»Zementfabriken« für die deutsche Marine

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Im Kabinett der Kuriositäten während der »Ära der Unsicherheit« in der schiffbautechnischen Entwicklung zwischen 1861 und 1890 gebu?hrt den vier deutschen Panzerkorvetten der »Sachsen«-Klasse ein Stammplatz. Mit ihrem eigentu?mlichen Aussehen, das ihnen im Marinejargon den Spottnamen »Zementfabriken[ds_preview]« einbrachte, waren die etwa 100 m langen, mit sechs 26 cm-Geschu?tzen in Barbetteaufstellung bewaffneten Schiffe äußerst ungewöhnliche, aber zweckmäßige Konstruktionen.

Sie waren zudem die ersten größeren Kampfschiffe einer deutschen Marine, die ohne Takelage zur See fuhren – fu?r traditionell denkende Marineoffiziere ein »faux pas«. Auch sie entstanden, wie ihre kleineren Vettern, die Panzerkanonenboote der »Wespe«-Klasse – genannt die »Wattwanzen « – im Rahmen der »lebendigen Ku?stenverteidigung « des Chefs der Admiralität General Albrecht von Stosch.

Ziel war es, von gesicherten Stu?tzpunkten aus »Ausfälle« gegen Blockadestreitkräfte zu unternehmen oder Flankenschutz fu?r Land operationen zu bieten. Deshalb auch die Bezeichnung »Ausfallkorvetten «. Diese Taktik war noch ganz nach dem Beispiel militärischer Bedu?rfnisse von Landstreitkräften ausgerichtet. Seemachtambitionen wie jene der späteren Ära Tirpitz waren mit diesen Schiffen nicht verknu?pft.

Der deutsche Kriegsschiffbau war erst im Begriff, sich neben dem englischen Vorbild zu etablieren. S.M.S. »Sachsen« wurde am 21. Juli 1877 als Baunummer 74 bei der A.G. Vulcan in Stettin vom Stapel gelassen. Zwei liegende Dreizylinder-Einfachexpansionsmaschinen wurden von acht Kofferkesseln mit Dampf beliefert. Die Maschinen arbeiteten auf zwei Schraubenwellen. Die Schiffe besaßen eine schmiedeeiserne Panzerung nach dem »Sandwich«-System; erst später wurde auf Krupp-Stahl umgeru?stet.

Auf See waren sie recht anspruchsvoll zu manövrieren. Die »Sachsen« diente bis 1902 in der Flotte und wurde dann als Zielhulk aufgebraucht. 1919 wurde sie zum Abbruch nach Wilhelmshaven verkauft.

Axel Griessmer, Internationales Maritimes Museum Hamburg