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Die unabhängige Organisation »Shipbreaking[ds_preview] Platform« übt scharfe Kritik an der Verschrottungspraxis europäischer Reedereien. Beim Abwracken seien die meisten Schiffe unter Missachtung von geltenden Vorgaben in Südasien »entsorgt« worden.

Vor allem deutsche Reeder werden an den Pranger gestellt. 98% ihrer Schiffe seien einfach in Südasien auf den Strand gesetzt worden, obwohl die Bedingungen dort inakzeptabel seien, beklagt die Organisation. 40% der Schiffe seien in Bangladesch verschrottet worden.

Scrapping, AbwrackenNamentlich werden Hansa Mare mit zwölf Schiffen, Alpha Schiff, F. Laeisz und Peter Döhle mit je sieben Schiffen sowie Dr. Peters, König & Cie, Norddeutsche Vermögen und Rickmers mit je sechs Schiffen genannt. 2016 seien insgesamt 668 Schiffe in Asien verschrottet worden, das entspreche rund 87% der weltweiten Scrapping-Tonnage.

Kritik an deutschen Reedern

»Deutschland ist verantwortlich für die schlimmste Abwrack-Praxis unter allen Nationen, wenn man die Flottengröße zur Zahl der Schiffe ins Verhältnis setzt«, heißt es. Auch griechische Reeder stehen in der Kritik, sie führen die Liste mit 104 Einheiten an.

scrapping, Verschrottung
»Diese Liste zeigt keine Verbesserung beim End-of-Life-Management der Reedereien«, klagt die in Brüssel ansässige Shipbreaking Platform. Im Gegenteil: Die Zahl der Schiffe, die auf eine umweltbelastende und unsichere Art abgewrackt werde, nehme sogar zu, sagt Patrizia Heidegger, Geschäftsführerin der Plattform. Dabei werde auf den Werften in Bangladesch, Indien und Pakistan nicht nur gegen international anerkannte Umweltschutzstandards verstoßen, sondern auch das geltende Arbeitsrecht missachtet.

Rekordzahl an Unfällen

2016 sei das schlimmste Jahr in der Geschichte gewesen. Allein in Bangladesch seien mindestens 22 Arbeiter getötet und weitere 29 verletzt worden, heißt es weiter. In Pakistan seien bei einer Explosion auf einem Tanker in Gadani allein 28 Menschen gestorben und mehr als 50 verletzt worden. Indien halte seine Opferzahlen streng unter Verschluss, doch wisse man von mindestens zwei tödlichen Unfälle in Alang.

scrapping, VerschrottungSeit 2013 gilt eine Verordnung der EU, nach der Schiffe unter europäischer Flagge nur in einer genehmigten Werft recycelt werden dürfen. Doch es gibt ein Schlupfloch: Wenn ein Frachter zuvor an einen neuen Eigner außerhalb der EU verkauft wird, gilt dies nicht. Zudem gibt es seit 2009 das Hongkong-Übereinkommen zum sicheren und umweltverträglichen Recycling von Schiffen. Bislang haben aber nur wenige Länder die Konvention ratifiziert.

Reeder nutzen Schlupflöcher

Die von der Plattform zusammengestellten Daten zeigen, dass sich viele Reeder durch Cash-Käufer aus der Verantwortung stehlen: Schrotthändler flaggen Schiffe für ihre letzte Reise um und verkaufen sie zum höchstmöglichen Preis an Abwrackwerften. Bevorzugte Flaggen seien die von Palau, den Komoren und von St. Kitts und Nevis.

Das Problem sei nur mit Maßnehmen zu lösen, die über die Zuständigkeit der Flaggenstaatsverwaltung hinausgingen. Deshalb müsse die EU künftig von allen Schiffen, die einen europäischen Hafen anlaufen, eine Abwracklizenz einfordern.

In diesem Jahr will die EU eine Liste aller Recycling-Werften vorlegen, die hohe Standards beim Umwelt- und Arbeitsschutz einhalten. Dies sei die erste Liste dieser Art. Reedereien wie Maersk oder Hapag-Lloyd hätten bereits angekündigt, ihre Schiffe künftig nur noch auf EU-zertifizierten Werften verschrotten lassen zu wollen. Helfen könne zudem ein finanzieller Anreiz, fordert die Shipbreaking Platform.