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Versorgungsschiffe sind ein wichtiger Baustein für die Offshore-Industrie. Karl-Heinz Hochhaus skizziert die Entwicklung von diesen Einheiten und berichtet über einen aufwendigen Umbau für Arbeiten an Unterwasserquellen
1. Entwicklung von flexiblen Antrieben für Offshore-Schiffe

Sowohl die Dieselmotoren als auch die elektrischen Antriebe spielen heute[ds_preview] für Offshore-Schiffe eine wichtige Rolle. Neben Kreuzfahrtschiffen und Gastankern werden auch in der Offshoreindustrie bei Rohrlege-, Kran-, Explorations- und Bohrschiffen sowie Windanlagen-Errichterschiffen überwiegend dieselelektrische Antriebsanlagen eingesetzt[Ackermann, G.; Droste, W.: Steuerungs- und Regelungsstrategien für Schwimmkrane 84. Band STG-Jahrbuch 1990, S. 459]. Auch bei den Spezialschiffen der Offshore-Logistik mit hohen Ansprüchen an die Manövrierfähigkeit und dynamische Positionierung, die vielfach von Versorgern abgeleitet wurden, haben sie höchste Priorität.

Seit einigen Jahren werden in der Offshore-Service- und Versorgungsschifffahrt Untersuchungen über effiziente Antriebsanlagen und umweltfreundliche Betriebsweisen durchgeführt. Praktische Ergebnisse wurden umgesetzt, wie z. B. der Einsatz von LNG, Brennstoffzellen und Energie-Speichersystemen.

Die »Viking Lady« (Abb. 1 ) von Eidesvik Offshore (Norwegen) verfügt über Dual-Fuel-Motoren. Sie wurde zur Stromerzeugung neben den Dieselgeneratoren auch mit Brennstoffzellen (BZ) ausgestattet, um damit Erfahrungen im harten Bordeinsatz zu sammeln. Der Nachteil der BZ ist die Trägheit bei Leistungsänderungen, die besonders beim Dynamischen Positionieren stört. Zur Kompensation wurde ein elektrisches Energie-Speichersystem, bestehend aus 52 Lithium Polymer Akkumulatoren der Firma Corvus Energy (Kanada) mit einer Kapazität von rund 440 kWh nachgerüstet. Damit werden Leistungsspitzen gekappt, die Dieselgeneratoren werden entlastet und laden bei geringeren Leistungsanforderungen die Akkus wieder auf.

Auch der Plattform-Versorger »Edda Ferd« (Abb. 2) der norwegischen Reederei Ostensjo SA erhielt als elektrischen Energiespeicher eine Akkuanlage (Kapazität 340 kWh). In Verbindung mit drehzahlvariablen Dieselgeneratoren und dem Antriebssystem »Bluedrive Plus C« von Siemens entstand eine flexible und umweltfreundliche Stromversorgungsanlage mit einer Gleichstromschiene. Sie speist die Antriebs- und Manövrieraggregate, die Antriebe der Hilfsmaschinen und die sonstigen E-Verbraucher über Wechselrichter. Das Gesamtsystem ermöglicht extrem niedrige Drehzahlen der Dieselgeneratoren mit den Vorteilen einer hohen Energieeffizienz und geringen NOx-Emissionen (Abb. 3).

2. Deutsche Offshore-Reeder

In den frühen 60er-Jahren stiegen deutsche Reedereien in das neue Geschäftsfeld der Versorgungsschifffahrt ein. Für die Ölbohrungen und die Ölförderungen auf hoher See waren robuste Schiffe und eine ausgefeilte Logistik notwendig, um die Bohrinseln und Förderplattformen mit den nötigen Materialien zu versorgen. Weitere Dienstleistungen wie z. B. Hochziehen und Verlegen von Ankern (Ankerziehschlepper) – an denen sich Rohrleger vorwärts ziehen – und das Verschleppen der Bohrinseln zu anderen Standorten kamen dazu. Reedereien wie die Vereinigte Tanklager und Transportmittel Gesellschaft (VTG) und DDG Hansa, die sich 1968 mit der britischen Offshore Marine Ltd zur OSA zusammenschlossen, sowie die Hapag-Lloyd-Tochter T&S waren in der Versorgungsschifffahrt tätig. Heute sind es z. B. Harms Bergung, Hartmann Offshore, E.R. Offshore sowie Harren und Partner mit der Offshore Installation Group (OIG), die in diesem Zweig der Schifffahrt aktiv sind.

3. Schiffstypen in der Offshore-Versorgung

Die typischen Versorger werden als Platform Supply Vessels (PSV) bezeichnet. Es sind reine Materialtransporter, die Offshore-Anlagen mit Rohren, Zement-, Flüssigkeits- und anderen Ladungen versorgen. Sie dienen auch als Rettungs- und Stand-by-Schiffe. Zur Assistenz von Bohrinseln und großen Rohrlegern eingesetzte Ankerleger oder Ankerziehschlepper werden als Anchor Handling Tugs (AHT) bezeichnet. Sie sind auch als Kombination von Versorger und Schlepper entstanden (AHTS) und werden neben Ankerziehen zur Verschleppung von Bohrinseln und anderen großen Offshore-Konstruktionen ohne eigenen Antrieb genutzt. Für die von Versorgern abgeleiteten Bohrloch-Stimulations-Schiffe für Arbeiten an Unterwasserquellen wird auch der Begriff Light Well Intervention Vessel (LWIV) verwendet. Dabei geht es u. a. um Wartungs- und Kontrollarbeiten, Austausch von Komponenten der Unterwasserarmaturen und Stimulation der Quellen [Von Baur, M.: Aktivitäten und Entwicklung im Offshore Bereich – Überblick und innovative Schiffe, 104. Band STG-Jahrbuch 2010 S. 84-98].

4. »Island Centurion« & »Island Captain«

Die Bremerhavener Lloyd Werft hatte zuletzt den Auftrag zum Umbau der Plattform-Versorger »Island Centurion« und »Island Captain« (Abb. 5) erhalten. Sie wurden 2011 und 2012 bei der 1816 gegründeten Werft Vard Brevik in Norwegen gebaut, die zu dieser Zeit als STX OSV Brevik Werft firmierte. Vard Brevik ist eine auf Offshore-Schiffe spezialisierte Werft, gehört zur Vard-Gruppe und ist weltweit mit zehn Schiffbaustandorten vertreten.

Die UT 700-er Serie mit Rolls-­Royce Offshore Design gilt mit rund 650 gebauten Schiffen als eine erfolgreiche und bewährte Versorgerfamilie in der Offshore-Industrie. Ein Ergebnis der Strategie des britischen Rolls-Royce Konzerns, der ab 1999 die führenden Firmen der Offshore-Schiffstechnik mit Kern in Norwegen übernommen hat [Von Baur, M.: Aktivitäten und Entwicklung im Offshore Bereich – Überblick und innovative Schiffe, 104. Band STG-Jahrbuch 2010 S. 84-98]. Die Versorger der Island-Klasse mit Heimathafen Aalesund fahren unter norwegischer Flagge, gehören zu den Bohrinsel-Versorgungsschiffen vom Typ UT 776 CD und wurden von DNV klassifiziert. Sie sind, wie bei den Bohrinselversorgern üblich, mit vielen verschiedenen Tanks, speziellen Laderäumen und einem Ladekran ausgestattet.

Die beiden Schiffe verfügen über eine Deckfläche von rund 1.000m2 und sind mit einer dieselelektrischen Antriebsanlage ausgestattet. Vier Bergen Dieselgeneratoren mit je 1.440kW erzeugen den Strom für den Antrieb und die Hilfsanlagen. Der Vortrieb der Schiffe erfolgt über zwei Azimuth-Propeller vom Typ Azipull mit je 2.500 kW. Damit erreicht das Schiff eine Nenngeschwindigkeit von rund 16 kn. Zum besseren Manövrieren und für das Dynamische Positionieren (DP 2) wurden außerdem zwei Bugstrahlpropeller vom Typ TT 2200 DP CP und ein einziehbarer Azimuth-Propeller mit je 885 kW vorgesehen. Die Azimuth-Propeller und Bugstrahlpropeller wurden von Rolls-Royce geliefert.

Im Zuge der höheren Nachfrage nach innovativen Spezialschiffen wurden die Schiffe zu Bohrloch-Stimulations-Einheiten (Well Intervention Vessel, WIV) umgebaut. Sie wurden von dem US-Konzern Schlumberger gechartert, der den Auftrag an die Lloyd Werft gab. Dazu sind sehr aufwendige Änderungen notwendig, die vorwiegend auf den Einbau von zusätzlichen Labor- und Werkstatträumen, komplexen Hochtanks, Sandsilos, extrem leistungsstarke Hochdruckpumpen und einer zusätzlichen Stromversorgung beruhen. Diese Nachrüstungen beinhalten Arbeiten im Stahlbereich, um mit zwei zusätzlichen Decks Platz für die notwendigen Einrichtungen und Maschinenanlagen zu schaffen. Dazu gehören aufwendige Rohrinstallationen mit den dazugehörigen vorwiegend ferngesteuerten Armaturen wie Absperr- und Dreiwegeventile, Automatikfilter sowie Manometer, Durchflussmesser, Thermometer und Thermoelemente mit entsprechenden Umformern. Aufwendige Schalttafel- und Kabelarbeiten wurden durchgeführt, um die zusätzlich installierten Dieselgeneratoren und Schalttafeln mit den Pumpenaggregaten und anderen Hilfsmaschinen zu verbinden. Außerdem wurden extrem viele Signalkabel verlegt, um die Zentrale mit den Stellgliedern und Sensoren zu verbinden. Weitgehend automatisierte Systeme, Redundanzschaltungen und Grenzwertgeber unterstützen das Personal und sorgen für einen sicheren Betrieb.

Autor: Dr.-Ing. Karl-Heinz Hochhaus

Meckelfeld, hochhaus@tuhh.de


Karl-Heinz Hochhaus