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UK Insurance Act 2015 soll Position der Versicherungsnehmer stärken / P&I Clubs halten an bestehenden Warranty-Bestimmungen fest.
Die Rechte von Unternehmen, die Versicherungsschutz im englischen Markt einkaufen, werden in mehreren Bereichen deutlich gestärkt. So tritt per 12[ds_preview]. August der UK Insurance Act 2015 in Kraft, der den Verbraucherschutz im Versicherungsbereich generell verbessern soll. Er löst den noch geltenden Marine Insurance Act von 1906 ab, der als eher versichererfreundlich gilt. Zu den wichtigsten Neuerungen gehören die veränderten Bestimmungen zu Obliegenheiten und Zusicherungen hinsichtlich des Verhaltens des Versicherten bzw. bestimmter Umstände – im englischen »Warranties«. Dazu zählen ein gültiger Klassestatus oder die Einhaltung von Fahrtgebietsbeschränkungen. Nach dem bisherigen Recht stellt die Nichteinhaltung einer Zusicherung (»Breach of Warranty«) den Seeversicherer automatisch leistungsfrei – unabhängig davon, ob der Inhalt für einen Schaden relevant ist. Unter dem neuen Recht ist der Versicherungsnehmer weiter anspruchsberechtigt, wenn er nachweisen kann, dass seine Verletzung das Risiko des eingetretenen Schadens gar nicht erhöht hat. Allerdings ist es den Vertragspartnern in der Industrieversicherung grundsätzlich gestattet, diese und andere Bestimmungen des UK Insurance Act vertraglich auszuschließen. Im Bereich der Haftpflichtversicherung haben sich acht P&I Clubs der International Group, die ihren Sitz in Großbritannien haben, entschieden, an den alten schärferen Warranty-Bestimmungen festzuhalten. Für das Seekaskogeschäft hat die Lloyd’s Market Association den Syndikaten der Londoner Versicherungsbörse ebenfalls eine Muster-Auschlussklausel zur neuen Warranty-Regelung vorgeschlagen. Aufgrund des stärkeren internationalen Wettbewerbs im Seekaskogeschäft dürfte es für die britischen Versicherer in diesem Segment aber nicht so leicht sein, die kundenfreundlichere Lösung links liegen zu lassen.

Neu geregelt werden zudem die Anzeigepflichten des Versicherungsnehmers. Waren Kunden bislang verpflichtet, jeden wesentlichen Umstand des gewöhnlichen Geschäftsganges vor Vertragsschluss offenzulegen, so fordert das neue Gesetz von ihnen einen »angemessen Darstellung des Risikos« – die sogenannte »Duty of Fair Presentation«. Dies impliziere, dass der Versicherungsnehmer alle wesentlichen Umstände offenlegt, die ihm bekannt sind oder bekannt sein sollten. Mindestens müsse die Darstellung dem Versicherer genug Informationen geben, damit dieser erkennen könne, dass er weitere Nachfragen stellen muss, um alle für ihn wesentlichen Umstände zu erfahren, heißt es in einem gemeinsamen Kommentar der Kanzleien Wilhelm Rechtsanwälte, Covington und Grenier Avocats. Über die Reichweite dieser Anforderung werden vermutlich erst Gerichtsurteile Klarheit schaffen. Dass Reedereien tatsächlich einen Unterschied feststellen und den Versicherern gegenüber wesentlich mehr Informationen liefern müssen, sei eher unwahrscheinlich, sagte Thomas Kühl, Geschäftsführer des Versicherungsmaklers Pandi Marine Insurance. Auch heute schon sammelten Makler eine große Fülle von Informationen bei ihren Kunden ein, um adäquate Lösungen mit den Versicherern aushandeln zu können.

Was die Konsequenzen von Verstößen gegen die Anzeigepflicht angeht, werden Kunden unter dem UK Insurance Act bessergestellt. Früher konnten Versicherer den Vertrag anfechten und die Prämie einbehalten. Das ist ihnen in Zukunft nur noch bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit des Versicherungsnehmers gestattet. Ist dies nicht der Fall, stellt sich die Frage, wie sich der Versicherer bei einer angemessenen Darstellung der Risiken verhalten hätte. Nur wenn er darlegen kann, dass er den Vertrag nicht geschlossen hätte, darf er rückabwickeln. Er muss dann auch die gezahlte Prämie zurückerstatten. In Bezug auf Haftpflichtdeckungen bleibt jedoch alles beim Alten. Wie die britischen P&I Clubs mitteilten, halten sie an den bestehenden Rechtsfolgen des Marine Insurance Act fest.

Generell positiv für die Versicherungsnehmer ist die Abschaffung der »Basis of Contract«-Klauseln, denen zufolge mündliche Aussagen des Unternehmens vor Vertragsabschluss wie verbindliche Zusicherungen behandelt wurden. Falsche Angaben erlaubten es den Versicherern, die Verträge im Nachhinein aufzuheben, egal ob die Angaben für den Versicherungsabschluss maßgeblich waren oder nicht. Die Abschaffung der »Basis of Contract«-Klauseln lässt sich auch nicht vertraglich ausschließen.


Micheal Hollmann