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Prämien für Schiffshaftpflicht könnten 2017 dank günstiger Rückversicherung sinken. Von Michael Hollmann
Das hat es noch nie gegeben: Zum ersten Mal haben sich die Vorstände aller großen P&I Clubs zu einer[ds_preview] Nullrunde bei den Prämien durchgerungen. Anfang 2016 hatten die Vereine der International Group, die gemeinsam über 90% der Weltflotte gegen Ersatzansprüche Dritter versichern, die Nettoprämiensätze noch um durchschnittlich knapp 1,8% angehoben.

Gewisse Prämienanpassungen wird es natürlich geben, da wie immer auch die individuelle »Statistik« der Versicherten mitberücksichtigt wird. Flotten mit hohem Schadensverlauf werden hochgestuft – solche mit sehr niedriger Schadensquote mit stabilen Prämien oder leichten Nachlässen belohnt. »Die Renewals müssen den Mitgliedern gegenüber großzügig sein«, formulierte es der italienische Versicherungsmakler P.L. Ferrari & Co. kämpferisch in seinem aktuellen P&I-Report.

Und er geht noch einen Schritt weiter: In Bezug auf die durchschnittlichen Prämienraten sei »eine Absenkung sogar zwingend geboten«. Ausnahme: schadensträchtige Flotten. »Eine gute Ausgangsposition für die Reeder«, erklärte der Londoner Makler Tysers. Es geht um einen wesentlichen Kostenblock im Schiffsbetrieb.

Die P&I-Prämie macht je nach Schiffstyp annähernd die gesamten Versicherungskosten pro Schiff aus. Für einen Panamax-Bulker beliefen sich die P&I-Kosten laut der britischen Wirtschaftsprüfungsfirma Moore Stephens zuletzt auf rund 88.600 $ pro Jahr (243$ pro Tag), für einen Rohöltanker der Suezmax-Klasse auf etwa 136.700 $ pro Jahr (374 $ pro Tag).

Die bis dato einmalige Zurückhaltung der Clubs erklärt sich mit der abermals verschlimmerten Lage an den Frachtenmärkten. Die Spoteinnahmen der Bulk Carrier lagen in der ersten Jahreshälfte großenteils unterhalb der Betriebskosten und haben sich seither nur moderat erholt. Auch Containerschiffe, Mehrzweckfrachter und Offshore-Fahrzeuge spielen am Chartermarkt nicht ihre laufenden Kosten ein.

In ihren Rundschreiben an die Mitglieder sprachen es die P&I-Vorstände mehr oder weniger deutlich aus: Der Verzicht auf eine allgemeine Beitragsanhebung soll als Unterstützung der Versicherten in diesen krisenhaften Zeiten verstanden werden. Gleichwohl bemühten sich einige der Clubs darum, die Nullrunde eher als Resultat der günstigen finanziellen Entwicklung im Versicherungsgeschäft darzustellen.

Vor allem dank sprudelnder Kapitalerträge konnten Vereine in der ersten Jahreshälfte hohe Millionengewinne ausweisen. Die Sorge der P&I-Manager: weiter wachsende Erwartungen der Kunden. Schon jetzt sehen sich die Clubs mit Forderungen konfrontiert, Teile ihrer Rücklagen an die Mitglieder auszuschütten. Die Reserven der International Group P&I Clubs lagen zuletzt bei 4,83 Mrd. $.

Getrübt wird der Blick auf das kommende Jahr nur durch die erneute Anhebung der Schadenselbstbehalte (Franchisen) durch einige Clubs. Der American P&I Club – kleinster Player innerhalb der International Group – will die »Deduc­tibles« um 1.000 $ anheben, sofern sie heute noch unter 10.000 $ liegen. North P&I kündigte Anhebungen um 1.000 bzw. 2.000 $ (Ladungsschäden) an. Beim UK Club sollen die Selbstbehalte um 2.000 $ steigen (unter 12.000 $), und bei Britannia sowie West of England um 10% (25.000 bzw. 11.000 $).

Profitieren werden die Reeder in jedem Fall von sinkenden Rückversicherungs-Zuschlägen, die einen erheblichen Anteil der Bruttoprämie ausmachen. Für Dirty Tanker und Trockenfrachtschiffe inklusive Containerschiffe vergünstigt sich die Rate pro BRZ um je 9,3% und für Clean Tanker und Fahrgastschiffe um circa 5,0%. Die Bruttoprämie pro Schiff fiele damit in jedem Fall günstiger als im Vorjahr aus.

Die Clubs konnten ihr milliardenschweres Rückversicherungsprogramm aufgrund gesunkener Schäden und hoher Rückversicherungskapazitäten vorzeitig zu besseren Konditionen erneuern. Über die vergangenen drei Jahre hätten sich die in diesem Bereich erzielten Einsparungen für die Mitglieder auf circa 100 Mio. $ summiert, erklärte der Vorsitzende des Rückversicherungskomitees der International Group, Paul Jennings (North P&I).

Zudem können sich die P&I-Kunden auf eine nachträgliche Absenkung bzw. Rückvergütung von Prämien aus den Vorjahren freuen. Acht Clubs haben entsprechende Rückzahlungen bzw. Gutschriften angekündigt. Der Japan P&I Club liefert 20% der für 2014 gezahlten Beiträge zurück, Marktführer Gard erstattete 10% der 2015er Prämie, bei Steamship Mutual sind es 10% aus 2014.


Michael Hollmann