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Fast 500 Fachleute haben auf dem Kongress der Hafentechnischen Gesellschaft (HTG) neueste Entwicklungen bei der Offshore-Windenergie, im Wasserbau, in der Verkehrspolitik und beim Einsatz alternativer Energien in der Schifffahrt erörtert
In diesem Jahr war Bremen Gastgeber des wichtigsten Forums für Bauen am und im Wasser. 101 Jahr alt ist die[ds_preview] HTG inzwischen, doch mit ihren Themen bleibt sie auf der Höhe der Zeit. Geführt wird die Vereinigung von Reinhard Klingen (Bundesverkehrsministerium) als Vorsitzendem und Karl Morgen (WTM Engineers) als Stellvertreter. Beide werden im Februar bei der HTG-Gesamtvorstandssitzung für die kommenden drei Jahre erneut kandidieren.

HANSA: Herr Klingen, Herr Morgen, hat die HTG noch die Bedeutung von einst?

Reinhard Klingen:

Das will ich meinen. Die HTG war und ist die ideale Plattform für den Erfahrungs- und Wissensaustausch. Alle Verbände haben zu kämpfen, allein schon mit demografischen Faktoren, aber wir halten unsere Mitgliederzahl bei rund 1.400 nahezu konstant. Und schauen Sie sich den Kongress mit fast 500 Teilnehmern an. Ich würde sagen, das spricht sehr für die HTG.

Karl Morgen: In heutiger Zeit wird sicher häufiger nach dem Nutzen einer Mitgliedschaft gefragt, gerade auf Unternehmensseite. Dem halte ich entgegen, dass unsere fachtechnische Gesellschaft in ihren Arbeitskreisen wirklich hervorragende Arbeit leistet und immer wieder Regelwerke verfasst, die zum Beispiel vom Bundesverkehrsministerium als rechtsverbindlich übernommen werden.

Bringen Sie sich auch in politische Debatten ein?

Karl Morgen: Wir haben das diskutiert, sind aber zu dem Entschluss gekommen, uns auch künftig auf unsere Kernkompetenz als technisch-wirtschaftliche Vereinigung zu konzentrieren. Und das ist die Schaffung und der Erhalt der Infrastruktur. Damit bleiben wir unseren Wurzeln treu. Wir sind natürlich mit dem in der HTG versammelten Know how beratend, auch für die Politik, tätig. Und in unseren Fachausschüssen diskutieren wir sehr offen, manchmal auch sehr kontrovers im Bereich des Wasserbaus.

Worum geht es dabei?

Karl Morgen:

Um alle relevanten und drängenden Fragen, zum Beispiel um Fragen des Vergaberechts oder um Schwierigkeiten bei der Umsetzung von Großprojekten. Es ist heute nicht die Frage, wie Bauvorhaben technisch zu lösen sind, das können wir. Es geht vielmehr darum, ob eine gesellschaftliche Akzeptanz geschaffen werden kann und wie die immer wichtiger werdenden Umweltbelange berücksichtigt werden können.

Reinhard Klingen: Wir haben uns allerdings vom Thema Logistik wieder verabschiedet. Das ist ein Feld, in dem wir uns einfach nicht zu Hause fühlen. Und deshalb wollen und können wir auch kein Ansprechpartner für die Logistikwirtschaft sein. Die HTG versteht sich seit ihrer Gründung vor mehr als 100 Jahren als Plattform für den Wissens- und Erfahrungsaustausch rund um den Wasserbau. Und dabei soll es bleiben.

Aber auch die HTG spürt doch sicher den schon oft beklagten Mangel an Ingenieuren, im praktischen Alltag ebenso wie bei der HTG.

Karl Morgen:

Es werden jedes Jahr 5.000 Ingenieure gebraucht, aber zuletzt sind nur noch 2.000 bis 3000 nachgerückt. Jetzt fehlen gestandene Projektleiter mit zehn Jahren Berufserfahrung. Bei den Berufsanfängern sieht es besser aus. Da haben wir eine sehr rührige Junge HTG und keine vergleichbaren Nachwuchssorgen.

Wie erklären Sie sich das?

Karl Morgen:

Es mangelt offenbar an gesellschaftlicher Anerkennung. Machen wir uns nichts vor: Eine Tätigkeit als Bauingenieur gilt in der Gesellschaft als weniger »sexy« als die eines Entwicklungsingenieurs bei Porsche. Auf der anderen Seite geht oft eine große Verantwortung für ein Projekt mit einer Bezahlung eher am unteren Ende des Gehaltsniveaus für Ingenieure einher. Daran müsste sich grundsätzlich etwas ändern. Das ist eine Aufgabe aller Ingenieursverbände. Aber langsam bessert sich die Lage an den Hochschulen wieder, es gibt mehr Absolventen. Erfreulich auch, dass so viele Frauen dabei sind. Das war vor Jahren kaum vorstellbar.

Auch der Ingenieurmangel wird heute ins Feld geführt, wenn es um die vernachlässigte Infrastruktur geht …

Karl Morgen:

Das ist aber nicht die Schuld der Ingenieure.

Reinhard Klingen: Wir als HTG weisen schon lange auf die Problematik hin. Und es hat sich doch jetzt etwas geändert. Noch nie wurde so intensiv, auch bei den politischen und wirtschaftlichen Spitzen des Landes, über dieses Thema geredet, das Problem wird endlich anerkannt. Das ist ein Fortschritt.

Karl Morgen: Und wir tauschen uns natürlich aus, untereinander und in Einzelgesprächen auch mit Politikern. Es zeichnet die HTG doch gerade aus, dass ihre Mitglieder sowohl aus der Ingenieurpraxis als auch aus der Verwaltung stammen. Das befruchtet sich gegenseitig.

 


Krischan Förster