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Deutsche Sicherheitsfirmen müssen beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) alle zwei Jahre eine Lizenz zur Seeschiffsbewachung erwerben. Das aufwändige Verfahren benachteiligt im internationalen Wettbewerb, meint Sven Meyer, CEO von AGEMA Services


Wie hat sich die Nachfrage nach Sicherheitskräften auf Seiten deutscher und ausländischer Reeder entwickelt?

Meyer: Sowohl von deutschen[ds_preview] als auch von ausländischen Reedern werden Sicherheitskräfte nach wie vor nachgefragt. Allerdings müssen wir zu unserem Bedauern feststellen, dass die Reeder davon absehen, explizit Dienstleistungen eines in Deutschland ansässigen Anbieters anzufragen. Hierfür gibt es aus unserer Sicht folgende Gründe: Die Handelsschifffahrt ist sehr dynamisch und flexibel. Dienstleistungen sind oft kurzfristig an wechselnden Orten erforderlich. Die deutschen Vorschriften sind jedoch sehr starr, führen zu langen Vorlaufzeiten und regionalen Einschränkungen. Ausländische Sicherheitsunternehmen haben demgegenüber die Möglichkeit die Kundenanforderungen wesentlich variabler und zu deutlich niedrigeren Preisen anbieten zu können, da die Regularien in anderen Ländern besser an die Praxis angepasst sind hinsichtlich der möglichen Zugangspunkten und der Verbringung des Material.

Wie hat sich die Sicherheitslage entwickelt?

Meyer: In den Hochrisikogebieten vor Ostafrika und im Roten Meer wurden private bewaffnete Sicherheitskräfte an Bord von Handelsschiffen in den letzten Jahren großräumig eingesetzt. Hinzu kam die Präsenz der internationalen Marine. Als Folge dessen ist die Sicherheitslage gegenwärtig als stabil zu bezeichnen. Allerdings würde nach unserer Einschätzung jede Reduzierung der Sicherheitsmaßnahmen wieder zu einem Anstieg der Piraterieaktivität führen.

Nigeria erlaubt in seinen Hoheitsgewässern keine bewaffneten Sicherheitsleute an Bord, wie begegnen Sie dem Problem?

Meyer: AGEMA-Services führte in Nigeria vor Ort mit zuständigen Behörden entsprechende Verhandlungen, um eine Möglichkeit zu finden, vergleichbare Konzepte wie vor Ostafrika durchführen zu dürfen. Nigeria lehnt es jedoch strikt ab, bewaffnete Sicherheitskräfte an Bord von Handelsschiffen in ihre Hoheitsgewässer einlaufen zu lassen. Um unseren Kunden trotzdem eine adäquate Sicherheitslösung anbieten zu können, entwickelten wir ein passives Schutzkonzept, welches bauliche und technische Maßnahmen sowie ein Training über das Verhalten der Crew bei einem Angriff beinhaltet. Dieses sieht vor, die Crew in die Lage zu versetzen angreifende Piraten rechtzeitig zu ausfindig zu machen. Baulichen Maßnahmen zu konstruieren, die das Entern verzögern und einen Sicherheitsraum einzurichten, der den Schutz der Crew für 72 Stunden sicherstellt. Sollte sich mittelfristig die Sicherheitslage vor Westafrika nicht signifikant verbessern, gehen wir davon aus, dass die nigerianischen Behörden durch den Druck der internationalen Staatengemeinschaft ihre Haltung überdenken und die Genehmigung zur operativen Durchführung wie vor Ostafrika für bewaffnete Sicherheitsteams erteilen werden.

Die ersten BAFA Lizenzen sind Ende letzten Jahres ausgelaufen, hat Agema die Lizenz verlängert?

Sven Meyer: AGEMA-Services hat sich dazu entschieden, die ausgelaufene Lizenz nicht zu verlängern. Der Hauptgrund für diese Entscheidung ist, dass die Seeschiffbewachungsverordnung die operative Umsetzung der Sicherheitsdienstleitung sehr stark einschränkt. Außerdem ergeben sich erhebliche Wettbewerbsnachteile aufgrund der Forderung nach einem 4-Mann Team. Ein in Deutschland ansässiges Unternehmen benötigt darüber hinaus eine Sammelausfuhrgenehmigung (SAG) für die erforderliche Ausrüstung. Diese Anforderung ist aus unserer Sicht ungeeignet, um den Reedern die notwendige Flexibilität sowohl regional als auch zeitlich anbieten zu können. Demzufolge ist es sehr zu unserem Bedauern im Rahmen der BAFA Lizenz nicht möglich, Dienstleistungen anzubieten, die international wettbewerbsfähig sind und den Anforderungen der Praxis gerecht werden.

Sie kritisieren das Prüfungsverfahren von BAFA und Bundespolizei als sehr aufwändig. Warum ist das so und wie wird so etwas in vergleichbaren Staaten geregelt?

Meyer: Die Idee zur Erstellung der SeeBewachV durch den Gesetzgeber war grundsätzlich notwendig und sinnvoll, um einen geregelten Rahmen dieser Tätigkeit zu schaffen. Leider mussten wir jedoch feststellen, dass die Regularien, wie oben beschrieben, in der Praxis die Umsetzung der operativen Dienstleistung zu stark einschränken bzw. zu hohe Kosten verursachen.

Besteht die Möglichkeit, eine Tochterfirma im Ausland zu gründen, die an weniger strenge Auflagen gebunden wäre (solange sie keine Schiffe unter deutscher Flagge bewacht)?

Meyer: Die Möglichkeit besteht durchaus. Die Auflagen sind hierbei nicht weniger streng, allerdings sind die Eingriffe in die Verfahrensweisen weniger stringent. Die Anforderungen an die Sicherheitsfirmen sowie die Meldepflichten sind auch hier entsprechend hoch, dabei aber wesentlich praxisorientierter und -tauglicher. Mit anderen Worten; Die SeeBewachV gleicht eher einer Befehlstaktik, indem sie hinsichtlich der zu berücksichtigenden Komponenten sehr strikte Vorgaben macht, wohingegen die Vorgaben im internationalen Umfeld eher einer Auftragstaktik ähneln, also eine größere Flexibilität ermöglichen, indem sie lediglich das Ziel und die Rahmen vorgeben.

Felix Selzer