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Bieten Schuldscheindarlehen für Reedereien einen interessanten ersten Schritt in Richtung Kapitalmarkt, so beginnt die eigentliche Fremd­finanzierung über den Kapitalmarkt mit der Begebung von Anleihen.

Anleihen sind Wertpapiere, die der Aussteller zu Finanzierungszwecken gegen Überlassung eines Kapitalbetrags ausgibt und in denen er dem jeweils Berechtigten[ds_preview] regelmäßig die Zahlung von Zinsen und die Zahlung eines Kapitalbetrags bei Fälligkeit verspricht. Die verbrieften Ansprüche können auch aufschiebend oder auflösend bedingt, gewinnabhängig, von der Erbringung einer Gegenleistung oder der Höhe nach von der Entwicklung eines Referenzzinssatzes oder eines Index abhängig sein. Anleihen sind in der Regel sogenannte Inhaberschuldverschreibungen, d.h. der jeweilige Inhaber kann die verbriefte Leistung an sich verlangen. Die durch Anleiheemissionen aufgenommenen Mittel können grundsätzlich ohne eine bestimmte Zweckbindung für die allgemeine Unternehmensfinanzierung verwendet werden. Kurzläufige Anleihen (Commercial Paper) haben eine Laufzeit zwischen sieben Tagen und knapp zwei Jahren; die Laufzeit mittel- bis langläufiger Anleihen (Medium Term Notes) beträgt zwischen fünf und zwanzig Jahren. Sind Anleihen nur nach Kündigung durch den Schuldner rückzahlbar, spricht man von »Endlos«-Anleihen.

Hochzinsanleihe (High-Yield Bond)

Während Anleihen in Form von Commercial Paper und Medium Term Notes wegen der hier geforderten hohen Bonitäts-, Liquiditäts- und Transparenzanforderungen nur für die wenigsten mittelständischen Unternehmen geeignet sind, haben sich in der jüngeren Vergangenheit High-Yield Bonds zu einer attraktiven Finanzierungsalternative entwickelt. High-Yield Bonds sind Anleihen mit einem Rating unterhalb eines »Investment Grade«, also niedriger als BBB (Standard & Poors oder Fitch) bzw. Baa3 (Moody’s), und daher einem hohen Anleihezins (high-yield). Es handelt sich in der Regel um festverzinsliche Titel mit halbjährlichen Zinszahlungen. Gegenüber anderen Finanzierungsformen, wie z. B. syndizierten Bankkrediten, bieten sie aus Unternehmenssicht eine Reihe von Vorteilen, die allerdings aus Anlegersicht nachteilig sein können und daher zu dem hohen Anleihezins führen: relativ lange Laufzeiten mit langfristig kalkulierbaren Finanzierungskosten; keine laufende Tilgung, sondern vollständige Rückzahlung am Laufzeitende; keine oder nur nachrangige Besicherung; und keine Verpflichtung, bestimmte Finanzkennzahlen (Financial Covenants) einzuhalten. Die meisten Emittenten notieren ihre High-Yield Bonds an der Luxemburger oder der irischen Wertpapierbörse, da dort sowohl das Zulassungsverfahren als auch die Prospektprüfung durch die zuständige Wertpapieraufsichtsbehörde als schneller und unkomplizierter gelten als an anderen Börsen in der EU. Um eine ausreichende Liquidität für den späteren Anleihehandel am Sekundärmarkt sicherzustellen, muss ein Emissionsvolumen von etwa 150Mio. € erreicht werden.

Mittelstandsanleihen (Mini-Bonds)

Um mittelständischen Unternehmen die Möglichkeit zu eröffnen, auch kleinvolumigere Anleihen über eine Börse zu begeben, haben verschiedene deutsche Börsen seit 2010 spezielle Plattformen für die Begebung und den Handel von Mittelstandsanleihen geschaffen. Nach einer anfänglichen Euphorie machte sich, bedingt durch dramatische Kursverluste und drohenden Zahlungsausfälle im Zuge der Finanzkrise, zwar eine starke Ernüchterung breit und einige Börsen verabschiedeten sich auch wieder von diesem Handelssegment. Kapitalmarktexperten gehen jedoch davon aus, dass hier eine Revitalisierung stattfinden wird, zumal Mittelstandsanleihen nicht zuletzt aus Mangel an attraktiven Anlagealternativen auch bei Investoren wieder zunehmend Anklang finden dürften. Die Voraussetzungen für die Emission eines Mini-Bonds und das Prozedere der Emission ergeben sich aus dem Wertpapierhandelsgesetz und den Geschäftsbedingungen der jeweiligen Börsen. Aufgrund öffentlichen Anbietens ist regelmäßig die Erstellung eines Wertpapierprospekts erforderlich, der vor seiner Veröffentlichung von der BaFin genehmigt werden muss. Das Rechtsverhältnis zwischen dem emittierenden Unternehmen und den Investoren der Anleihe wird in den Anleihebedingungen geregelt. Die Börsen verlangen entweder keine oder nur geringe Mindestvolumina zwischen 10€ und 25Mio. € Allerdings werden bereits Wirtschaftlichkeitsüberlegungen dem Emissionsvolumen eine Untergrenze setzen, da die mit der gesamten Transaktion verbundenen Kosten und der notwendige Aufwand nicht unerheblich sind. Das gilt nicht zuletzt für die vor und nach der Emission zu befolgenden Transparenzpflichten.

Fazit: Die erstmalige Inanspruchnahme des Kapitalmarkts für Unternehmensanleihen (Initial Bond Offering – IBO) bedeutet zwar für viele mittelständische Unternehmen eine echte Zäsur in ihrer Unternehmenskommunikation. Ungeachtet dessen kann die Emission einer Anleihe als Alternative zum Bankkredit für mittelständische Unternehmen jedoch sehr attraktiv sein und sollte daher nicht unbeachtet bleiben.
Stephan R. Göthel, Oliver Rossbach