf Datentechnik spezialisiert ist. Allein mit Schiffskabeln, die rund zwei Drittel des Gesamtgeschäfts ausmachen, beträgt der Jahresumsatz inzwischen mehr als 10 Mio. €. Insgesamt sind mehrere hundert unterschiedliche Typen von Schiffs- und Industriekabeln in mehreren tausend unterschiedlichen Querschnitten im Angebot.

Speziallösungen für die maritime Branche

»Wir verstehen uns als Logistiker und Lieferant, aber auch als technischer Berater«, betont der heute 56-Jährige. Dabei hat der Bereich Technik für ihn einen hohen Stellenwert: Zusammen mit Hersteller Helkama, der Friesland Kabel inzwischen auch zum exklusiven Werksvertreter für die meisten Länder Europas sowie für Russland und Südamerika ernannt hat, sind schon verschiedene Speziallösungen für die maritime Branche entwickelt und approbiert worden. Unter anderem entstanden so eigens für die komplexen Offshore-Plattformen ein flexibles Fünfleiterkabel für die Schaltanlagen – bis dahin waren in der Schifffahrt nur Kabel mit vier Leitern bekannt – sowie ein feuerfestes Hybridkabel zur Kameraführung, das auch bei Ausbruch eines Feuers auf einer der Plattformen die Bildübertragung noch für mindestens drei Stunden gewährleistet. »Helkama ist ein relativ kleines familiengeführtes Kabelwerk«, erläutert Moorlampen. »Das gibt uns die Möglichkeit, zusammen mit unseren Kunden neue Lösungen zu entwickeln und zu produzieren, ohne dass dies gleich in riesigen Mengen geschehen muss.«

Zu den bekannteren Projekten, die das Unternehmen zuletzt abgeschlossen hat, gehören auch das auf der Sietas Werft gebaute Offshore-Errichterschiff »Aeolus« und das deutsche Forschungsschiff »Sonne« (Meyer Werft). Für die »Aeolus« wurden sämtliche Marinekabel und Datenleitungen geliefert, allesamt halogenfrei, salzwasserbeständig, öl- und UV-resistent, nicht brandfortleitend, raucharm und zum Teil auch feuerbeständig. Um den Belastungen auf dem Arbeitsschiff standzuhalten, wurden viele Kabel mit elektrischem und mechanischem Schutzschirm verlegt. Die »Sonne« wurde ebenfalls mit einer breiten Palette an Kabeln ausgestattet. Da sich bei Schiffsneubauten die Anforderungen an Kabel, Bestellmengen sowie benötigte Querschnitte häufig kurzfristig ändern, war in beiden Fällen die Logistik gefordert. »Dank unseres großen Lagers konnten wir in kürzester Zeit die benötigten Kabel auf Maß schneiden und oft innerhalb von 24 Stunden liefern«, so Moorlampen. Da sei es von Vorteil, dass die Kabel permanent in Verlegetemperatur gelagert würden.

Beitrag zur Reduzierung von Emissionen

Ein großes Thema ist derzeit nach Aussage des Geschäftsführers die Gewichtsfrage. Zwischen 120 und 800km Kabel werden beispielsweise auf einer Megayacht verlegt, da kommt einiges zusammen. »Je nach Schiff können wir das Gesamtgewicht mit unseren Kabeln um mehrere Tonnen senken«, sagt er. Das bedeute letztlich, dass das Schiff entweder schneller fahren könne oder weniger Treibstoff verbrauche. In Sachen Emissionsreduzierung sei dies ein nicht unwesentlicher Aspekt. Ein Projekt, auf das Moorlampen in diesem Zusammenhang derzeit ein Auge geworfen hat, ist die Neuverkabelung der beiden beim Bau auf der Volkswerft Stralsund zu schwer geratenen Scandlines-Fähren: »Wir haben ausgerechnet, dass wir da allein durch die Kabel acht bis zehn Tonnen Gewicht einsparen können.« Ob die mit der Fertigstellung der Fähren beauftragte dänische Fayard-Werft den Kabelauftrag allerdings tatsächlich nach Norderstedt vergibt, stand bei Redaktionsschluss dieser Ausgabe noch nicht fest.

Ein weiteres Geschäftsfeld, in das Friesland Kabel kürzlich eingetreten ist, ist der LNG-Markt. Bereits abgeschlossen ist die Kabelausstattung des Anfang 2013 von der Meyer Werft abgelieferten LNG-Tankers »Coral Energy«. Aktuell in Arbeit ist die LNG-Hybrid-Barge, die demnächst im Hamburger Hafen Kreuzfahrtschiffe der Aida-Flotte mit Strom versorgen soll. Auch der Auftrag zur Verkabelung der neuen LNG-Helgoland-Fähre, die bei Fassmer gebaut wird, ging nach Norderstedt. Weil sich dabei neue Anforderungen beispielsweise an Explosionsschutz und Farbgebung der Kabel stellen, ist man auch hier an der Entwicklung neuer Produkte beteiligt – sowohl im Strom- als auch im Datenbereich.

Neuvorstellung zur SMM: Kabel mit erhöhtem Temperaturlimit

Innovative Datenkabel für einen schnellen und sicheren Datenverkehr, maßgeschneiderte Speziallösungen und platzsparende Hybridkabel, die neben den herkömmlichen Kupferleitungen zusätzliche Komponenten wie Pneumatik- und Hydraulikschläuche, Koaxialkabel oder flexible Lichtwellenleiter vereinen: Die Anforderungen des Marktes werden immer komplexer, und so hat es sich Moorlampen auf die Fahnen geschrieben, Systemlösungen für unterschiedliche Bedarfe bereitzustellen. Einen kommenden Trend sieht er in der Ablösung von Kabeln mit Gummimantel durch solche mit Polyurethanmantel (PUR), von denen er seit einigen Monaten drei unterschiedliche Varianten im Angebot hat. Das Material zeichne sich durch seine hohe elastische Dehnung aus, erläutert er: »Bei Leitungen mit hohen Bewegungszyklen und in rauen Umgebungen sind PUR-Produkte einfach verschleißfester und halten viel mehr Wechselbiegezyklen aus – und im Brandfall sind die Schäden viel geringer.« Zur SMM will Friesland Kabel eine weitere Neuentwicklung mitbringen und dem Fachpublikum vorstellen: Anschluss- und Steuerleitungen sowie Daten- und Messleitungen, die Temperaturen von bis zu 120° (statt der bisher gängigen 80°) standhalten. Sie sollen sicherstellen, dass auch bei großer Hitze in einem Maschinenraum oder auf einer Offshore-Plattformen keine Betriebsausfälle zu beklagen sind.

Für die Zukunft hat sich Moorlampen vorgenommen, die Marktposition seines Unternehmens in Europa zu festigen und in Südamerika auszubauen. Um Letzteres zu erreichen, will er kommendes Jahr in Brasilien ein weiteres Kabellager eröffnen. Darüber hinaus gibt es Überlegungen, gemeinsam mit Helkama eine Produktionsstätte in Südamerika aufzubauen. »Ich habe meine Nische gefunden«, sagt der 56-Jährige. »Jetzt möchte ich sie weiter vergrößern.«

Anne-Katrin Wehrmann