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Sachverständiger Reck & Co. bündelt Ladungsinteressen im »Swiss Casualty Pool«.

Von Michael Hollmann

Bricht auf einem großen Containerfrachter Feuer aus, zählt erst einmal nur die Sicherheit von Seeleuten, Schiff und Ladung. Während die[ds_preview] Bergungskräfte noch an vorderster Front kämpfen, setzt in den Handels- und Versicherungszentren an Land ebenfalls rege Aktivität ein.

Da es um die Rettung von Schiff und Ware aus einer gemeinsamen Gefahr geht und beide Seiten die Kosten dafür teilen sollen, wurde »Havarie-Grosse« erklärt. Tausende Ladungsempfänger und ihre Versicherer stehen nun vor einem komplexen Verfahren, bei dem es darum geht, ein Gewirr von Ansprüchen und Rückansprüchen zu lösen. Ihr Interesse dabei: die baldige Auslieferung und Begutachtung der Ladung. Das erforderliche Schadenmanagement kann kleine und mittlere Versicherer, die mit den Usancen des »Seeplatzgeschäfts« nicht so vertraut sind, überfordern. Abhilfe leisten spezialisierte Schadendienstleister mit ihren »Marine Casualty Services«.

Auch die Bremer Sachverständigenfirma Reck & Co. baut ihre Aktivitäten in dem Marktsegment mit ihrem »Swiss Casualty Pool« seit vergangenem Jahr deutlich aus. Gesteuert wird das Geschäftssegment aus der Niederlassung der Firma in Basel. Der Swiss Casualty Pool richtet sich an Ladungsbeteiligte und ihre Versicherer in der Schweiz, aber auch in anderen Ländern. Mit dem Auftakt zeigt sich Harald von Seydlitz, einer der drei Geschäftsführer von Reck & Co., durchaus zufrieden. Zahlreiche Kunden seien im ersten Jahr gewonnen worden, so dass die Firma im Rahmen der Schadensabwicklung für den Brand des Containerschiffs »MSC Daniela« ihr Mandat auf rund 100 Container ausbauen konnte. »Da haben wir verschiedene Schweizer und auch Österreicher Interessen gebündelt«, berichtet der gelernte Nautiker, der sein Büro in Basel hat. Konkret kümmert sich Reck & Co. als erstes um detaillierte Informationen zu Ausmaß und Ursache des Schadens sowie um die notwendigen Garantien (Havarie-Grosse-Verpflichtungsschein, Havarie-Grosse-Garantie), Dokumente und Sicherheiten, die für die Freistellung der Ware erforderlich sind.

Outsourcing hat gute Gründe

Bei den Garantien stecke der Teufel häufig im Detail, wenn z.B. die dort angesetzten Bedingungen der Havarie-Grosse-Abwicklung nicht mit denen des Carriers oder NVOCC im jeweiligen Frachtvertrag übereinstimmen. »Es muss geprüft werden, ob alle Texte zueinander passen, damit die Garantien auch akzeptiert werden«, so von Seydlitz. »Zudem haben Großverlader gelegentlich Volumenverträge mit eigenen Aussagen zu Havarie-Grosse.« Es leuchtet ein, dass Versicherer für solche komplexen Fragen spezielle Sachbearbeiter bräuchten. »Wenn ich aber nur drei solche Fälle im Jahr erlebe, lässt sich der Personalaufwand nicht rechtfertigen«, verdeutlicht er den Nutzen des »Outsourcings«.

Eine besondere Anforderung bei Schiffshavarien, mit der kleinere Versicherer zu ringen haben, ist die Stellung separater Sicherheiten für den beauftragten Berger. Bei Zeichnung einer »Lloyd’s Open Form« hat er ein eigenes Pfandrecht an der Ladung und fordert vom Versicherer für die Freistellung im Nothafen die Gestellung von Sicherheiten in London und dazu noch ein Top-Rating von A+. Hier bietet Reck & Co. eigenen Angaben zufolge eine unkomplizierte Lösung: Die Versicherer reichen ihre eigene Garantie unabhängig vom Rating bei Reck & Co. ein, und der Swiss Casualty Pool stellt dafür die erforderliche höherwertige Sicherheit in London. Eine Versicherungslösung für den Pool mit einer darauf spezialisierten Gesellschaft in London mit entsprechendem Rating macht es möglich. So machen es auch die Wettbewerber der Bremer im britischen Markt.

Dokumentation und Sicherheiten seien nur ein kleiner Ausschnitt des Schadens-Handlings, stellt von Seydlitz klar. Mehr Raum nähmen eigene Ermittlungen, juristische Prüfungen sowie das Sichern von Regressansprüchen und die Schadenfeststellung bei Auslieferung des Frachtguts ein. War die Havarie tatsächlich unvorhersehbar, das Schiff voll seetüchtig? Ist eine Havarie-Grosse gerechtfertigt? Welche Beitragsforderungen des Dispacheurs sind rechtmäßig, welche Rückansprüche kann die Ladungsseite geltend machen? »Bündelungseffekte kommen hier zum Tragen, wenn man eigene Nachforschungen anstellt«, unterstreicht er. »Je umfangreicher die Ladungsinteressen, desto stärker ist unsere Verhandlungsposition.« Neben Überprüfung und Abwehr der geltend gemachten Kosten übernehme der Pool schließlich auch das zusammengefasste Interesse bei der Verhandlung des Bergelohns – häufig der größte finanzielle Posten, der gemeinsam getragen werden muss.
Michael Hollmann