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Nach einem starken Umschlag­wachstum um 12 % auf 52 Mio. t will die Hafen­gesellschaft Nieder­sachsen Ports in diesem Jahr rund 55 Mio. € in ihre Häfen investieren. Dazu kommen rund 22 Mio. € für Instandhaltung und Reparatur. Geschäftsführer Holger Banik warnt im HANSA-Interview vor einem wachsenden Wettbewerbsdruck entlang der Nordrange

Rückgängen beim Umschlag in den bremischen Häfen und mehr noch in Hamburg steht ein deutliches Plus in der[ds_preview] Bilanz der niedersächsischen Häfen gegenüber. Was ist besser gelaufen als an den anderen Standorten?

Holger Banik:

Der Seegüterumschlag in den niedersächsischen Häfen ist überwiegend von Massengut- und Stückgutumschlag geprägt. Damit sind die umgeschlagenen Güter weitgehend unabhängig von der Konjunktur. Während die Containerhäfen – insbesondere, wenn sie ausgeprägte Handelsbeziehungen nach China und Russland haben – unter der schwächelnden chinesischen Konjunktur und dem Russlandembargo Mengen verloren haben, konnten die niedersächsischen Häfen ihre Umschlagmengen steigern.

Wie schätzen Sie die Wettbewerbssituation an der Nordrange ein? Kommt die eigentliche Konkurrenz aus dem Westen, sprich aus Rotterdam und Antwerpen?

Banik:

Die Konkurrenz aus den Westhäfen wird in der Tat immer stärker. Dies bekommen insbesondere die norddeutschen Containerhäfen zu spüren. Mit der Maasvlakte 2 sind zusätzlich enorme Kapazitäten geschaffen worden, die auch ausgelastet werden wollen. Die Kapazitätserweiterung trifft zusammen mit einer Wachstumsschwäche in China und in den erdölexportierenden Ländern sowie dem Embargo gegen Russland. Das führt in den norddeutschen Häfen zu erhöhtem Wettbewerbsdruck gegenüber den ARA-Häfen.

Unter den deutschen Containerterminals konnte allein der JadeWeserPort Steigerungen ausweisen. Sind aus Ihrer Sicht die Anlaufschwierigkeiten überwunden?

Banik:

Im letzten Jahr konnte der Betreiber des Container-Terminals Wilhelmshaven erste gute Erfolge vorweisen. Insbesondere durch die Reederallianz 2M mit Maersk und MSC konnten die Schiffsanläufe und die umgeschlagenen Mengen gesteigert werden. Derzeit befindet sich die Reederbranche im Umbruch und es wird neue Allianzen geben oder bestehende Allianzen werden verändert. Hieran wird aus meiner Sicht auch der JadeWeserPort partizipieren.

Mit Blick auf die Probleme an der Elbe hat sich Minister Lies für eine stärkere Hafenkooperation und Aufgabenteilung ausgesprochen. Wie könnte diese aussehen?

Banik:

Wenn von Hafenkooperation gesprochen wird, ist meines Erachtens allen Beteiligten klar, dass damit keine Ladungslenkung gemeint sein kann. Die Ladung lässt sich nicht per Dekret in einen bestimmten Hafen lenken. Sie sucht sich ihren eigenen Weg. Dabei spielt eine Reihe von Einflussfaktoren eine Rolle, wie etwa tradierte Handelsbeziehungen oder die Kosten des Weitertransports in das Hinterland. Daher ergibt eine Hafenkooperation immer dann Sinn, wenn alle Seiten etwas davon haben. Das beste Beispiel für gelebte und erfolgreiche Kooperation ist das Hafensystem von Niedersachsen Ports. Aber auch über Unternehmensgrenzen hinweg pflegen seit Jahren die Häfen an der Unterelbe (Brunsbüttel, Cuxhaven, Glückstadt, Hamburg und Stade) ein kollegiales Verhältnis. Wichtig ist es, die Ladungsmengen in der Region zu halten und nicht an die Westhäfen zu verlieren. Ebenso verhält es sich mit Ansiedlungsanfragen.

Wann wird nach Ihrer Ansicht die 1-Mio.-TEU-Grenze am JadeWeserPort geknackt, die das Startsignal für einen weiteren Ausbau in Wilhelmshaven sein könnte?

Banik:

Wir gehen davon aus, dass dies in naher Zukunft erfolgen wird. Ein genaues Datum kann derzeit noch nicht genannt werden, da vielfältige Einflussfaktoren zu berücksichtigen sind.

In welchen anderen Segmenten und in welchen Häfen sehen Sie in der Zukunft die besten Wachstumschancen?

Banik:

Neben dem JadeWeserPort, der nach meiner Überzeugung weitere deutliche Umschlagsteigerungen erfahren wird, werden insbesondere die Häfen Brake, Emden, Wilhelmshaven und Cuxhaven von weiteren Umschlagsteigerungen profitieren. In diesen Häfen haben wir in der jüngsten Vergangenheit bereits in unsere Wachstumsfelder investiert bzw. werden noch weiter investieren. In Brake in einen zweiten Großschiffsliegeplatz, in Emden ist der Dalbenliegeplatz an der Ems gerade fertig gestellt, wir arbeiten bereits an der Planung für einen weiteren Großschiffsliegeplatz für Autotransporter. In Wilhelmshaven haben wir die Niedersachsenbrücke so ausgebaut, dass die größten Kohleschiffe mit einem Tiefgang von bis zu 20m dort abgefertigt werden können.

Als bremenports-Geschäftsführer haben Sie das Bremerhavener OTB mitentwickelt. Als NPorts-Geschäftsführer haben Sie mit Siemens einen Offshore-Großkunden für Cuxhaven gewinnen können. Entsteht da nicht eine neue Konkurrenz an der Nordsee?

Banik:

Die gesamte deutsche Nordseeküste muss ein optimales Angebot an Häfen für die Offshore-Windenergie bieten, um im europäischen Wettbewerb bestehen zu können. Cuxhaven hat sich gegenüber der lange Zeit favorisierten Konkurrenz aus dem englischen Hull, dem dänischen Esbjerg und dem polnischen Danzig durchgesetzt. Aus der Sicht von Siemens hat sich die Offshore-Basis in Cuxhaven als der am besten geeignete Standort gezeigt, und für uns zahlen sich jetzt die Investitionen aus. Aber auch wenn diese Ansiedlung vordergründig den Hafen Cuxhaven stärkt, profitiert die gesamte Region davon, denn Arbeitsplätze, auch in Zulieferindustrien, werden über Cuxhaven hinaus entstehen.

Sie investieren als Landesgesellschaft weiter in die Häfen. Sind aber nicht Investitionen in die Hinterlandanbindung die wichtigeren Projekte für die kommenden Jahre? Wo drückt der Schuh am meisten?

Banik:

Die niedersächsischen Seehäfen sind überwiegend gut bis hervorragend per Straße und Schiene an das Hinterland angebunden. Staubedingte Engpässe gibt es bei uns so gut wie gar nicht. Obwohl der Hafen Cuxhaven mit der BAB 27 direkt an das deutsche Autobahnnetz angeschlossen ist, fehlt jedoch eine direkte Autobahnverbindung nach Hamburg (A 26) und eine feste Elbquerung im Zuge der geplanten A 20. Die Entwicklungsperspektiven der Häfen Stade und Cuxhaven würden sich durch den Bau dieser beiden Autobahnen erheblich verbessern.

Für die durch Massengutumschlag geprägten niedersächsischen Häfen sind aber auch leistungsfähige Binnenwasserstraßen von besonderer Bedeutung. Zur Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit ist eine entsprechende Anpassung der Fahrwasser dringend erforderlich, um die Verkehre nicht an die Westhäfen zu verlieren. Da sich das Schiffsgrößenwachstum nicht nur bei Containerschiffen, sondern auch bei Massengut- und Stückgutfrachtern fortsetzt, ist darüber hinaus auch ein bedarfsgerechter Ausbau der Seezufahrten für die niedersächsischen Häfen von elementarer Bedeutung.


Krischan Förster