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Mit viel Vorschusslorbeeren erwartet, sind die ersten »Kielmax«-Neubauten von

Delphis mittlerweile in Fahrt. Der Eigner ist bereits sehr zufrieden, auch wenn es

bis zum ganz großen Durchbruch noch etwas dauern dürfte. Von Michael Meyer
Einen »Quantensprung« nennt Alexander Saverys, CEO der belgischen Delphis-Muttergesellschaft CMB, die Neubauten gegenüber der HANSA. Als in der Vergangenheit[ds_preview] erste Details über die vier Schiffe umfassende Serie bekannt geworden waren, hatte sich der Reedereichef sogar zu der Bezeichnung »game changer« verleiten lassen.

Er möge zwar den Begriff »Paradigmenwechsel« nicht, sagt er jetzt. Allerdings glaube er, »dass wir ein sehr flexibles Schiff entwickelt haben, dass die Kosten signifikant senken, dadurch die Profitabilität erhöhen und die operativen Möglichkeiten für Feeder-Operateure, Hochsee-Carrier und schließlich die Kunden verbessern kann«.

Welche Charakteristika auch immer man den unter Hongkong-Flagge fahrenden »Delphis Finland«, Delphis Bothnia«, »Delphis Gdansk« sowie der noch nicht in Dienst gestellten »Delphis Riga« zuschreiben mag – sicher ist, dass durch sie die altbekannten Beschreibungen für die maximale Laderaumkapazität im NOK als überholt zu den Akten gelegt werden können. Kurz gesagt erhöht sich die Kennzahl von rund 1.600TEU Kapazität beziehungsweise 1.100TEU Beladung (bei durchschnittlich 14t pro TEU) auf 1.924TEU und 1.500TEU. Wobei einzuschränken ist, dass letztgenannter Wert für die Zeit nach dem geplanten Ausbau der meistbefahrenen künstlichen Wasserstraße der Welt in einigen Jahren gilt. Aktuell liegt die Obergrenze für die von der koreanischen Werft Hyundai Heavy Industries gebauten Frachter laut Saverys bei rund 1.400TEU.

Die belgische Reederei hat das Design selbst und eigens für den Verkehr im NOK entwickelt und in zwei Tranchen 2014 und 2015 bestellt – laut der Bewertungsplattform VesselsValue zu 34 Mio. $ pro Schiff. Insgesamt wurde vier Jahre am Konzept gearbeitet. Basis für die Konstrukteure waren die Erfahrungen mit den eigenen 2.550 TEU- und 1.400 TEU-Schiffen aus dem Ostsee-Verkehr sowie das »bewährte Feeder-Know-how« des seit 2006 zur Gruppe gehörenden Operators Team Lines.

Auf die Frage, ob das Projekt eine Reaktion auf den Trend großer Linien war, immer mehr Großfrachter über Skagen unter Umgehung des NOK in die Ostsee zu schicken, antwortet Saverys »Ja und nein«.

Nach Angaben des zuständigen Wasserstraßen- und Schifffahrtsamts Kiel-Holtenau können durch die NOK-Passage je nach Route durchschnittlich 250sm eingespart werden. Von Hamburg nach Riga wären es beispielsweise 336sm. Selbst von Rotterdam nach Klaipeda seien Einsparungen von bis zu 183sm möglich.

Das Design sei entwickelt worden, damit Operateuren die Flexibilität ermöglicht werde,

volumenstarke sieben- oder 10,5-tägige Rundfahrten mit geringen Slotkosten in der Ostsee anzubieten. »Die meisten größeren Feeder-Designs müssen den Kanal umfahren und haben dann kleinere Puffer im Fahrplan, um optimale Dienste anzubieten. Große Feederschiffe sind nötig, um den Hochseelinien geringere Feeder-Kosten anbieten zu können. Wenn das nicht möglich ist, gibt es tatsächlich einen großen Anreiz, Ostsee-Häfen direkt anzulaufen«, so der CEO. Seinen Angaben zufolge liegt der komparative Kostenvorteil seiner jüngsten Flottenzugänge pro transportiertem TEU bei 15 bis 25€, abhängig vom jeweiligen Einsatzgebiet. Dieser Vorteil ist eng mit der spezifisch für diese Verkehre entwickelten Konstruktion verknüpft. Das »Kielmax«-Design ist 177,5m lang (über alles), für zwölf Containerreihen 30,5m breit und 9,5m tiefgehend. Weil die Zellstruktur zwischen 40 Fuß und 45 Fuß variiert werden kann, können auch 45-Fuß-Container unter Deck gestaut werden. »In den europäischen Verkehren sind diese Ladungen sehr wichtig. Kein Schiff dieser Größenklasse hat eine höhere Kapazität dafür«, sagt Saverys. An Bord gibt es darüber hinaus 500 Anschlüsse für Kühlcontainer, eine Erweiterung auf 600 »reefer plugs« ist möglich. Insgesamt könne so zwei Drittel der Kapazität (Basis 14t) mit Kühlgütern gefüllt werden, heißt es.

Angetrieben werden die 24.750t tragenden Schiffe mit der Eisklasse 1A von MAN-Motoren des Typs 6S60ME-C8.5 mit einer Leistung von 14.280 kW bei 105 RPM. Laut Saverys »sehr ökonomische, dieselelektrische Motoren mit einem geringeren nominalen Kraftstoffverbrauch als bisherige »Kielmax«-Schiffe, die 40% weniger Kapazität haben.« Dank eines Bug- und eines Heckstrahlers sowie einem »twisted leading edge«-Ruder von Becker Marine Systems wiesen die Schiffe eine hohe Manövrierfähigkeit aus, was Schlepperkosten reduziere. Diese können sich im Kanal auf bis zu 8.000€ summieren.

Die Frachter haben eine »gas ready«-Klassifikation, können mit einem Scrubber nachgerüstet und mit Kraftstoff bebunkert werden, der mit 0,1% Schwefelgehalt den Anforderungen für Emissionsschutzgebiete (SECAs) entsprechen. Für ökologische Anforderungen ist nach Angaben der Reederei darüber hinaus ein Ballastwasserbehandlungssystem installiert sowie eine Gefahrgutliste (»Inventory of Hazardous Materials«) gemäß der Hongkong-Konvention und europäischen Regulierungen zum Schiffsrecycling vorhanden. Die Vorgaben des Energy Eficiency Design Index für 2025 seien bereits erfüllt.

Mit den ersten Kanaltransporten ist Saverys sehr zufrieden: »Es gab keine Probleme an den Schleusen. Die Lotsen waren beeindruckt von der Manövrierfähigkeit.« Ulrich Bösl vom Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt Kiel-Holtenau bestätigt das: »Die Schiffe sind sehr gut zu manövrieren und können problemlos durch den Kanal fahren.« Aufgrund der ersten Erfahrungen ist die Behörde sogar zu Zugeständnissen bei Restriktionen bereit. Die Delphis-Frachter fallen in die Verkehrsgruppe 6, die ab einer bestimmten Windstärke zur Nutzung von Schleppern verpflichtet ist. »Bei der Einfahrt in die Schleusen sind wir der Meinung, dass diese Annahmepflicht bestehen bleiben sollte, weil die Schiffe einen Festpropeller haben und ein Schlepper beim Einlaufen gut als Bremse wirkt«, so Bösl. Im Kanal selbst könne man sie aufgrund der guten Manövrierbarkeit aber auch ohne fahren lassen, selbst bei starkem Wind.

Bis die Neubauten ihre volle Effektivität aus- und damit dem Operator das bestmögliche Ergebnis einspielen können, dürfte es jedoch noch ein wenig dauern. Knackpunkt sind die aktuellen Abmessungen des Kanals, beziehungsweise die schmalen Kurvenradien auf der noch nicht ausgebauten Oststrecke. »Das wird in spätestens fünf Jahren Makulatur sein, wenn die Kurvenradien erweitert sind.«

Aktuell können die Delphis-Einheiten noch nicht mit voller Beladung die Passage antreten, die Grenze lag zu Beginn bei 8,60m Tiefgang. Das soll sich aber ändern, zum Vorteil des Operateurs. »Nach unseren ersten Erfahrungen lassen wir bei diesen Frachtern 8,80m zu, weil sie ihre Manövrierfähigkeit in schmalem Profil bewiesen haben. Möglicherweise geben wir weitere Zentimeter dazu«, erläutert der WSA-Fachmann.

Laut der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung ist die maximal erlaubte Schiffsgröße im Kanal vom Verhältnis von Länge, Breite und Tiefgang abhängig. Bei 193 m Länge und 9,5 m Tiefgang wäre die maximale Breite 20 m. Bei gleichem Tiefgang ist jedoch auch eine Breite von 32,5 m möglich, dann jedoch reduziert sich die Länge auf 160 m. Daher waren die meisten NOK-Frachter bislang auf 160 m Länge konzipiert.

Sollten sich die Neubauten wie geplant auf dem Markt bewähren, zieht Delphis weitere Aufträge in Betracht, denkbar »sowohl für den eigenen Gebrauch oder den Charter-Markt«, bestätigt Saverys.

Das Interesse im Markt ist durchaus vorhanden, allerdings konnte noch keine längere Beschäftigung gefunden werden. Bislang waren die Schiffe lediglich in Kurzzeit-Chartern beschäftigt, etwa bei X-Press Feeders, Unifeeder, WEC oder der Maersk-Tochter MCC. Das Feedback der Charterer sei positiv, so Saverys.


Michael Meyer