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Die globale Welt der Schiffsfinanzierung unterliegt einem grundlegenden Wandel. An die Stelle der Banken als klassische Kreditgeber treten verstärkt Leasing-Gesellschaften und alternative Investoren.

Das Jahr 2016 spricht Bände: Das Volumen aus der klassischen Bankenfinanzierung sank laut dem Branchendienst Eurofin erheblich um rund 42[ds_preview] Mrd. $ auf 355 Mrd. $. Damit ist das globale Schiffshypotheken-Geschäft auf den Stand von 2007 zurückgekehrt und liegt deutlich 100 Mrd. $ unter dem Spitzenwert aus dem Jahr 2011 (455 Mrd. $).

Dieser Rückgang ist vornehmlich dem Rückzug oder Schrumpfkurs vieler Banken geschuldet, eingeleitet von der Commerzbank und der Royal Bank of Scotland (RBS), die seit Jahren ihren finalen Ausstieg aus der Schiffsfinanzierung vorantreiben. Zunehmend bauen jetzt aber auch andere Geldinstitute gerade in Deutschland, die (zu) lange an ihren Portfolios festgehalten haben, unter dem Druck der neuen Bankenregularien und der verfallenden Schiffswerte ihre Altlasten rasant ab.

So hat die HSH Nordbank ihr Kreditvolumen in gerade einmal anderthalb Jahren um gut 9 Mrd. € von knapp 24 Mrd. € (2015) auf 14,8 Mrd. € (Juni 2017) reduziert. Im gleichen Zeitraum hat die NordLB ihr Engagement von 19 auf 14,5 Mrd. € verringert. Die Tendenz ist allerorten zu beobachten, mit der bundeseigenen KfW Ipex-Bank vielleicht als einziger Ausnahme.

Neben der Commerzbank, die ihren Abschied selbst eingeläutet hat, ist mit der Bremer Landesbank ein weiterer Akteur erzwungenermaßen aus dem Rennen ausgeschieden und der NordLB einverleibt worden. Es könnten weitere deutsche Banken folgen. Denn die Kreditkosten könnten weiter steigen, solange die Fundamentaldaten der Branche schwach bleiben und das Angebot die Nachfrage übersteigt, warnte Moody’s bereits im Sommer in einer Studie.

Bei den fünf ehemals größten deutschen Schiffsfinanzierern – HSH Nordbank, NordLB, DVB Bank, KfW IPEX und Commerzbank (insgesamt 66,7 Mio. € an Forderungen) ist der Anteil der »Problemkredite« von 28% im Dezember 2015 auf 37% zum Ende 2016 nochmals angestiegen. Dies zwang die Banken durchweg, Reserven zu heben und eine hohe Risikovorsorge zu bilden. Dadurch sei die Gesamtdeckungsquote zwar von durchschnittlich 45% auf 51% angestiegen. Nach Ansicht der Moody’s-Analysten sind jedoch mindestens 60% erforderlich, um auch künftig drohende Verluste ausreichend abzusichern.

Erst jüngst schossen daher Spekulationen über den möglichen Verkauf der kompletten Schifffahrtsportfolios bei der DVB Bank (Frankfurt) oder bei der UniCredit mit ihrer deutschen Tochter HypoVereinsbank ins Kraut.

Offen ist derzeit auch die Zukunft der HSH Nordbank, einst mit fast 41 Mrd. € der weltgrößte Schiffsfinanzierer, nach ihrem möglichen Verkauf oder aber ihrer Abwicklung im kommenden Jahr. Mit einem anvisierten Volumen von 7–8 Mrd. € wäre sie aber in jedem Fall künftig nur noch ein Schatten ihrer selbst.

Standen bei den maßgeblichen deutschen Banken im Jahr 2010 noch zusammen 124 Mrd. € in den Büchern, lag die Summe im vergangenen Jahr bei nur noch 83 Mio. € – ein Rückgang um exakt 33% binnen sechs Jahren. Und der Abbau setzt sich quer durch Europa weiter fort. Neugeschäft findet allenfalls noch sporadisch statt.

Während die Schiffsfinanzierung in Europa schrumpft und in Amerika bestenfalls stagniert, holt Asien kräftig auf. Alle europäischen Schiffsbanken zusammen haben binnen einer halben Dekade knapp 20% ihres Marktanteils verloren. Ihr Anteil am globalen Portfolio ist von 80% (Ende 2015) auf etwa 63% geschrumpft. Die Banken in Fernost, vor allem in China, haben ihr Portfolio im gleichen Zeitraum fast verdoppelt – von 66,4 Mrd. $ auf 128 Mrd. $. Der globale Marktanteil liegt inzwischen bei 18%, Tendenz steigend.

Vor allem Leasing-Modelle erleben einen regelrechten Boom. Allein die zehn führenden Leasingunternehmen in China haben im Jahr 2016 mehr als 11,5 Mrd. $ in Transaktionen in Asien und auch in Europa investiert und sich damit einen globalen Marktanteil von 15% gesichert. Sie haben damit deutlich die über Exportkreditagenturen abgesicherte Bankenfinanzierung überholt.

Zumeist handelt es sich um klassisches Finanzierungsleasing, sowohl für Neubauten als auch für bestehende Tonnage. Charakteristisch sind lange Amortisationszeiten von üblicherweise etwa zwölf Jahren bis zu mehr als 17 Jahren. Beim Paradigmenwechsel weg vom Schiffswert hin zum erwarteten Cash Flow bilden große Unternehmen mit einem guten Rating, einem funktionierenden finanziellen Reporting und Controlling und nicht zuletzt auch mit werthaltigen Langzeitchartern die bevorzugte Zielgruppe.

Zu den Kunden gehören Branchengrößen wie Maersk, MSC und CMA CGM aus dem Containerlinienmarkt, große Trampreeder wie Costamare und Sea­span, Industriekunden wie BP oder Vale oder Akteure wie Stena, Teekay, Dynagas und Unternehmen des norwegischen Schifffahrts-Tycoons John Fredriksen.

In Deutschland sind Leasing-Geschäfte eher noch die Ausnahme, sollen aber auch hier intensiviert werden. ICBS und BoComm unterhalten bereits eigene Büros in Hamburg. Ein Beispiel lieferte in diesem Jahr die Reederei Peter Döhle, die mit der ICBC einen 200 Mio. $ schweren Finanzierungsvertrag abgeschlossen hat. Das Geld soll für verschiedene Neubauprojekte für Bulker und Containerschiffe verwendet werden, die derzeit in China abgearbeitet werden.

Zu den großen Vorteilen sowohl von Leasing- als auch von »Sale & Lease back«-Transaktionen gehört eine weitaus geringere Fremdverschuldung des Reeders sowie die Freisetzung von Kapital, beispielsweise zur Begleichung anderer Schulden. Darüber hinaus wird die Flotte der Schiffe verjüngt, was für Investoren und Kapitalmarktbewertungen als vorteilhaft gilt.

Alles spricht dafür, dass chinesische Leasingunternehmen wie Marktführer ICBC Financial Leasing (9,5 Mrd. $), Minsheng Leasing (5,5 Mrd. $) oder BoComm (5,4 Mrd. $), ihre Rolle weiter ausbauen werden. Die Zuwachsraten bei BoComm lagen in den Jahren 2015 und 2016 bei 74% und 84%. Auch die Linienreedereien COSCO hat inzwischen mit dem eigenen COSCO Shipping Funds einen Leasingableger gegründet und will künftig Finanzierungen für einheimische und internationale Kunden anbieten.

Es liegt jedoch auf der Hand, dass Leasing für kleinere und mittlere Unternehmen kaum geeignet ist. Solche Schiffseigner sind weiter auf die Banken oder auf andere Geldquelle wie Family Offices oder Private Equity angewiesen. Zuletzt hatte der schon lange in der Schifffahrt engagierte US-Investor Oaktree Capital Management mit Fleetscape ein neues Investment-Vehikel gegründet und 400 Mio. $ an Kapital eingesammelt.

Schifffahrtsunternehmen wie die Compagnie Maritime Belge (CMB, Belgien) oder die Hamburger MPC Capital versuchen – wie zuvor schon etliche griechische Reeder – ihre Expansion über die Börsen in New York und Oslo zu finanzieren. Auch die Ernst Russ AG hat mit Pareto eine gemeinsame Investmentgesellschaft gegründet. Eine weitere Option ist die Übernahme von Banken-Portfolios durch institutionelle Anleger. So hat die Berenberg Bank im Auftrag japanischer Investoren einen Großteil der griechischen Kredite der RBS aufgekauft und tritt nun als deren Asset-Manager auf.

Geld ist in der anhaltenden Niedrigzins-Phase weltweit reichlich vorhanden. Die Frage ist eher, wie, von wem und an wen es verteilt wird: von erfolgreich restrukturierten Banken, über den Kapitalmarkt, von privaten und institutionellen Investoren oder über neue Investment­vehikel. Heutige und künftige Schiffseigner müssen dabei den für sich besten Weg finden.

Krischan Förster