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Autonome Unterwasseranlagen sollen das Tiefsee-Monitoring effizienter machen. Ein deutsches Forschungs­projekt setzt auf die sogenannte Schwarmintelligenz und hat jetzt eine wichtige Hürde genommen


Das Entwicklungsprojekt SMIS (Subsea Monitoring via Intelligent Swarms) wurde erfolgreich im Bodensee getestet. Unter der Koordination der Hamburger IMPaC Offshore[ds_preview] Engineering soll die Technologie für großflächige Tiefsee-Untersuchungen nun in einem Folgeprojekt weiterentwickelt und parallel dazu kommerziell nutzbar gemacht werden.

Zwei Wochen lang erprobten Ingenieure der Universität Rostock, vom Karlsruher Institut für Technologie, von der Technischen Universität Berlin sowie von den Firmen Enitech (Bentwisch) und dem Gesamtprojektkoordinator IMPaC, was bisher nur in der Simulation oder isoliert funktionierte: das eigenständige Zusammenwirken der drei im Projekt entwickelten autonomen Gerätetypen zum Erkunden der Meere vom Flachwasser bis zu 6.000m Wassertiefe.

SMIS besteht aus einem Oberflächenfahrzeug, unbemannten Unterwasserfahrzeugen und einer Seebodenstation. Das Oberflächenfahrzeug USV (Unmanned Surface Vehicle) ist für die Überwasserkommunikation zuständig. Diese kann direkt mit dem Einsatzschiff erfolgen. Ebenso kann das USV über Satellit Kontakt zur Landstation der Projektleitung aufnehmen und via Akustik-Link mit den Unterwassergeräten kommunizieren. Beispielsweise, um die exakte GPS-Positionierung, die sogenannte Georeferenzierung, vorzunehmen. Die unbemannten AUV (Autonomous Underwater Vehicle) sind für das Erkunden großer Unterwassergebiete ausgelegt. Für die eigentlichen Missionen werden sie mit angepassten Sensoren ausgestattet und können bis zum Meeresgrund abtauchen. Die Seebodenstation SBS (Seabed Station) ist die Basisstation und der SMIS-Referenzpunkt. Sie ist mit leistungsstarken Batterien bestückt, um damit die mehrfache Wiederaufladung der AUV am Meeresgrund zu ermöglichen. Hierdurch würden die Einsatzzeiten der AUV signifikant verlängert, teilt das SMIS-Projekt mit.

»Sie nutzen sogenannte druckneutrale E-Technikkomponenten, die erprobt bis mindestens 6.000m Tauchtiefe einsetzbar sind. Die Einsatzdauer der AUV ist, je nach Tauchtiefe, Sensornutzung und Fahrtgeschwindigkeit auf ca. 20 Stunden begrenzt. Deshalb wird die Seebodenstation (SBS) eingesetzt, mit der eine Einsatzdauer von bis zu 60 Stunden pro AUV erreicht wird«, sagt Sven Hoog von IMPaC. Das USV wiederum hat eine hybride Energieversorgung aus Batterie und Brennstoffzelle, mit der eine Einsatzdauer von fünf Tagen erreicht werden kann. Dabei dient das USV als Relaisstation zwischen der Überwasserwelt und den AUVs sowie der SBS und versorgt diese mit exakten GPS-Positionen.

Die Kommunikation erfolgt über akustische Modems, die bis zu einer horizontalen Reichweite von 8km getestet werden konnten. »Vertikal reicht die ›stabile Verbindung‹ mindestens ebenfalls bis zu den von uns geforderten 6km. Ein Einsatzszenario kann so aussehen: Die Fahrzeuge werden ins Wasser gesetzt, die AUV und die SBS tauchen ab und das USV umkreist die SBS an der Oberfläche, um diese ›einzumessen‹. Für die Mission wird vom Einsatzschiff per Funk via USV mit den AUV kommuniziert bzw. die AUV fahren ihre vorher geladenen Missionen selbsttätig ab und das USV folgt ihnen, um stets akustischen Kontakt zu halten. Dies ist wichtig, da die AUV dazu tendieren, nach einiger Zeit ›vom Weg abzudriften‹, was regelmäßig korrigiert werden muss. Die AUV-Sensoren nehmen ihre Daten auf, die zurück an Bord der Einsatzschiffe ausgelesen und ausgewertet werden können«, erläutert Hoog.

Das gesamte System ist so ausgelegt, dass bei Bedarf mehrere AUV unterschiedliche Aufgaben übernehmen können. So sollen die autonomen Unterwasserfahrzeuge im Zusammenspiel in der Lage sein, effizient große Flächen am Meeresboden erkunden. Die Technologie könne in unterschiedlichen Disziplinen der Meerestechnik eingesetzt werden: für Forschungszwecke oder die industrielle Nutzung. Sie wird etwa für die Inspektion von Pipeline- und Kabeltrassen, beim sich kontinuierlich entwickelnden Meeresbergbau oder der Wracksuche, benötigt.

Unter Führung des Leibniz-Instituts für Ostseeforschung Warnemünde wurden in den letzten drei Jahren mehrere Tests von Teilsystemen im Rahmen von wissenschaftlichen Einsätzen auf deutschen Forschungsschiffen in der Ostsee und dem Madeira-Becken im östlichen Nord-Atlantik durchgeführt. Beim abschließenden Test des Gesamtsystems in einer Wassertiefe bis ca. 200m wurden unter anderem die Kommunikationsfähigkeit der Komponenten sowie das autonome Zusammenspiel im Team erprobt. Die hierfür benötigte Autonomie und Effektivität des SMIS-Teams basiert auf modernen Schwarmalgorithmen. Im Zusammenspiel mit fahrzeugspezifischen Regelungen würden sie den zuverlässigen Verlauf bei Tiefseeeinsätzen sicherstellen.

Der Test im Bodensee hat nach Meinung der Verantwortlichen bewiesen, dass die SMIS-Technologie ausgereift ist. Hoog ist zuversichtlich: »Im Moment sind die Fahrzeuge noch nicht kommerziell einsetzbar. Wir streben jedoch ein Folgeprojekt an, in dem weitere Fähigkeiten des SMIS-Systems entwickelt werden sollen und gleichzeitig der Kontakt zu kommerziellen Nutzern intensiviert wird. Erste Interessebekundungen von Bundesanstalten, Forschungseinrichtungen und Offshore-Serviceanbietern liegen uns bereits vor.«


MM