Maritimes Jamaika in Berlin?

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Die Bundestagswahl? Abgehakt! Wechselstimmung? Naja … Wird es Veränderungen in der maritimen Politik geben, vielleicht sogar umwälzende? Davon ist eher nicht[ds_preview] auszugehen. Aber hoffen darf man, denn die maritime Branche braucht eine bessere politische Flankierung.

Die Richtung gibt nach wie vor die Union vor, mit welchem Partner im Verkehrsressort auch immer. Ob der Minister dabei nun aus Bayern, dem Norden, Westen oder Osten kommt, ist nicht entscheidend.

Spannend dürften die Koalitionsverhandlungen dennoch werden – eine schwarz-gelb-grüne Regierungsbildung ist wahrscheinlich, aber noch nicht ausgemacht, eine Einigung in wichtigen Segmenten kein Selbstläufer.

Der maritime Sektor hätte gegen zusätzliche finanzielle Unterstützung sicher nichts einzuwenden, etwa für Reedereien, Wasserstraßen oder die Entwicklung »grüner« Technologien. Nur ist das erstens zum Teil doch etwas weit weg von der marktwirtschaftlichen Basis. Und zweitens stehen die Chancen dafür ohnehin nicht sonderlich gut – je nachdem, wie gut sich die Koalitionspartner gegen die Union und ihr Spardiktat durchsetzen können.

Darum geht es aber nicht allein.

Mindestens ebenso bedeutend ist nämlich ein anderes, vermeintlich kleineres Feld, das beackert werden sollte: die staatliche Bürokratie. Im Standort-Wettbewerb ist das enorm wichtig, vor allem in Zeiten der Digitalisierung, die von der Kanzlerin selbst als eine der größten Umwälzungen der Geschichte beschrieben wurde.

Die maritime Verwaltung fällt jedoch nicht unbedingt durch ausgeprägte Modernität auf. Daran beißt sich die Wirtschaft seit geraumer Zeit die Zähne aus.

Worum geht es also?

Notwendig sind schlankere und effizientere behördliche Prozesse. Das gilt – unabhängig von Sinn oder Unsinn der Sache selbst – nicht nur für die Planung von Fahrrinnenanpassungen. Nein, es gilt auch für die Häfen, die unter anderem eine effiziente Ordnungspolitik fordern, sowie nicht zuletzt auch für die Handelsflotte. Will man ein wenigstens halbwegs attraktives Flaggenregister führen, muss die Verwaltung digitaler und effizienter aufgestellt werden. Andere Lämder machen es vor, die Reedereien sind dankbar für jeden »Verwaltungsakt« den sie einfacher als bisher, zum Beispiel online erledigen können.

Nicht zuletzt ist die Sicherung des maritimen Knowhows unabdingbar. Ob das noch junge Deutsche Maritime Zentrum, dabei helfen kann, wird von so manchem angezweifelt. Kritiker sehen den »Faktor Mensch« nicht ausreichend berücksichtig und fürchten eine Kannibalisierung des – zugegebenermaßen nur mäßig wirksamen – Maritimen Bündnisses.

Die Branche muss natürlich auch selbst weiter beweisen, dass sie bestands- und vor allem zukunftsfähig ist. Aber eine stärkere politische Flankierung würde ihr in jedem Falle gut tun.

Scheitert es an der »bösen« europäischen Bürokratie, muss eben dort die gewichtige deutsche Stimme deutlicher erhoben werden. Wer letztlich Verkehrsminister wird oder den Trost-Posten des Maritimen Koordinators bekleidet, ist zweitrangig. Zumal die bisherigen Amtsträger Dobrindt und Beckmeyer keine allzu großen Fußstapfen hinterlassen. Am Ende kommt es auf politischen Willen und Tatendrang an.

Viel Spaß beim Lesen


Michael Meyer