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Die neue »Atair« sorgt als erstes Behördenschiff mit Gasantrieb für Aufsehen. Die Werft Fr. Fassmer sieht großes Interesse am Neubau und hofft auf Folgeprojekte

Das im Dezember 2016 vom Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) bestellte Forschungsschiff gilt als weltweit erstes seegängiges Behördenschiff, welches[ds_preview] mit verflüssigtem Erdgas betrieben werden kann. Die neue »Atair« wird das mittlerweile 30 Jahre alte, gleichnamige Vorgängerschiff ersetzen und soll 2020 in Dienst gestellt werden. Sie wird das größte Schiff in der Flotte des BSH sein – mit 75m Länge, rund 17m Breite, einem Tiefgang von 5m und einer Geschwindigkeit von rund 13kn. Sie bietet Platz für 18 Personen Besatzung und 15 Wissenschaftler.

Gerade weil es ein Pionierprojekt ist, schaut der Markt genau hin. »Das Interesse an diesem Neubau ist groß. Es ist ein innovatives komplexes Forschungsschiff, dass darüber hinaus mit einem LNG-Antrieb ausgestattet wird. Der Bund als Auftraggeber wird damit seiner Verantwortung in der Förderung umweltfreundlicher Antriebstechnologien gerecht. Natürlich hoffen wir auf Folgeprojekte«, sagt Harald Faßmer, geschäftsführender Gesellschafter der Werft gegenüber der HANSA. LNG als Kraftstoff sei in aller Munde. »Doch bisher fahren noch wenige Schiffe mit LNG-Antrieb. Das liegt an der noch in Ausbau befindlichen LNG-Infrastruktur, einer noch begrenzten Bandbreite an Gasmotoren und zum Teil auch an den höheren Anschaffungskosten. Umso mehr ist der Markt an den wenigen Referenzschiffen interessiert«, so der Werftchef weiter.

Die Motoren kommen von Wärtsilä. Das finnische Unternehmen liefert auch das Kraftstoffsystem und die SCR-Abgasnachbehandlungsanlage. Der Vertrag umfasst die Lieferung zweier Sechszylindermotoren des Typs Wärtsilä 20DF (dual-fuel), eines Wärtsilä 20, zweier Abgasnachbehandlungsanlagen und des Tank-, Versorgungs- und Steuerungssystems für den Kraftstoff, Wärtsilä LNGPac.

Die Motoren erfüllen dem Hersteller zufolge im Gasmodus die Tier-III-Richtlinien der IMO, die SCR-Technologie (selective catalytic reduction) wird gebraucht, wenn die Antriebsanlagen bei erschöpften LNG-Vorräten mit Diesel betrieben werden. So sind die Motoren auch dann Tier-III-konform für den Ausstoß von Stickoxiden. Zudem wird die Norm US EPA Tier IV für Rußpartikelemissionen erfüllt.

Die LNG-Tanks haben ein Fassungsvermögen von 130m³. Damit kann das Schiff zehn Tage allein im LNG-Modus fahren. Für den ebenfalls möglichen Dieselbetrieb (dual fuel) wird ausschließlich hochwertiges Gasöl mit einem Schwefelgehalt unter 0,1% verwendet.

Im Vergleich zu einem mit Marinediesel betriebenen Schiff verringert sich nach Angaben der Werft bei einem LNG-betriebenen Schiff der Ausstoß von Schwefeldioxiden (SOx) um 90%, zudem werden 80% weniger Stickoxide (NOx) ausgestoßen. Eine Emission von Feinstaub entstehe so gut wie gar nicht. Das ebenfalls umweltfreundliche Schiffsdesign entspreche den Vorgaben des Umweltzeichens »Blauer Engel«.

Eines der ersten mit LNG-Antrieb bei einer deutschen Werft gebauten Personenschiffe ist die Fähre »Helgoland«. Sie wurde vor der »Atair« bei der Fassmer Werft gebaut. Damit ist die niedersächsische Werft, die beim Bau des Forschungssschiffs mit German Naval Yards in Kiel kooperiert, nach eigenen Angaben eine der ersten, die Schiffneubauten mit LNG-Antrieb in Deutschland gefertigt hat und positioniert sich entsprechend. »Mit dem Bau der ersten Passagierfähre mit LNG-Antrieb konnten wir wertvolle Erfahrungen sammeln, die wir nun bei der Konstruktion und dem Bau der »Atair« gewinnbringend einfließen lassen. Das Thema LNG wird immer stärker in den Mittelpunkt der Schiffbauindustrie rücken, wir sind froh, dass wir hier von Beginn an entscheidend mitwirken konnten«, so Harald Fassmer. Weil der Neubau für die Werftanlagen in Berne zu groß ist, hatte man sich mit GNY einen Partner gesucht. Dort fand kürzlich die Kiellegung statt.