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Vom 22. bis zum 25. September 2016 diskutieren maritime Experten auf dem 35. Deutschen Seeschifffahrtstag in Kiel über die Herausforderungen der Branche. Der Umweltschutz steht ebenso im Fokus wie die maritime Ausbildung und die »Ressource Meer«


Kiel wurde mit Bedacht als Ausrichtungsort für die viertägige Veranstaltung ausgewählt, denn die Seestadt an der Ostsee ist ein Spiegelbild[ds_preview] der deutschen maritimen Szene. Tatsächlich vereinigt sie sämtliche Facetten der hiesigen maritimen Wirtschaft: Schifffahrt, Häfen, Hafenwirtschaft und Logistik, die Deutsche Marine, Schiffbau und Zulieferindustrie, Meeresforschung und Meerestechnik und die deutschen maritimen Behörden.

Unter dem Motto »Meer ist Zukunft –Kiel kann Meer« ist Kiel ein Beispiel für alle Bereiche der maritimen Wirtschaft in Deutschland. Und mit diesem Beispiel wollen der Deutsche Nautische Verein und mit ihm der ausrichtende Nautische Verein zu Kiel der Politik ebenso wie der breiten Öffentlichkeit zeigen, dass für die Exportnation Deutschland das Meer als weltweite Autobahn, als Ressource für Rohstoffe und Nahrungsmittel und nicht zuletzt als Arbeitgeber für rund 400.000 Familien unverzichtbar ist.

Wie wichtig die maritime Komponente gerade für die deutsche Wirtschaft und die soziale Sicherheit der Arbeitsplätze ist, zeigt die Zusage von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel, den Deutschen Seeschifffahrtstag zu eröffnen. Tatsächlich ist die Ökonomie im Im- und Export vom Seetransport abhängig. Weiter spielen ebenso die Sicherheit der Seewege, für die die Deutsche Marine steht, die Verfügbarkeit von Schiffen hiesiger Reedereien, moderne Häfen mit leistungsfähigen Anbindungen an das Bundesverkehrsnetz zu Land und zu Wasser, die Hafenwirtschaft, zukunftsweisender Schiffbau und Hightech-Zulieferbetriebe, Meerestechnik und nicht zuletzt die führende deutsche Meeresforschung und der Meeresumweltschutz eine entscheidende Rolle.

Damit richtet sich der 35. Deutsche Seeschifffahrtstag an die maritime Fachwelt ebenso wie an die Politik und die breite deutsche Öffentlichkeit. Es gilt Bewusstsein zu schaffen, für die Bedeutung der wirtschaftlichen Komponente Meer, denn dieses ist eben nicht allein der Erholungsraum und »fun factor« für Touristen, sondern vielmehr ganz entscheidend für die Gegenwart und Zukunft. Die »sea-blindness« der Deutschen wird sicher oft genug beklagt. Sicherlich ist es zuviel verlangt, von den Bewohnern des tiefsten Binnenlandes ein ausgeprägtes maritimes Bewusstsein zu erwarten. Aber vor allem die Entscheider in Wirtschaft, Politik und zuständigen Behörden sollten noch mehr lernen, »von der See her« zu denken, ihre Möglichkeiten zu erkennen und zu nutzen.

»Kongress am Meer«

Beim Deutschen Seeschifffahrtstag stehen diese globalen strategischen Ansätze ebenso im Fokus wie aktuelle Fragen, die die Branche beschäftigen. So wird die Fachtagung als »Kongress am Meer« in drei Arbeitskreisen gegliedert:

Im Arbeitskreis I – »Ressource Meer«, den BSH-Präsidentin Monika Breuch-Moritz moderiert, geht es um die Themen:

Welche Rohstoffe gibt es konkret? (Öl, Gas, Manganknollen, seltene Erden, Nickel, Kupfer, genetische Ressourcen).

Wie sind sie erforscht und wo liegen die Forschungsschwerpunkte?

Welchen Einfluss hat der Klimawandel hierauf (Abschmelzen der Eisflächen)?

Wie und wie weit kann und muss bei der Nutzung der Meere die Meeresumwelt geschützt werden?

Welchen Einfluss hat die Nutzung der Meere auf die Schifffahrt?

Diese Fragen wollen Sven Petersen (GEOMAR) mit seinem Vortrag »Ressource Meer – Rohstoffe für die Zukunft«, Nadja Ziebarth vom Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) mit ihrem Vortrag »Ressource Meer – schützen oder nutzen?« und Lars Muck, Geschäftsführer Siem Offshore Contractors, mit seinem Vortrag zum Thema »Chancen und Risiken für die Schifffahrt« beantworten und mit den Teilnehmern des Arbeitskreises diskutieren.

Der von Jens-Uwe Schröder-Hinrichs von der World Maritime University (WMU) moderierte Arbeitskreis II beschäftigt sich mit dem Thema: »Mehr Technik und weniger Papier = mehr Sicherheit?«/Anspruch und Wirklichkeit. Folgende Schwerpunkte werden beleuchtet:

Steigende Belastung der Schiffsführung durch Checklisten, Reports, Inspektionen ohne Gewinn an Sicherheit.

International steigende Anzahl technischer Komponenten ohne Sicherheitsgewinn oder

Verhinderung des »human error« trotz qualifiziertem und praktischem Training. Die EU beteiligt sich daran z.B. mit Forschungsprojekten (eNav) wie »ACCSEAS« und »CASCADe«.

Die Grenzen der maritimen Verkehrssicherung, z.B. durch die Verkehrszentralen.

Die EU-Initiative »single window«.

Dazu referieren Andreas Lentfer (Raytheon Anschütz) zum Thema »Wie neue Integrierte Navigationssysteme die Schiffsführung sicherer machen«, Peter Frömming (Matau-Marine) über die »Nutzung der Technik durch qualifiziertes Personal und praktisches Training aus internationaler Perspektive« und Hubert Hoffmann (MSC Germany) über »Erfahrungen mit ›single window‹«.

Der Arbeitskreis III wird von Rudolf Rothe moderiert, Leiter der Seefahrtschule Cuxhaven. Die Teilnehmer beschäftigen sich mit der für angehende Nautiker brennenden Frage: »Ausbildung und Beschäftigung ein Jahr nach der 9. Nationalen Maritimen Konferenz«. Dabei geht es um:

die Verstetigung der Nachwuchsgewinnung,

die Zukunft des »Maritimen Bündnisses«,

die Attraktivität der Deutschen Flagge,

die Kosten und den Bedarf an seemännischem Personal.

Antworten darauf erwarten die Teilnehmer von Max Johns (VDR), der über »Strategien des VDR zur Beschäftigungssicherung für deutsche Seeleute« referiert, zudem gibt es Vorträge von Christoph Wand (VDKS) mit dem Titel »Deutscher Seemann ohne Perspektive?« und von Jürgen Göpel (BMVI) der sich mit »Erfahrungen mit der Schiffsbesetzungsverordnung« beschäftigt.

Der Deutsche Seeschifffahrtstag soll auch in diesem Jahr eine Plattform für die Handelnden in der maritimen Wirtschaft bilden, sich zu begegnen und sich auszutauschen. Überdies will der Deutsche Nautische Verein mit seinen örtlichen Vereinen zeigen, dass er nicht nur kompetenter Partner und Berater für Politik, Wirtschaft und die zuständigen Behörden ist, sondern jederzeit bereit ist, ihnen sein Wissen und seine Fähigkeiten zur Verfügung zu stellen. Er steht für Themen, die im Interesse der maritimen Wirtschaft mit ihren vielen Arbeitsplätzen liegen und im sozialen Interesse der jungen Nautiker stehen, die in absehbarer Zeit dringend benötigen werden.

Das »Fest am Meer«

Hier geht es besonders darum, dem maritimen Image Deutschlands in Öffentlichkeit und Politik anschaulich, informativ und zugleich unterhaltsam Auftrieb zu geben. Daher veranstaltet der Nautische Verein zu Kiel vom 23. bis 25. September für die breite Öffentlichkeit das »Fest am Meer«. Im Kieler Innenhafen, der Hörn, werden zahlreiche hochmoderne und traditionellen Schiffen festmachen, die einen guten Einblick in Zukunft, Gegenwart und Vergangenheit der Schifffahrt und der maritimen Forschung geben. Daneben zeigt eine Reihe von Unternehmen und Institutionen der Kieler maritimen Wirtschaft und Forschung ihre Leistungsfähigkeit.

Bisher haben sich bereits rund 20 Schiffe – Marine, Bundes- und Landesbehörden, Lotsenschiffe, Seenotrettungskreuzer, Forschungsschiffe und Traditionssegler – für die Hörn angemeldet. Die Besucher können sich bei Schiffsbesichtigungen – auch als »Open Ship« bezeichnet, Eindrücke verschaffen. Einblick in die maritime Forschung bietet eine gemeinsame Ausstellung der Fachhochschulen Kiel und Flensburg zusammen mit dem Geomar Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel.

Um das gemischte Publikum bei Laune zu halten, gibt es zahlreiche Bühnen auf denen maritime und moderne Musik sowie ein buntes Unterhaltungsprogramm geboten wird. Und nicht zuletzt sorgen Caterer dafür, dass niemand die unterhaltsame Leistungsschau der maritimen Wirtschaft mit knurrendem Magen erleben muss.

Unter www.deutscher-seeschifffahrtstag-kiel.de gibt es alle wichtigen Informationen über den 35. Deutschen Seeschifffahrtstag.

Autor: Jürgen Rohweder

Vorsitzender des Nautischen Vereins zu Kiel

juergen.rohweder@t-online.de


Jürgen Rohweder