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Beim Containerumschlag von Seeschiffen konzentriert sich der Rotterdamer Hafen künftig fast ausschließlich auf die Maasvlakte-Region. Doch auch die älteren Hafenanlagen nahe dem Stadtkern sind weiter von hoher Bedeutung. Sie werden Teil eines Shortsea-Clusters

Der Rotterdamer Hafen rüstet sich für die Zukunft und die immer größer werdenden Containerschiffe. Gerade für solche Einheiten wurde das[ds_preview] Hafenerweiterungsgebiet Maasvlakte 2 mit den neuen, modernen Containerterminals errichtet. Der Hafenbetreiber Port of Rotterdam ist im Begriff, nahezu den gesamten Boxen­umschlag von Seeschiffen auf die Maasvlakte-Region zu konzentrieren. Nach der Inbetriebnahme der neuen Terminals APMT II und RWG zusätzlich zu den bereits vorhandenen Umschlaganlagen Euromax, APMTR und ECT gibt es nun insgesamt fünf große Containerumschlagplätze in diesem Bereich.

Verbindung der Containerterminals

Um den Austausch zwischen den einzelnen Umschlageinrichtungen künftig zu verbessern, investiert Port of Rotterdam rund 170Mio. € in den Bau der sogenannten Container Exchange Route (CER). Hierbei handelt es sich um eine Eisenbahnverbindung, an die alle auf der Maasvlakte und Maasvlakte 2 gelegenen Terminals angeschlossen werden sollen. Auch der nahe gelegene Distripark und die Depots für Leercontainer sollen in die CER einbezogen werden. Nach Auskunft von Allard Castelein, CEO Port of Rotterdam, ist es kostengünstiger, die Transporte zwischen den Terminals über die CER abzuwickeln als per Binnenschiff. Da die Binnenschiffe dann nicht mehr zwischen den einzelnen Terminals pendeln müssten, erhöhe sich außerdem die Sicherheit im Hafen, fügt Castelein einen weiteren Vorteil an.

Alle an die geschlossene Route angebundenen Einrichtungen sollen ihre eigenen Transportsysteme inklusive Multi-Trailer-Systeme sowie eigene Fahrer nutzen, so die Idee des Hafenbetreibers. Die genauen Betriebsverfahren müssten allerdings noch mit den jeweiligen Terminalbetreibern abgestimmt werden. Port of Rotterdam erhofft sich durch die rund 20km lange CER ein effektiveres und effizienteres logistisches System, für dessen Steuerung es keiner neuen Unternehmen bedarf. Die Nutzer sollen durch eine Gebühr an den Kosten beteiligt werden, heißt es. Auf diese Weise wollen die Niederländer rund 80Mio. € der Investitionen zurückbekommen.

Laut dem Rotterdamer Hafen-Chef soll der erste Teil der CER Anfang 2018 in Betrieb gehen. Dieser soll alle Umschlageinrichtungen mit Ausnahme des Euromax-Terminals einschließen. Das letzte noch fehlende Terminal werde frühestens Anfang 2019 angeschlossen, da hierfür extra eine rund 10km lange Strecke gebaut werden müsse, so Castelein.

Shortsea-Cluster am Stadtkern

Für den Transport der Container zu und von den Terminals der Maasvlakte sollen künftig neben der Eisenbahn Binnen- und Feederschiffe eingesetzt werden. Die Region, auf die sich diesbezüglich künftig alles konzentrieren soll, ist der Bereich rund um den Eemhaven/Waalhaven unweit des Rotterdamer Stadtzentrums. Da dieser Teil des Hafens bis auf das ECT-Terminal im Waalhaven nur noch von kleineren Schiffen – also von Feeder- und Binnenschiffen – genutzt wird, entsteht hier ein Shortsea-Cluster.

Im Beatrixhaven befindet sich das Rotterdam Shortsea Terminal (RST), das mit einer Kailänge von 1.800m und insgesamt 18 Ship-to-Shore-Kranen zu den größten Shortsea Terminals Europas zählt. Es bietet 13 Liegeplätze und Anschlüsse für 640 Kühlcontainer. Von hier aus werden über den Rhein und die Maas Destinationen im Hinterland bedient; darüber hinaus erfolgen täglich mehrere Abfahrten nach Großbritannien, Skandinavien, ins Baltikum, nach Russland und auf die Iberische Halbinsel. Nach Angaben des Hafens werden wöchentlich insgesamt mehr als 200 Shortsea-Destinationen in Europa bedient. Insbesondere die Verbindung zu den britischen Inseln boomte in der Vergangenheit, wodurch der Rotterdamer Hafen einen Teil des Rückgangs im Containerumschlag kompensieren konnte. Auch von der Maasvlakte aus gibt es Abfahrten in die Shortsea-Regionen. Sogar Nordafrika, der Mittelmeerraum und das Schwarze Meer seien von Rotterdam aus schnell zu erreichen.

Laut Port of Rotterdam soll das RST nach Westen hin erweitert werden. Dort, im Prins Willem-Alexanderhaven, befand sich bis vor wenigen Monaten das ECT City Terminal, das jedoch im Oktober vergangenen Jahres stillgelegt wurde.

Neues Tiefkühlcluster im Aufbau

Port of Rotterdam und der Kühlspezialist Kloosterboer investieren darüber hinaus in der Eemhaven-Waalhaven-Region in den Betrieb eines neuen Kühl- und Tiefkühlclusters mit dem Namen Rotterdam Cool Port. Im Zuge dessen hat Kloosterboer angekündigt, neben dem RST ein Tiefkühlhaus zu bauen, in dem überwiegend Kühl- und Tiefkühlladungen in Reefercontainern gelagert und umgeschlagen werden sollen.

»Da dieser Standort viele multimodale Verkehrsverbindungen bietet, sowohl zum Containercluster auf der Maasvlakte als auch zu allen umliegenden Greenports und den Zielorten in Europa, wird Cool Port einen wesentlichen Beitrag zur Nachhaltigkeit und Effizienz der logistischen Frischwarenkette leisten«, ist Ronald Paul, COO des Rotterdamer Hafenbetriebs, überzeugt.

In Kürze soll mit dem Bau des Kühlhauses und der Gestaltung des Geländes von Kloosterboer begonnen werden. Das Unternehmen übernimmt ein 5ha großes Grundstück mit Erweiterungsmöglichkeiten für die Zukunft. Das Terminal soll im Laufe des Jahres 2017 betriebsbereit sein, und über eine Kapazität von 40.000 temperaturkontrollierten Palettenplätzen verfügen, bei einem Durchsatz von mindestens 400.000 Paletten pro Jahr. Zudem stehen etwa 14.500m2 zusätzliche Fläche für verschiedene Dienstleistungen wie Verpacken, Sortieren und Crossdocking zur Verfügung.

Es sei die Kombination aus Standort und Kühleinrichtungen, die Rotterdam Cool Port so attraktiv mache, so der Hafenbetrieb. Aufgrund der Lage entfalle für Spediteure der Transport vom Terminal zum Kühllager, wodurch die Import- und Exportkosten beträchtlich sinken würden. Zudem spielt Rotterdam im Kühlsektor eine maßgebliche Rolle, weil der Hafen für viele Reedereien der erste Anlaufpunkt in Europa ist. Bei verderblichen Gütern sei der Faktor Schnelligkeit entscheidend. Dieser Umstand habe dafür gesorgt, dass sich im Laufe der Zeit eine Vielzahl von Spezialunternehmen und Kühllagereinrichtungen in Rotterdam und Umgebung angesiedelt hätten, so Port of Rotterdam weiter.

Zukünftig sollen im neuen Shortseacluster auch die bereits vorhandenen »Empty Depots« (Leercontainerdepots) erweitert werden, und darüber hinaus soll die Überwachung von Lebensmitteln künftig angeboten werden.

In unmittelbarer Nähe befindet sich überdies das Rail Service Center (RSC) Rotterdam. Dieses Eisenbahnterminal verfügt über acht Gleise mit einer Länge von jeweils 750m, vier Portalkrane, fünf Reachstacker sowie fünf Terminaltrekker. Die jährliche Kapazität dieser Umschlageinrichtung ist mit 350.000 Standardcontainern angegeben.


Thomas Wägener