Print Friendly, PDF & Email

Seit einiger Zeit werden in verschiedenen Industriebereichen Wege verfolgt, die Kommunikation zwischen Komponenten, Messgeräten und Sensoren und Bereichen des Betriebs von Anlagen über das Internet zu führen. Man spricht vom Internet of Things (IoT), dem Internet der Dinge.
Auch in der Schifffahrt gibt es Ansätze, die IoT zugeordnet werden können. Die Möglichkeiten sind aber bedeutend umfangreicher als sie[ds_preview] heute genutzt werden. Hier gibt es noch viel Entwicklungspotenzial. Ein gutes Beispiel, von dem die Schifffahrt lernen kann, ist die Luftfahrt.

Bereits in den 1970er Jahren hat Lufthansa Technik – die auch heute noch auf diesem Gebiet führend ist – ein kontinuierliches Überwachungs- und Wartungsprogramm für Strahltriebwerke gestartet und seither ständig weiterentwickelt: Engine Condition Monitoring (ECM). Die Triebwerke sind mit vielen Sensoren und auch optischen Überwachungsmechanismen ausgestattet, Temperaturen, Strömungsgeschwindigkeiten, Treibstoffverbrauch, Schwingungsverhalten und anderes mehr werden überwacht. Darüber hinaus werden auch Daten über die Schmier- und Abriebverhältnisse in den Lagern aufgenommen und weitergeleitet – teilweise zum Cockpit, großteils zur technischen Überwachung und Auswertung an Land. Falls erforderlich, können die Daten über Internet, im Einzelfall oder kontinuierlich, auch zum Hersteller des Triebwerks übertragen werden.

Der Zustand jedes Triebwerks im System ist jederzeit bekannt. Wartungen werden vorgenommen, wenn sie erforderlich sind. Sie werden anhand der gemessenen Daten geplant und vorbereitet, um so effizient wie möglich arbeiten zu können. Für Flugzeuge gibt es nur »Fail-safe design« und »Fail-safe operation«. Jede Störung im Flug kann schnell zum großen Unfall führen. Daher muss ein gesteigertes Risiko einer möglichen Störung einer Komponente oder eines Teils der Anlage immer rechtzeitig erkannt werden, um die Komponente zu reparieren oder zu ersetzen. Falls erforderlich, kann für Flugzeuge – im Gegensatz zu einem großen Antriebsmotor auf einem Schiff – ein Ersatztriebwerk fast überall auf der Erde schnell bereitgestellt und installiert werden.

Vernetzung in der Schifffahrt

Einiges im Bereich Sensorik gibt es bereits im Schiffsbetrieb und bei den Antriebsanlagen von Schiffen. Die Vernetzung der einzelnen Schiffe einer Reederei – gleich wo auf den Weltmeeren diese sich befinden – mit der Zentrale an Land bietet viele erleichternde Möglichkeiten, die nicht nur Zeit sparen, sondern auch die Sicherheit und Verlässlichkeit der Schifffahrt insgesamt verbessern werden.

Schiffsdiesel sind viel größer als die Strahltriebwerke von Flugzeugen, sie sind auch robuster. Insgesamt ist ein Schiffsantrieb schwerfälliger als das Antriebssystem eines Flugzeugs. Ein Versagen der Hauptmaschine führt noch nicht gleich zum Untergang eines Schiffs. Viele Aspekte, die für Strahltriebwerke gelten, treffen aber auch sinngemäß auf Schiffsantriebe zu.

Bisher ist in der Schifffahrt weitgehend »Planned Maintenance« gebräuchlich. Wartungen und Reparaturen werden abhängig von den Laufzeiten der Anlagen und Systeme oder nach Kalenderintervallen festgelegt. Das geschieht meistens unabhängig vom tatsächlichen Zustand der Maschinenanlage. In diesem System sind Wartungen und Reparaturen nach den Bestandteilen mit der kürzesten Lauf- oder Lebenszeit festzulegen. Das kann dazu führen, dass die Lebenszeit vieler Teile nicht voll ausgenutzt wird.

Bei »Corrective oder Breakdown Maintenance« wird die Maschinenanlage erst repariert, wenn sie droht zu versagen oder wenn sie versagt. Das mag für den Betrieb von kleinen Schiffen angehen, die nie weit von ihrem Heimathafen entfernt betrieben werden. Der Vorteil ist, dass die Maschinenteile fast bis zum Ende ihrer Lebenszeit betrieben werden können. Dieses System birgt jedoch grundsätzlich höheres Risiko für das Schiff und den Reeder. Der wird auch mit hohen Folgekosten zu rechnen haben, wenn bei einem Zusammenbruch umfangreiche Folgeschäden entstehen.

Beim »Condition Maintenance System« wird das Verhalten einzelner Maschinenteile überwacht. Mit Hilfe von Sensoren wird der Zustand der Maschine regelmäßig überprüft. Wartungsarbeiten und Reparaturen werden je nach Bedarf durchgeführt.

Moderne, vernetzte und internetbasierte Systeme werden in der Schifffahrt bis jetzt hauptsächlich für die Betriebsüberwachung eingesetzt. Mit Web-Technologie vereinfacht ein solches System die Verbindung und Kommunikation zwischen der Landzentrale der Schifffahrtsgesellschaft und den Schiffen.

Die Überwachungsmodule an Bord erfassen alle erforderlichen Daten, die das Verhalten und die Leistung des Schiffs beschreiben, wo immer es auf den Weltmeeren unterwegs ist. Das umfasst neben den jeweils vorgegebenen Solldaten und nautischen Daten die gemessenen Betriebsdaten in Echtzeit, wie Schwimmlage des Schiffs, Daten aus dem Maschinen- und Propellerbetrieb, aus denen die abgegebene Leistung bestimmt wird, den aktuellen Brennstoffverbrauch, und Angaben zur aktuellen elektrischen Leistung.

Die Daten werden mit unterschiedlichen Geräten an Bord gemessen, digital aufgenommen und gesammelt. Sie werden über Internet den Berechtigten zugänglich gemacht, sowohl an jeder Stelle an Bord als auch an jeder gewünschten Stelle an Land, vor allem in der Reedereizentrale. Dies enthält u.a.:

Trimm und Krängung

Wellenleistung

Massenfluss-Messungen

Brennstoffverbrauch

Brennstoffdaten

nautische Daten

elektrische Leistungen

elektrische Leistung für Reefer-Betrieb

Pumpen-Verbrauch

Verbrauch für Ventilation

Daten zum elektrischen Landanschluss, wenn gegeben

Trimm und Krängung

Die Erfassung der Schwimmlage des Schiffs ist relativ einfach, aber für den wirtschaftlichen Betrieb sehr wichtig. Trimm hat einen erheblichen Einfluss auf den Schiffswiderstand und kann entscheiden, ob der Bugwulst ausreichend getaucht ist oder nicht. Deshalb ist eine Überwachung dieser Parameter sehr wichtig.

Die gesammelten Daten können an Bord und an Land dargestellt, im Detail analysiert und mit Sollwerten verglichen werden. Abweichungen von vorgegebenen Vergleichswerten oder Durchschnittswerten werden sichtbar und können weiter verfolgt werden. Kennwerte lassen sich leicht berechnen.

Motordaten und Wellenleistung

Shaft Power Meter ist ein System, das die Propellerwellenleistung direkt messen kann. Aus der mit dem Shaft Power Meter erfassten, vom Motor an den Propeller abgegebenen Antriebsleistung kann z. B. eine Verhältniszahl von Schiffsgeschwindigkeit und Brennstoffverbrauch in Relation zu Maschinendrehzahl und Leistung berechnet werden. Auf diese Weise werden Abweichungen von Mittelwerten oder vorgegebenen Sollwerten erkannt, die im positiven Fall auf gute Einstellungen im Betrieb oder z. B. auf günstige Umstände bei den jeweiligen Umweltbedingungen, wie Wind und Strömung, hinweisen können. Ungünstige Abweichungen lassen Probleme mit dem Schiff oder der Antriebsanlage frühzeitig erkennen. Nach einer Analyse solcher Probleme kann schnell an Bord alleine oder zusammen mit der Zentrale an Land über Maßnahmen entschieden und diese vorbereitet werden. Auf diese Weise lassen sich Schwachstellen meist mit minimalen Ausfallzeiten beseitigen

Massenfluss-Messungen

Daten des Brennstoffverbrauchs der Hauptmaschine, der Hilfsmaschinen, Boiler und Zylinderöl kann mit Mass Flow Meters gemessen werden. Neben dem Massenfluss werden die Brennstoffdichte und Temperatur erfasst, digitalisiert und dem System zur Verfügung gestellt. An Land werden für die gesamte Flotte des Reeders oder für eine Serie seiner Schiffe die Daten verglichen und z. B. »Key Performance Indicators« erstellt, wichtige Schritte auf dem Weg zu einer optimierten Flotte.

Das System unterstützt schließlich die Erstellung von Berichten. Neben täglichen Berichten für jedes Schiff, sogenannten Noon Reports, können jederzeit ad-hoc Berichte für spezielle Vorgänge erstellt werden, wie z.B. Sludge Disposal, Bunkern, oder auch für Ausnahme Situationen, wie für einen Moment erhöhten Risikos, z.B. Fast-Havarie oder Havarie.

Nächste Schritte

Neben den erwähnten globalen Daten für das einzelne Schiff erlaubt ein solches vernetztes System natürlich auch detailliertere Überwachungen. Ähnlich wie beim Engine Condition Monitoring (ECM) bei Flugzeugtriebwerken ist es durchaus möglich, auch Schiffsantriebe durch Sensoren und lokale Überwachungssysteme zu ergänzen, um z.B. detailliertere Daten – wie Temperaturen von Kühlmitteln, Lagertemperaturen, Einspritzdetails vom Motor, Zustandsüberwachung kritischer Motorteile usw. – zu erfassen.

Sensorik und Messtechnik, Datenerfassung und Analysenerfahren, verbunden mit den Möglichkeiten des Internets, bieten für die Schifffahrt und den Schiffsbetrieb vielfältige Möglichkeiten zur Steigerung der Effizienz, Erhöhung der Verlässlichkeit und der Sicherheit und schließlich auch der Wirtschaftlichkeit.


Hans Payer