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Ernst Russ hat sich vorerst durchgesetzt und sich mehr Einfluss bei der börsennotierten AG gesichert. Die Offen Group und die DEVK ziehen sich als Investoren zurück

Es ist ein Konflikt gleichlaufender Inter­essen, die aber gegenläufig wirkten. Vor der Hauptversammlung standen sich zwei Lager gegenüber: Die[ds_preview] Ernst Russ AG, mit knapp 30% größter Anteilseigner der Marenave Schiffahrts AG, und die Investorengruppe von CPO Investments und DEVK. Also zwei Schwergewichte aus der Hamburger Schifffahrtsszene. Beide wollten den Zugriff auf die seit 2006 an der Hamburger Wertpapierbörse gelistete AG. Durchgesetzt hat sich Ernst Russ.

Marenave ist nach dem Abverkauf der gesamten Flotte (elf Schiffe) zur Begleichung von Bankschulden zwar eine leere, aber offenbar begehrte »Hülle«. Eine Aktiengesellschaft nach deutschem Recht, womöglich bestens geeignet als Asset-Plattform, um dort künftig Schiffe zu platzieren und Investoren anzulocken.

Der Vorstand hatte nach der erfolgreichen Enthaftung der Gesellschaft im Juni eine Kapitalherabsetzung vorgeschlagen. Für die eine Seite (Offen/DEVK) war dies eine unabdingbare Voraussetzung für die geplante Sanierung und Reaktivierung des Unternehmens. Die Anderen (Ernst Russ) fürchteten dagegen eine Abwertung der eigenen Anteile und damit eine Verringerung des Einflusses.

Ernst Russ hatte durch Aktienaufkauf sukzessive die Beteiligung an Marenave auf zuletzt 29,98% erhöht. Damit kann das Unternehmen Entscheidungen, die 75% der Stimmen erfordern, verhindern.

Die Gesellschafter vertagten auf Antrag von Russ die Kapitalherabsetzung. Außerdem wurden mit Jens Mahnke und Michael Schmidt-Dencker zwei Vertreter von Ernst Russ in den auf vier Positionen vergrößerten Aufsichtsrat gewählt, Gremiums-Vize Klaus Meyer verlor dagegen seinen Posten.

Die Offen-Gruppe und die Versicherung DEVK reagierten sofort und wie für den Fall einer solchen Entscheidung bereits angekündigt: »Die Investorenvereinbarung ist gescheitert und wird nicht weiter verfolgt«, hieß es in einer Mittteilung. Die im Februar getroffene Vereinbarung sah eine »anfängliche Mindestfinanzierung« in Höhe von 2 Mio. € vor. Je nach Projektverlauf sollten weitere 14 Mio. € hinzukommen. Im Gegenzug sollte es Positionen im Aufsichtsrat und im Vorstand für die Offen Gruppe geben.

Stattdessen legten direkt nach der Abstimmung der bisherige Aufsichtsratschef Bernd Zens (Vorstand DEVK) und das Gremiumsmitglied Henning Winter (ehemals Deutsche Schiffsbank) ihre Ämter nieder. Zum neuen Chefaufseher wurde Schmidt-Dencker gewählt.

Neuer Kurs wird noch gesucht

Wie es nun weitergeht, gilt als offen. Im Juli war die Marenave von den finanzierenden Banken enthaftet worden, die finanzielle Restrukturierung ist demnach bereits erfolgt. Die DEVK ist mit rund 20% Anteilseigner an der Marenave, das in Aussicht gestellte neue Geld aber wird vorerst nicht investiert. Denn jetzt ist die Ernst Russ AG am Zug.

Zunächst müssen die beiden vakanten Aufsichtsratsposten neu besetzt werden. Früheste Gelegenheit dafür ist eine neuerliche Hauptversammlung, möglicherweise Ende des Jahres. Auch die Kapitalherabsetzung bleibt auf der Agenda, aber dann zu einem Ernst Russ genehmen Zeitpunkt. Die Herabsetzung des Grundkapitals soll die Kapitalmarkt­fähigkeit der Gesellschaft verbessern.

Die Bilanz wies zum 31. Dezember 2015 einen Verlust von 56 Mio. € aus. Das gezeichnete Kapital betrug rund 30 Mio. € – macht einen Fehlbetrag von knapp 26,5 Mio. €. Daher sollte das Grundkapital laut Vorschlag des Vorstands auf 1,5 Mio. € reduziert werden, um es an die tatsächlichen Vermögensverhältnisse anzupassen und den Einstieg von Investoren zu ermöglichen, heißt es.

Aktuelle Geschäftszahlen aus 2016 liegen noch nicht vor, auch das sorgte vor der Hauptversammlung für Kritik.