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Die deutschen Werften bekommen auch im Spezialschiffbau Konkurrenz aus Fernost.

Es gilt, ein wachsames Auge zu haben, mahnten Experten auf der 112. Hauptversammlung der Schiffbautechnischen Gesellschaft (STG). Von Thomas Wägener

Der deutsche Schiffbau hat seine Stärken weiter in der Fertigung von Spezialschiffen sowie Yachten, Kreuz- und Marineschiffen. Aufgrund verschärfter Umweltbestimmungen[ds_preview] und einer nur schleppenden Entwicklung hin zu alternativen Antriebskonzepten herrscht jedoch weiter eine gewisse Unsicherheit in der Branche. Das drückt sich auch in der Zahl der Bestellungen aus, die deutlich zurückgegangen ist. Darüber hinaus bleibt es offenbar schwierig, Nachwuchskräfte für die Branche zu gewinnen, ein Thema, für das sich auch die STG seit Jahren einsetzt.

»Es werden fast keine Schiffe mehr geordert«, sagte Jörg Mutschler, Geschäftsführer des Verbands Deutscher Maschinen und Anlagenbau (VDMA), vor den rund 260 Teilnehmern in Potsdam. Deswegen gebe es auf den ostasiatischen Werften keine Vollbeschäftigung mehr.

Trotz der Rahmenbedingungen seien die deutschen Werften alles in allem gut durch die Krise gekommen, konstatierte Ralf Sören Marquardt, Geschäftsführer des Verbands für Schiffbau und Meerestechnik (VSM). Seit 2010 habe es eine fast kontinuierliche Steigerung bei den Auftragseingängen gegeben. Laut Mutschler hat die deutsche Schiffbaubranche im vergangenen Jahr zwar einen Umsatz in Höhe von 11,1Mrd. € erzielt, allerdings sei die Zahl der Auftragseingänge 2016 um 14% zurückgegangen. Dies liege vor allem an der Offshore Öl & Gas sowie der Offshore-Wind-Branche. Hier habe es einen deutlichen Rückgang gegeben.

Dass sich der Umsatz bei rückläufiger Auftragslage dennoch so positiv entwickelt habe, liege vor allem an den höheren Summen, die insbesondere für Kreuzfahrtschiffe und Yachten aufgewendet würden. Beide Segmente seien weiter die Kernkompetenz der deutschen Schiffbauer, betonte Marquardt.

Aus Asien droht neue Konkurrenz

Der VSM-Geschäftsführer sieht jedoch künftig eine stärkere Konkurrenz aus dem asiatischen Raum, auch was den Bau von Spezialschiffen betrifft. »Die Chinesen haben erkannt, dass sie auf Dauer nicht allein vom Bau von Handelsschiffen existieren können«, so Marquardt. Das könnte durchaus eine Gefahr für die deutschen Werften bedeuten, denn dadurch könnte sich auch die Zulieferindustrie verändern. Gerade die Asiaten würden verstärkt auf eigene Produkte setzen. Auch deshalb wolle man genauestens beobachten, was sich dort entwickele.

Derweil steht die Schifffahrt weiter vor einigen Herausforderungen, die noch immer für eine gewisse Unsicherheit im Schiffbaumarkt sorgen, sagte Ralf Nagel, Geschäftsführendes Präsidiumsmitglied beim Verband Deutscher Reeder (VDR). Das hänge in erster Linie mit den verschärften Regelungen zusammen, die künftig in Kraft treten würden. Dies gelte vor allem für das Thema Ballast Wasser Convention der IMO, wodurch erheblicher Kosten auf die Reeder zukämen. Laut Nagel sind davon rund 40.000 Schiffe betroffen, für jedes von ihnen müssten bis zu 2Mio. € für die entsprechenden Ballastwasserbehandlungssysteme investiert werden. Noch immer seien aber nur weniger dieser Anlagen von der US Coast Guard zertifiziert.

Aktuell sind nach Angaben von VDMA-Geschäftsführer Mutschler in Deutschland rund 65.000 Menschen in der Branche tätig. Laut Marquardt steigt zwar der Anteil der hochqualifizierten Kräfte im Schiffbau, doch gleichzeitig sinkt die Beschäftigtenzahl insgesamt.

Die Digitalisierung sei ein wichtiger Faktor, durch die sich neue Chancen ergäben. Nur so könnten Themen wie autonome Entladung und das Sammeln von Daten auf Schiffen weiter verfolgt werden. »Wir müssen die Schiffe besser kennen lernen, um sie effizienter zu machen«, bekräftigte auch Marquardt.

Für Nagel gewinnt auch das Thema künstliche Intelligenz künftig an Bedeutung. Wichtig für die Branche seien zudem Start-up Unternehmen, die für neue Ideen stünden. »Wir müssen zeigen, dass wir attraktiv sind«, forderte Marquardt. Die sei dann auch ein positives Zeichen an die Neueinsteiger.

Förderung des Nachwuchses

Hermann J. Klein, Vorsitzender der STG, pflichtete bei und betonte die Wichtigkeit, den Nachwuchs zu fördern. Die STG setzt sich diesbezüglich seit langem ein. Als Zeichen verleiht sie verschiedene Preise für besondere Leistungen. Mit dem Curt-Bartsch-Preis wurde in diesem Jahr Jan Oberhagemann von der Universität Duisburg Essen für seine Dissertation mit dem Titel »On the Prediction of Wave-Induced Loads and Vibration of Ship Structures with Finite Volume Fluid Dynamic Methods« ausgezeichnet. Den ersten Preis des Sprechtages »Students meets Industry« bekam Barbara Blum von der Technischen Universität Berlin für ihre Masterarbeit zum Thema »Berechnungen der auf ein Schiff wirkenden Kräfte und Momente in schräg einlaufenden Wellen mit einem RANS-Verfahren«. Der Georg-Weinblum-Preis für die beste an einer deutschen Hochschule entstandene wissenschaftliche Arbeit eines jungen Schiffstechnikers wurde in diesem Jahr dagegen nicht verliehen. »Es ist keine herausragende Arbeit eingegangen«, begründete Klein. Auch das kann als Hinweis verstanden werden, dass es zunehmend schwieriger wird, Nachwuchskräfte für die Branche zu gewinnen.

Für die 40-jährige Mitgliedschaft in der STG wurde hingegen das Hamburger Unternehmen Becker Marine Systems ausgezeichnet. Sören Hildebrandt nahm den Preis entgegen.

Klein freute sich insbesondere über die gute Entwicklung der Mitgliederzahlen im Jahr 2017. Es sei gelungen, wieder neue Unternehmen zu gewinnen. Besonders zufrieden zeigte er sich mit der hohen Anzahl an Studenten: »32% derjenigen, die Maschinenbau oder Ähnliches studieren, sind STG-Mitglieder«, stellte er heraus. Mehr als die Hälfte der Mitglieder (54%) seien berufstätig, 22% seien Ruheständler, so Klein über die weitere Zusammensetzung.

Claus Ulrich Selbach, Geschäftsbereichsleiter bei der Hamburg Messe und Congress (HMC), lud derweil die Studenten zur kommenden SMM ein, die im September 2018 in der Hansestadt stattfindet. »Dort gibt es viele Unternehmen, die Sie suchen«, verwies er auf den Career Market.
Thomas Wägener