Zinsanstieg nagt an den Frachterlösen

Libor
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Steigende Zinsen in der Dollar-Finanzierung schlagen sich zunehmend negativ in den finanziellen Ergebnissen von Schiffsgesellschaften und Reedereien nieder.

So hat sich der Dreimonats-US-Libor (London Interbank Offered Rate) für kurzfristige Interbanken-Kredite binnen eines Jahre[ds_preview]s auf 2,34% etwa verdoppelt. Ein Großteil der Schiffs- und Reedereifinanzierung basiert auf diesem Referenzzinssatz, »insofern schlagen die Erhöhungen voll durch«, wie ein deutscher Reedereimanager gegenüber der HANSA bestätigt.

Den Effekt des Libor-Anstiegs, der aus den Zinsanhebungen der US-Notenbank seit Ende 2015 resultiert, taxieren Experten aus dem Bankensektor auf rund 650 $ pro Tag für ein Schiff mit einer durchschnittlichen Darlehenslast von 20 Mio. $. Das sei noch nicht dramatisch, »trotzdem will dieser Betrag erst einmal tagtäglich zusätzlich verdient sein«, sagt ein Insider.

Ein Teil der Reedereien dürfte vorerst »immun« sein gegen den Zinsanstieg, weil sie die Zinsen per Kurssicherung »gehedgt« hätten. Aber auch sie werden die Auswirkungen mit Verzögerung zu spüren bekommen, weil fest davon ausgegangen wird, dass die Federal Reserve dieses Jahr weitere Erhöhungen vornehmen wird.

Je nach Schiffssegment wirkt sich der Kostenanstieg im Kapitaldienst mehr oder weniger gravierend aus. Für Containerschiffe werden die steigenden Zinsen zwar durch die Verbesserung der Charterraten in den vergangenen zwölf Monaten »überkompensiert«. Betrachte man den New ConTex, so liegen die Marktraten – je nach Größenklasse –zwischen 800 bis 3.700 $ höher als noch vor Jahresfrist.

Allerdings wird ein erheblicher Teil der Tramp-Containerschiffsflotte noch zu alten niedrigeren Charterraten beschäftigt, jedenfalls so lange, bis die bestehenden Verträge auslaufen. Insofern birgt die Entwicklung weiteren Sprengstoff für die Schiffskredit-Portfolien der Banken.

Denn bei unveränderten Chartereinnahmen bliebe bei einem erhöhten Libor-Refinanzierungssatz weniger Geld für die Tilgung der Schiffsdarlehen übrig. Für die Risikokosten der Banken sei der Zinsanstieg deshalb ein »ernstzunehmender Faktor«, bestätigte ein Manager, der für ein Abbauportfolio von Schiffskrediten in Deutschland verantwortlich zeichnet.

Bei größeren börsennotierten Reedereien wird der Libor-Anstieg nach Einschätzung der norwegischen Investmentbank Pareto ebenfalls deutliche Spuren in den Gewinn- und Verlustrechnungen hinterlassen. Je nach Verschuldungsgrad könne der Anteil der Zinskosten am Betriebsergebnis um bis zu rund 10% klettern. Für einige Adressen in der LNG- und Tankschifffahrt beliefen sich die Zinskosten dann auf knapp 60% des EBITDA, was den Verlust pro Aktie erheblich in die Höhe treiben würde, wie Pareto in einer Simulationsrechnung aufzeigt. (mph)