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Zwei speziell angefertigte Überwachungsschiffe und ein umfassendes Verkehrsleitsystem sollen die Sicherheit während der Bauphase des Fehmarnbelttunnels an einer der verkehrsreichsten Wasserstraßen Europas erhöhen

Es ist das bisher größte Infrastrukturprojekt Nordeuropas: Der Bau des Fehmarnbelttunnels von der dänischen Insel Lolland zur deutschen Insel Fehmarn[ds_preview] stellt die direkte Verbindung zwischen Skandinavien und dem europäischen Festland her. Bereits 2009 wurde ein deutsch-dänischer Staatsvertrag ratifiziert, in dem der Bau einer festen Querung über den Fehmarnbelt vereinbart wurde. Dadurch rücken die beiden Metropolen Hamburg und Kopenhagen näher zusammen, denn so benötigt man mit dem Zug nur noch zweieinhalb Stunden von der deutschen Großstadt in die dänische Hafenstadt. Die Unterquerung des Fehmarnbelts durch den kombinierten Eisenbahn- und Straßentunnel mit dem Auto soll nur zehn Minuten dauern, die Zugüberfahrt wird voraussichtlich gar nur sieben Minuten in Anspruch nehmen. Aktuell brauchen die Fähren für die Überfahrt des Fehmarnbelts etwa 45 Minuten plus Warte- und Ladezeiten. Der Fehmarnbelttunnel wird nach Angaben der dänischen Projektgesellschaft Femern mit knapp 18km der längste Absenktunnel der Welt. Für den Bau wird auf dem Grund des Fehmarnbelts ein Tunnelgraben ausgehoben, in den dann an Land im dänischen Rødbyhavn vorproduzierte Tunnelelemente abgesenkt werden. Der Tunnel besteht aus 89 dieser Sektionen, von denen jede 217m lang ist und 73.000t wiegt – so viel wie 14.000 Elefanten. Rund 3.000 Arbeiter werden mit dem Bau des Tunnels während der achtjährigen Bauzeit beschäftigt sein. Der Baubeginn soll nach Abschluss des deutschen Genehmigungsverfahrens erfolgen, also voraussichtlich im Jahr 2020. Die Eröffnung des Tunnels ist für 2028 vorgesehen. Überwachung und Koordination Während der Bauarbeiten des Fehmarnbelttunnels hat eine umfassende Überwachung und Koordination des Schiffverkehrs auf dem Fehmarnbelt höchste Priorität. Bei Femern ist Claus Iversen dafür verantwortlich, die Sicherheit und Leichtgängigkeit auf See während der Bauphase zu gewährleisten. Iversen ist mit Projekten dieser Größenordnung bestens vertraut: Er war schon in die Bauarbeiten der Öresundquerung, die Dänemark und Schweden mit einer Kombination aus Brücke und Tunnel verbindet, involviert. Außerdem arbeitete er beim Bau des Marmaray-Tunnels in Istanbul mit, dem gegenwärtig längsten Absenktunnel der Welt. Der Experte für Navigationssicherheit weiß also, worauf es bei solch großen Bauvorhaben ankommt. Er erklärt, dass im Vergleich zum Öresund bei diesem Großprojekt nicht nur ein, sondern zwei spezielle Überwachungsschiffe zum Einsatz kommen sollen. Diese könnten beispielsweise schnell eingreifen, wenn ein Schiff vom Kurs abkommen sollte und eine Kollision mit einem der Baustellenfahrzeuge drohe. Neue Schiffe zur Überwachung Für den Bau des Fehmarnbelttunnels werden daher zwei Überwachungsschiffe sonderangefertigt, um die Sicherheit und Leichtigkeit auf See rund um die Uhr zu gewährleisten. Nach Angaben von Femern ähneln sie den SWATH-Schiffen (Small Waterplane Area Twin Hull) der dänischen Handelsflotte und sollen auch genauso resistent gegenüber starkem Seegang sein wie diese. Iversen betont, dass die Schiffe sowohl flexibel und wendig als auch robust sein müssen, um ein hohes Maß an Sicherheit während der Bauphase zu gewähren. Die Einheiten werden voraussichtlich 25 bis 30m lang sein und eine Geschwindigkeit von mindestens 25kn erreichen. Sie sollen mit Radar, akustischen Warnsystemen und rundum gerichteten Scheinwerfern ausgestattet und von einer Besatzung von vier bis sechs Seeleuten gesteuert werden. Wo die Schiffe gebaut werden, steht indes noch nicht fest. Auf jeden Fall seien aber auch deutsche Werften in der engeren Auswahl, verrät Iversen. Die Baustelle wird mit Tonnen abgegrenzt, die durch AIS-Technologie mit dem Radar der Überwachungsschiffe verbunden sind. Mit Hilfe eines Verkehrsleit- und Informationssystems (VTMIS) wird so die Tunnelbaustelle rund um die Uhr überwacht. Die Fäden laufen in der Verkehrsleitzentrale in Travemünde zusammen, die den gesamten Schiffsverkehr während der Bauarbeiten über Bildschirme rund um die Uhr verfolgt. Die Arbeit des 20-köpfigen deutsch-dänischen Teams in der Verkehrsleitzentrale sei vergleichbar mit der von Fluglotsen am Flughafen. Im Falle einer Gefahrensituation würden die Überwachungsschiffe von dort dann rechtzeitig benachrichtigt und zum Einsatz gerufen, sagt der Experte für Navigationssicherheit. Henning Dierksen, Chef des Wasserstraßen- und Schifffahrtsamtes (WSA) aus Lübeck, der Prognosen zu potenziellen Gefahrensituationen für den Fehmarnbelttunnel erstellt hat, betont auch den psychologischen Effekt, der mit dem Einsatz dieser Wachschiffe verbunden sei. Allein die Präsenz dieser beiden speziell angefertigten Einheiten trägt seiner Ansicht nach automatisch zu einem erhöhten Sicherheitsgefühl der dort anwesenden Angestellten bei. Die Überwachungsschiffe sind jedoch nur ein Teil der umfassenden Sicherheitsarchitektur, die für die Bauphase des Fehmarnbelttunnels eingerichtet wird. Um eine reibungslose Kommunikation und effektive Koordination zu ermöglichen, ist Iversen zufolge eine zusätzlich Verbindung zwischen der Verkehrsleitzentrale in Travemünde und der Zentrale der Reederei Scandlines geplant, die in dem Seegebiet eine stark frequentierte Fährverbindung zwischen Puttgarden und Rødby betreibt. Über eine zusätzliche Verkehrsleitzentrale auf der dänischen Seite des Fehmarnbelts soll der Einsatz der Arbeitsschiffe der beteiligten Bauunternehmen, allen voran die Aushubfahrzeuge, Belegschafts- und Versorgungsschiffe, koordiniert werden, die entlang der Tunneltrasse zum Einsatz kommen. Iversen betont, dass die effiziente Organisation der einzelnen Bauprozesse ein bedeutender Eckpfeiler für die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs auf See ist. Eine zielorientierte Kooperation zwischen den dänischen und den deutschen Behörden beim Bau dieses Tunnels ist laut Femern daher von höchster Bedeutung. Die dänische Projektgesellschaft sieht sich deshalb vor allem in der Pflicht, die Kommunikations- und Koordinationsprozesse der beiden Länder so effizient wie möglich zu gestalten, um für ein hohes Maß an Sicherheit auf See garantieren zu können.


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