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2017 endet mit einem leichten Schadensrückgang beim Verein Hanseatischer Transportversicherer (VHT). Der Bestand an versicherten Schiffen steigt etwas an. Von Michael Hollmann

Die Seekaskoversicherung in Deutsch­land hat ihre Schrumpfkur im vergangenen Jahr offenbar beendet und die Geschäfte wieder leicht ausbauen können[ds_preview]. Das geht aus der aktuellen Jahresstatistik des Vereins Hanseatischer Transportversicherer (VHT) hervor, der zentral die Schadenbearbeitung für die von deutschen Gesellschaften führend versicherten Schiffe übernimmt.

Die Anzahl der betreuten Seekaskoobjekte wuchs im Jahresverlauf um rund 100 auf 1.543 Einheiten an. Die Gesamtzahl der Objekte über alle Kategorien hinweg (Seekasko, Loss of Hire, Flusskasko etc.) erhöhte sich aufgrund einer Neuordnung der Risikoklassen im VHT-Bestand offiziell sogar um rund 450 auf 2.845. Unter anderem werden Kriegsdeckungen jetzt separat erfasst, wie die HANSA erfuhr.

Bereinigt um diese Sondereffekte bleibt im Wesentlichen nur der Zuwachs im Bereich Seekasko. Immerhin sei es den Versicherern gelungen, die seit Jahren anhaltende Abwärtsspirale zu stoppen. In der Spitze belief sich der Zahl der führend in Deutschland versicherten und vom VHT betreuten Seeschiffe auf mehr als 2.000 Einheiten – das war im Jahr 2010. Seither ging der Bestand im Zuge der Schifffahrtskrise und der dadurch ausgelösten Insolvenzen und Schiffsverkäufe ins Ausland von Jahr zu Jahr zurück.

Ob die Zunahme eine Trendwende darstellt, müsse sich zeigen. »Der Schwund ist aufgehalten, insofern sind wir vorsichtig optimistisch«, erklärt der Vorstandsvorsitzende des VHT, Hans-Christoph Enge, geschäftsführender Gesellschafter des Bremer Assekuradeurs Lampe & Schwartze.

Seiner Einschätzung nach konnten sich viele Flotten, die traditionell im deutschen Markt versichert sind, im vergangenen Jahr finanziell einigermaßen stabilisieren. »Der deutsche Markt ist zwar ein kleiner Markt, aber er ist von hoher Kontinuität gekennzeichnet«, sagt Enge. So seien die Risikokapazitäten auch in schwierigen Zeiten stabil geblieben, genauso wie die allgemeine Kundenbetreuung. Jetzt, da die Prämien in anderen Märkten teilweise anstiegen und sich Versicherer dort zurückzögen, werde der »Boutique-Charakter« des deutschen VHT-Marktes für Reeder wieder attraktiver.

VHT-Vorstandsmitglied Volker Dierks, Head of Marine Hull bei Allianz Global Corporate & Specialty (AGCS) in Hamburg, sieht vor allem steigendes Interesse von Reedern, die ihre Flotten bisher bei Lloyd’s of London führend versichert hatten. »Die Marktverhärtung dort zeigt Wirkung. Die eine oder Flotte kehrt deshalb auf den deutschen Markt zurück.« Dabei spiele der Service des VHT eine wichtige Rolle. »Die Schadenfeststellungskosten liegen hier nur halb so hoch wie in Skandinavien oder London, manchmal noch darunter. Das System ist billiger, schneller und transparenter«, stellt Dierks fest.

Aus seiner Sicht steigt deshalb auch der Anteil internationaler Kunden, die einen deutschen Führungsversicherer und VHT-Schadensservice wählen. »Einige unserer größten Kunden sind gar keine deutschen Unternehmen. Und der Anteil steigt«, unterstreicht der gelernte Kapitän.

Den Eindruck hat auch Arne Linke, Abteilungsleiter für Schiffsversicherungen bei der ERGO Versicherung und ebenfalls VHT-Vorstandsmitglied. »Die deutschen Versicherer versuchen, wieder mehr Führungsgeschäft zu machen und den VHT nach vorne zu stellen, weil sie dann mehr Steuerungsmöglichkeiten haben.« Bei reinem Beteiligungsgeschäft, wenn die Schadenbearbeitung in den Händen eines anderen internationalen Versicherers liege, wissen man nicht, welche Schadenfeststellungskosten auf einen zukämen.

In Bezug auf Schäden war 2017 für die VHT-Mitglieder ebenfalls stabil. Der Umfang belief sich auf 49,5Mio. € – rund 1Mio. € weniger als im Vorjahr. Ob es für den deutschen Markt in toto für einen Überschuss in der Seekaskosparte ausreichen wird, ist zweifelhaft. Dafür ist das Prämienniveau nach wie vor zu niedrig.

Zudem baut der VHT seine Serviceleistungen jenseits der Schadenbearbeitung weiter aus. Nach dem Einstieg in Verladekontrollen für Projektladung komme nun auch das Beratungsgeschäft für maritime Fertigungsbetriebe und Reedereien hinzu (»Optimierung von Prozessabläufen«), so Enge. Zudem habe der VHT gute Chancen, vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) den Betrieb der KIS-Datenbank zu übernehmen. Dieses System bietet Versicherern eine Übersicht über Wertekonzentrationen und Risiken weltweit.


Michael Hollmann