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Mit E.R. Schiffahrt bekommt eine weitere renommierte Reederei einen neuen Eigentümer. »Der Verkauf an Zeaborn war für uns die strategisch einzig richtige Lösung«, sagt Firmengründer Erck Rickmers. Von Krischan Förster

Nach 20 Jahren ist Schluss. 1998 hatte Erck Rickmers seine Reederei E.R. Schiffahrt gegründet. Ein wenig Wehmut schwingt mit, als[ds_preview] der 53-Jährige den Verkauf an die Bremer Zeaborn-Gruppe erklärt. Man habe sich die Sache nicht leicht gemacht. Doch die gravierenden Veränderungen in den Schifffahrtsmärkten, der harte internationale Wettbewerb, der hohe Kostendruck und die bestehenden Überkapazitäten, gerade in Deutschland, hätten zum Handeln gezwungen. »Es gibt noch zu viele Reederei-Betriebe, die sich gegenseitig das Leben schwer machen.« Erck Rickmers, Spross einer bekannten Schifffahrtsfamilie, wollte da nicht mehr mitmachen.

Größe zählt im Konkurrenzkampf

Es zähle Größe, um im Konkurrenzkampf mit den »Schwergewichten« wie etwa V.Ships, Anglo Eastern oder Bernhard Schulte Shipmanagement (BSM) zu bestehen. Die 81 Schiffe, die E.R. zuletzt im Management hatte und die jetzt unter Bremer Kontrolle wechseln, seien definitiv für eine »kritische Größe« zu wenig.

Beide Rickmers-Brüder hatten vor etwa drei Jahren noch selbst versucht, die Schiffsmanagement-Aktivitäten ihrer beiden Unternehmen zu verschmelzen. Dies war gescheitert. Zeaborn hatte später von Bertram Rickmers zuerst die Rickmers Linie und damit das MPP-Geschäft und nach der Insolvenz der Holding auch das Shipmanagement (Maritime Services) übernommen. Nur ein Jahr später kommt nun auch die Flotte der E.R. Schiffahrt mit 65 Containerschiffen und 20 Bulkern hinzu.

»Es wollte keiner verkaufen«

Man hätte ja selbst gern aktiv konsolidiert und wollte den Weg weiter beschreiten, der 2012 mit der Übernahme von Komrowski und Blue Star eingeleitet worden sei, sagt Erck Rickmers. Die ursprüngliche Unternehmensstrategie habe daher darauf abgezielt, eine Flotte von rund 200 bis 250 Schiffen im Manage­­ment aufzubauen. »Das ist uns nicht gelungen«, räumt der jüngere der beiden Hamburger Rickmers-Brüder ein. Es seien durchaus einige Übernahmekandidaten ausgemacht worden. Aber: »Die deutschen Reeder wollen nicht verkaufen, jedenfalls nicht zu annehmbaren Konditionen.«

Eigene Konsolidierung gescheitert

Der letzte Versuch, doch noch zu wachsen, ist kein halbes Jahr her. Nach der Insolvenz der Gruppe von Bertram Rickmers wollte der jüngere Bruder im Spätsommer 2017 erneut zugreifen – doch da kam ihm die Bremer Zeaborn Gruppe zuvor. Und so reifte der Plan, sich von dem »harzigen, mühsamen« Geschäft einer Reederei zu trennen.

Er handle nicht aus Not, betont Erck Rickmers, die Reederei sei kerngesund, ohne eine Restrukturierung ausgekommen und habe keine Schulden oder Haftungsverbindlichkeiten. »Die HSH Nordbank hat mit uns kein Geld verloren, sondern per saldo Geld verdient«, sagt der Unternehmer in Anspielung auf andere Hamburger Reedereien. Im vergangenen Jahr sei trotz der anhaltenden Krise ein Gewinn von knapp 10 Mio. € einfahren worden, auch dieses Jahr sei ein positiver Millionenbetrag eingeplant. Warum dann die Trennung? »Weil es strategisch die einzig richtige Entscheidung ist.«

Ein anglo-amerikanischer Finanzinvestor habe Interesse gezeigt, dieser hätte die Reederei aber eher zerschlagen. Und so kam es zu Kurt Zech, dem Bremer Bauunternehmer, der hinter Zeaborn steht. Man habe sich getroffen, miteinander verhandelt und eine Einigung erzielt. »Wir haben eine norddeutsche Lösung gefunden«, sagt Rickmers, »eine, die auch gut ist für den Standort Hamburg.«

Zeaborn wird ein »global player«

Die Zeaborn Gruppe hingegen, bis vor kurzem ausschließlich im MPP-Geschäft aktiv und expandierend, steigt mit der Übernahme von E.R. Schiffahrt zu einem der größten kommerziellen Manager von Tramp-Tonnage weltweit auf. Die Shipmanagement-Aktivitäten aus beiden Rickmers-Reedereien sollen jetzt an einer neuen Adresse in Hamburg zusammengeführt werden. Etwa 165 Schiffe zählt dann die gemeinsame Flotte, zusammen beschäftigt die Gruppe rund 360 Mitarbeiter an Land und mehr als 5.000 auf See. An der Spitze der neuen Groß-Reederei steht künftig Nils Aden, der bisherige CEO von E.R. Dazu kommt die Befrachtungsfirma Harper Petersen, an dem ehemaligen Joint Venture mit der Rickmers Gruppe hielt Erck Rickmers nach deren Insolvenz 100 % der Anteile. Simon Aust bleibt CEO.

Bereits Anfang des Jahres hatte Zea­born-Geschäftsführer Ove Meyer eine Flotte von bis zu 250 Schiffen im Management als Ziel ausgegeben. »Die Konsolidierung der deutschen Ship Manager ist überfällig. Auch in Zukunft werden wir weiteres Wachstum durch die zügige Integration weiterer Tonnage und Unternehmen vorantreiben«, heißt es bei Zeaborn. Gut möglich, dass eine weitere Übernahme nicht lange auf sich warten lässt.

Konsolidierung setzt sich fort

Die Konsolidierung in der deutschen Reedereiszene geht also unvermindert weiter, auf allen Ebenen. Das jüngst an den Start gegangene Joint Venture »Blue Net Chartering« von Peter Döhle und Costamare managt künftig 220 Containerschiffe im mittleren und mittelgroßen Segment bis 14.000TEU, der Befrachtungsverbund Hanseatic Unity Chartering aus Borealis, Reederei Nord und Bernhard Schulte wurde durch Leonhardt & Blumberg (einschließlich Buss Shipping) und Atlantic / Asiatic Lloyd verstärkt und bringt es auf 233 Einheiten zwischen 900 und 9.000TEU. Dazu hatte Claus-Peter Offen im März 2017 die Conti-Reederei aus München übernommen und inzwischen nach Hamburg geholt.

Die Familiengeschichte der Rickmers, die bis in die Anfänge des 19. Jahrhunderts zurückreicht, ist reich an Tradition und – quer durch fünf Generationen – auch immer wieder geprägt von Rückschlägen. Für Erck Rickmers aber ist der Verkauf seiner Reederei kein Scheitern, keine Niederlage. »Tradition beziehe ich nicht auf ein Produkt, sondern aufs Unternehmertum, und dazu gehört, sich von Zeit zu Zeit neu zu erfinden.« So sei seine Entscheidung zu verstehen. Ihm gehören etliche Immobilien in Hamburg und Berlin sowie Beteiligungen an anderen Unternehmen.

Asset-Management statt Reederei

Eine Minderheitsbeteiligung, wie sie Bruder Bertram bei der Übernahme von Rickmers Maritime durch Zeaborn eingenommen hat, sei für ihn nicht in Frage gekommen. Es sei dennoch kein endgültiger Abschied von der Schifffahrt, stellt Erck Rickmers klar. Mit 34 eigenen und gemeinsam mit Investoren finanzierten Containerschiffen sei die E.R. Capital Holding künftig der größte Einzelkunde der verkauften Reederei. Insgesamt verbleiben noch 80 Mitarbeiter in der Gruppe, die noch das Domizil wechseln wird.

Darüber hinaus soll eine zum Jahreswechsel unter dem Traditionsnamen »Blue Star« neu etablierte Gesellschaft Schifffahrtsinvestments für institutionelle Anleger entwickeln. Dafür war Ende des Jahres das komplette Investment-Team unter Christoph Geck-Schlich von der Offen Gruppe abgeworben worden.

Die blau-weiße Reederei-Flagge, einst eigenhändig von Erck Rickmers entworfen, wie auch der Unternehmensname »E.R. Schiffahrt« werden eingemottet. »Vielleicht brauchen wir beides später noch einmal«, sagt der Firmengründer. Er wolle sich zunächst aber anderen Projekten widmen, »es wird etwas Neues im philanthropischen Bereich geben.«

Krischan Förster