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Im Bereich Kreuzschifffahrt hat Kiel 2016 einen neuen Bestwert erzielt. Mit verantwortlich für einen Rekord im Gesamtumschlag waren die Fährver­bin­dungen nach Skandinavien und ins Baltikum, zudem gewinnen Forstprodukte an Bedeutung. Von Thomas Wägener
Im 75. Jahr seines Bestehens hat der Seehafen Kiel nach eigenen Angaben die bisher beste Kreuzfahrtsaison erlebt. 147-mal wurde[ds_preview] der Ostseehafen im vergangenen Jahr von Kreuzfahrtschiffen angelaufen. Die Einheiten hatten 485.200 Passagiere an Bord und zusammengenommen 9,3Mio BRZ. Beides seien Rekordwerte für den Ostseehafen, so Dirk Claus, Geschäftsführer von Port of Kiel.

In diesem Sommer sollen vierzehn verschiedene Kreuzfahrtschiffe während der Kieler Woche vom 17. bis zum 25. Juni festmachen, darunter die »Queen Elizabeth« der Cunard Line und die »Arcadia« von P&O. Was die Zahl der Kreuzfahrtschiffe insgesamt angeht, erwartet der Hafen nach derzeitigem Stand mit 133 Anläufen allerdings etwas weniger als im Vorjahr. Dies müsse jedoch nicht die finale Zahl bleiben, so Port of Kiel. Als Beispiel dient das vergangene Jahr, in dem zu Beginn mit rund 125 Anläufen geplant worden war. Dass es letztlich deutlich mehr gab, habe an einem zusätzlichen AIDA-Schiff gelegen. Wegen der politisch schwierigen Lage in der Türkei sei eine Einheit aus Antalya abgezogen und nach Barcelona umgeleitet worden. Das eigentlich für Barcelona geplante Schiff sei dann nach Nordeuropa beordert worden und habe im Zuge dessen auch häufiger den Hafen Kiel angelaufen. Dies habe wesentlich zu der erfreulichen Kreuzfahrtsaison beigetragen.

Häufigster Gast soll in diesem Jahr mit 21 Anläufen die mit 138.000BRZ vermessene »MSC Fantasia« sein. Damit ist es das bisher größte Schiff, das die Ostseestadt als Basishafen hat. Als »absoluten Höhepunkt« bezeichnen die Kieler den Erstanlauf des Neubaus »Mein Schiff 6« von TUI Cruises am 3. Juni.

Laut der Hafengesellschaft wird derzeit am Ostseekai für rund 1Mio. € eine neue Abwasseranlage errichtet. Sie soll noch in diesem Jahr in Betrieb gehen und die Annahmekapazität von derzeit 30m3/h Abwasser auf 300m3/h verzehnfachen. Man rechne bei einem Anlauf pro Kreuzfahrtschiff mit einer Menge von rund 1.000m3.

Auch beim Gesamtumschlag erzielte der Hafen Kiel in seinem Jubiläumsjahr das beste Ergebnis seiner Geschichte. Insgesamt gingen 6,5Mio.t über die Kaikanten. Das waren 5,3% mehr als ein Jahr zuvor. Ein wesentlicher Grund dafür seien die Fährverkehre nach Skandinavien und ins Baltikum gewesen, die sich besonders gut entwickelt hätten. Nach Auskunft der Hafengesellschaft beförderten die Linien nach Oslo, Göteborg und Klaipeda im vergangenen Jahr rund 5Mio.t. Das war ein 6-prozentiger Anstieg des Frachtaufkommens im Vergleich zum Vorjahr.

Große Fährreedereien setzen seit Jahren auf die Verbindungen von und nach Kiel. Eine davon ist die Stena Line, deren Schiffe am Schwedenkai festmachen. In diesem Jahr feiert die 1967 eröffnete Route Kiel–Göteborg ihr 50-jähriges Bestehen. Die Linie wurde schon damals sehr gut angenommen. Im Eröffnungsjahr wurden nach Angaben von Port of Kiel mehr als 125.000 Passagiere und 21.000 Fahrzeuge befördert. Im Laufe der Jahre habe sich die Route als feste Größe etabliert, sowohl in was den Personen- aber auch den Frachtverkehr betreffe. Es sei gerade diese Kombination sowie die zentrale Lage des Schwedenkais, die die Verbindung so attraktiv machten. Auch bei der Entscheidung der Stena Line, die Routen Kiel–Göteborg und Lübeck–Göteborg zusammenzufassen, habe dies eine gewichtige Rolle gespielt. Auf der Linie Kiel–Göteborg werden Port of Kiel zufolge heute jährlich etwa 400.000 Passagiere und knapp 2Mio.t Güter transportiert.

Ein weiteres Unternehmen, für das Kiel ein wichtiger Standort ist, ist die Color Line. Auf der täglichen Route nach Oslo werden jährlich rund 1,1Mio. Passagiere und mehr als 500.000t Fracht befördert. Angefangen hatte alles 1961 noch unter dem Namen Jahre Linie. Heute verkehren mit der »Color Fantasy« und »Color Magic« zwei moderne Fähren zwischen Kiel und Oslo. Im Jahr 2011 feierte die Verbindung ihr 50-jähriges Jubiläum.

Die Fährreederei DFDF bietet tägliche Verbindungen in Richtung östliche Ostsee an. Auf der Route Kiel–Klaipeda sind die beiden RoPax-Schiffe »Regina Seaways« und »Victoria Seaways« im Einsatz, die jeweils eine Kapazität für bis zu 600 Passagiere und für über 2.600 Ladeeinheiten haben. Seit April ist das Angebot verbessert. »Die Einführung schneller Überfahrten zu immer gleichen Abfahrtzeiten kommt bei den Verladern und Spediteuren gut an«, informiert Claus. Dadurch sei die Attraktivität noch einmal gesteigert werden. Dem Kieler Hafen zufolge wurden auf dieser Verbindung im vergangenen Jahr die stärksten Zuwächse erzielt.

Deutlich schlechter sieht es aktuell mit der Fährverbindung von Kiel nach Russland aus. Diese habe inzwischen weite Teile ihres Ladungsauskommens eingebüßt. Grund dafür seien die Handelsbeschränkungen zwischen der EU und Russland.

Im vergangenen Jahr konnte Kiel mit SCA und Iggesund zwei Neukunden gewinnen, die auf Forstprodukte spezialisiert sind. Seit Herbst 2016 ist Kiel der zentrale Logistikknotenpunkt für SCA und Iggesund. Am Ostuferhafen verfügt SCA über ein eigenes Terminal. Pro Woche gibt es zwei Abfahrten nach Schweden und in den Norden Finnlands. Wöchentlich bringen die RoRo-Schiffe bis zu 18.000 Forstprodukte nach Kiel, so SCA. Jährlich würden über das Terminal etwa 850.000t umgeschlagen. Die Verlagerung von Lübeck nach Kiel sei aufgrund des sogenannten Way-Port-Konzepts erfolgt. Hierbei werde ein Teil der Pool-Ladung in Deutschland gelöscht, während der anderer Teil durch den NOK nach Rotterdam und Tilbury transportiert werde, so SCA.

Schienenverkehr ins Hinterland

Ein wichtiger Faktor für den Hafen Kiel ist der Warentransport per Eisenbahn ins Hinterland. Dieser wuchs nach offiziellen Angaben im vergangenen Jahr um 4%. Mehr als 29.000 Trailer und Container wurden auf Waggons verladen. Das größte Wachstum habe es auf der Verbindung von und nach Verona gegeben. Im Februar dieses Jahres wurde die Zahl der wöchentlichen Abfahrten auf dieser Strecke von fünf auf sechs erhöht. Darüber hinaus wurde einen Monat zuvor erstmals eine Direktzugverbindung zwischen Kiel und dem norditalienischen Adria-Hafen Triest eingerichtet.

Zudem soll der Rangierbahnhof Kiel-Meimersdorf ertüchtigt werden. Derzeitkönnen dort 550m lange Züge abgefertigt werden. Zwar könnten auch 600m lange Züge bedient werden, allerdings sei dann die Ein- und Ausfahrt für die weiteren Züge zugestellt, so Port of Kiel. Nach dem Ausbau sollen im kommenden Jahr bis zu 740m lange Züge abgefertigt werden können. Ferner soll der Rangierbereich des Schwedenkais noch in diesem Jahr mit einem dritten Gleis ausgestattet werden. Wegen der zusätzlichen Schienenkapazitäten ist der Seehafen Kiel zuversichtlich, in diesem Jahr im KV-Verkehr den Umschlag auf über 30.000 Trailer und Container zu steigern.


Thomas Wägener